BGH zu Rechtsanwaltskosten nach Schuldnerverzug

Gebühren nicht nur für ein­fa­ches Sch­reiben erstat­tungs­fähig

von Ulf NadarzinskiLesedauer: 2 Minuten
Gerät der Schuldner in Zahlungsverzug, darf der Gläubiger auch in rechtlich einfach gelagerten Fällen einen Anwalt beauftragen; dabei ist regelmäßig eine 1,3-Geschäftsgebühr erstattungsfähig, stellte der BGH klar. 

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat durch eine vor wenigen Tagen veröffentlichte Entscheidung aus September die Regelungen zum Kostenerstattungsanspruch bei anwaltlicher Tätigkeit konkretisiert. Demnach darf ein Geschädigter auch in einem einfach gelagerten außergerichtlichen Rechtsstreit einen Rechtsanwalt beauftragen und vom Schädiger die Kosten hierfür verlangen. Der Anspruch gegen diesen ist in der Regel auch nicht auf ein Schreiben einfacher Art gemäß Nr. 2301 der Anlage des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (VV RVG) beschränkt (Urt. v. 17.09.2015, Az. IX ZR 280/14). Damit entschied der IX. Senat zugunsten eines Anwalts, der aus abgetretenem Recht seiner Mandantin gegen deren Schuldner klagte. Der hatte zwei Rechnungen für die Reparatur seiner Autos nicht beglichen und auch auf eine Zahlungsaufforderung und Mahnung nicht reagiert. Daraufhin hatte die Werkstatt den Anwalt eingeschaltet, der den Mann durch zwei separate anwaltliche Mahnschreiben – je eines pro Rechnung – zum Ausgleich der ausstehenden Summe nebst einer 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG zzgl. Auslagenpauschale und Umsatzsteuer aufforderte. Der Gegner beglich schließlich die Rechnung der Mandantin, nicht jedoch die Anwaltskosten. Aus abgetretenem Recht zog der Rechtsanwalt vor Gericht. Die erste und zweite Instanz entschieden jedoch, dass ihm nur eine 0,3-Geschäftsgebühr nach Nr. 2301 VV RVG zustehe. Das Berufungsgericht verwies hierbei auf die Schadensminderungspflicht des Gläubigers nach § 254 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Der Gläubiger müsse sich bei der Beauftragung des Anwalts an den objektiven Erfordernissen der Rechtsverfolgung orientieren. Wenn über ein einfaches Mahnschreiben hinaus keine weiteren anwaltlichen Tätigkeiten geboten seien, habe der Gläubiger seinen Auftrag entsprechend zu begrenzen.

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Mandanten wissen regelmäßig nicht, was zweckmäßig ist

Der BGH verwarf diese Ansicht nun und billigte dem Anwalt die vollen Gebühren zu. Zwar hätten Schädiger nach ständiger Rechtsprechung nicht schlechthin alle adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus Sicht der Geschädigten erforderlich und zweckmäßig seien. Allerdings dürfe man daran keine überzogenen Anforderungen stellen. Es müsse berücksichtigt werden, dass der Gläubiger regelmäßig nicht rechtskundig sei. Er wisse normalerweise schon nicht, dass ein Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung auf ein Schreiben einfacher Art beschränkt werden könne und könne daher nur in den seltensten Fällen einschätzen, welche anwaltlichen Maßnahmen zweckmäßig seien. So sei er regelmäßig auf eine entsprechende Beratung und Prüfung durch den Anwalt angewiesen. Diese Prüfung aber sei schon nicht von der Gebührenregelung für ein einfaches Schreiben gedeckt. Das gehe aus der Regelungssystematik des RVG hervor. Die außergerichtliche Vertretung ist immer dann erforderlich, wenn der Gläubiger nicht absehen kann, wie sich der Schuldner verhalten wird, so der BGH weiter. Das gelte insbesondere, wenn er auf Mahnungen nicht reagiere. Ohnehin liege es allein in der Hand des Schuldners, sich vertragstreu zu verhalten und den materiellen Kostenerstattungsanspruch gar nicht erst entstehen zu lassen. una/LTO-Redaktion

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