Der "belehrende Hinweis" der Anwaltskammer

Selbstverständlich zulässig

von Martin W. HuffLesedauer: 3 Minuten
Die 27 regionalen Rechtsanwaltskammern sehen einen wichtigen Teil ihrer Aufgaben darin, ihre Mitglieder zu beraten, wenn es um berufsrechtliche Fragen geht. Doch wie können sie verhindern, dass sich ein Anwalt zukünftig unzulässig verhält? Über die immer öfter gewählte und höchstrichterlich bestätigte Möglichkeit des "belehrenden Hinweises" berichtet Martin W. Huff.

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Die Beratung der derzeit über 160.000 Rechtsanwälte ist eine der Hauptaufgaben der Rechtsanwaltskammern. § 73 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) sieht dies ausdrücklich vor in Abs. 2 Nr. 1 ("die Mitglieder in Fragen der Berufspflichten zu beraten und zu belehren") und in Nr. 4 ("die Erfüllung der den Mitgliedern der Kammern obliegenden Pflichten zu überwachen und das Recht der Rüge zu handhaben"). Meistens geht es dabei um Fragen der Interessenkollision, der Umgehung des Gegenanwalts, den Umgang mit Fremdgeld, das Verhalten gegenüber Mandanten oder den Außenauftritt. Doch wie geht eine Rechtsanwaltskammer damit um, wenn ein Rechtsanwalt erst etwas plant, der Kammer also eine Frage stellt, wie er sich verhalten kann und soll? Und was kann die Kammer tun, wenn sie nicht nur eine Rüge erteilen, sondern eine umstrittene Frage höchstrichterlicher Klärung zugänglich machen will?

Belehrter Anwalt kann bis zum BGH gehen

Die Kammern helfen sich zunehmend mit einem so genannten "belehrenden Hinweis", den sie aus der Formulierung des § 73 Abs. 2 Nr. 1 BRAO "zu belehren" herleiten. Das bedeutet, dass der Vorstand der Anwaltskammer in einem förmlichen Bescheid, der den Charakter eines Verwaltungsakts hat, feststellt, dass ein bestimmtes Verhalten seiner Ansicht nach nicht mit dem Gesetz und der Berufsordnung in Einklang zu bringen und daher zu unterlassen ist. Gegen diesen Verwaltungsakt kann dann der betroffene Rechtsanwalt Klage zum zuständigen Anwaltsgerichtshof erheben; letztlich steht ihm der Weg zum Anwaltssenat des Bundesgerichtshofes offen. Die Kammern beschränken sich allerdings nicht darauf, Hinweise zu erteilen, wenn ein Anwalt selbst nachfragt; sie geben diese auch, wenn es zu Beschwerden von Kollegen kommt und der Anwalt auf entsprechende Schreiben der Kammer nicht reagiert. Ein Hinweis kann auch geeignet sein, wenn es um ein zukünftiges Verhalten geht, denn eine Rüge nach § 74 BRAO ist ohne einen Verstoß gegen eine Rechtsvorschrift nicht möglich.

Belehrender Hinweis selbstverständlich zulässig

Der Anwaltssenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat in einem vor kurzem veröffentlichten Beschluss vom 24. Oktober 2012 (Az. AnwZ (Brfg) 14/12) noch einmal klargestellt, dass die Anwaltskammern belehrende Hinweise erteilen dürfen – eine Selbstverständlichkeit, weshalb Karlsruhe die Berufung gegen ein Urteil des Anwaltsgerichtshofs (AGH) Nordrhein-Westfalen nicht zugelassen hat: "Denn es besteht kein Klärungsbedarf durch eine höchstrichterliche Entscheidung …, da sich die Frage auf der Grundlage des Gesetzes und der Senatsrechtsprechung problemlos beantworten lässt." Der Senat führt noch einmal aus, dass der einfache Hinweis, die förmliche Rüge und der hoheitliche belehrende Hinweis die Mittel sind, zu denen die Anwaltskammern greifen dürfen, um ihre Aufgabe nach § 73 BRAO zu erfüllen. Im entschiedenen Fall hatte die Rechtsanwaltskammer beanstandet, dass eine Sozietät in der Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts den Zusatz "& Partner" bzw. "& Partner GbR" verwendet hatte. Der Anwaltssenat bestätigte die Auffassung der Kammer und des AGH, dass diese Bezeichnung nur Sozietäten in der Form der Partnerschaftsgesellschaft (§ 11 Abs. 1 S. 1 PartGG) führen dürfen sowie solche Kanzleien, welche die Bezeichnung schon vor Inkrafttreten des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes geführt haben und jetzt mit dem Zusatz der Gesellschaftsform verwenden. Die Kanzlei der Kläger hatte diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Da die Firmierung aber zur Außendarstellung der Rechtsanwälte gehört und sie berufsrechtlich dazu verpflichtet sind, gesetzmäßig in der Öffentlichkeit aufzutreten, war der belehrende Hinweis zu Recht erteilt worden. Karlsruhe bestätigte damit einmal mehr den belehrenden Hinweis als zulässige berufsrechtliche Maßnahme, so dass die Anwaltskammern in Zukunft wohl noch mehr als bisher darauf zurückgreifen werden. Der Autor ist Rechtsanwalt und Journalist in Leverkusen. Er ist Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln und hat u.a. einen Lehrauftrag für Berufsrecht an der German Gradute School für Management and Law (GGS) in Heilbronn.

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