Strukturerhebung zur deutschen Anwaltschaft

Langsames Wachstum, große Ungleichheit

von Martin W. HuffLesedauer: 3 Minuten
Einmal im Jahr veröffentlicht das Statistische Bundesamt in Wiesbaden seine "Strukturerhebung" für den Markt der Rechtsberatung, die Ergebnisse für 2011 sind vor wenigen Tagen erschienen. Sie zeigen: Die Branche legt zu – aber nur allmählich. Gleichzeitig wird der Löwenanteil der Umsätze von einem kleinen Bruchteil aller Kanzleien erwirtschaftet. Martin W. Huff wühlt sich durch den Zahlenwust.

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Knapp 19 (genaugenommen 18,988) Milliarden Euro netto – also ohne Umsatzsteuer – betrug im Jahr 2011 der Gesamtumsatz des deutschen Rechtsberatungsmarkts. Er ist damit gegenüber dem Vorjahr um 4,0 Prozent gestiegen, was einen realen Zuwachs von 723 Millionen Euro bedeutet. Dies geht aus der jährlich veröffentlichten Strukturerhebung im Dienstleistungsbereich des Statistischen Bundesamts hervor. Erfasst werden in der Statistik alle Kanzleien, die einen Umsatz von über 17.500 Euro erwirtschaften, also steuerrechtlich nicht mehr zu den Kleinunternehmen gehören. Leicht gestiegen ist auch die Zahl der Kanzleien, die oberhalb dieser Umsatzgrenze liegen. Sie betrug 2011 50.683 und hat damit gegenüber dem Vorjahr um 3,9 Prozent zugelegt (damals 48.662). In diesen Zahlen nicht enthalten, aber dennoch vorhanden, sind die "Kanzleien" vieler Rechtsanwälte, die zwar über eine Zulassung verfügen, jedoch nicht in nennenswerter Weise Umsätze erzielen. Dazu gehören zum Beispiel wissenschaftliche Mitarbeiter, aber sicherlich auch ein Teil der Syndikusanwälte, die ein Angestelltengehalt beziehen. Die knappen 51.000 sind somit die tatsächlich am Markt tätigen Kanzleien, was die Zahl der rund 156.000 im Jahr 2011 zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte doch relativiert. Die dominante Organisationsform ist weiterhin die des Einzelunternehmens. 39.304 und damit 77,5 Prozent aller erfassten Kanzleien werden in dieser Form geführt. Hinzu kommen 10.066 Personengesellschaften (19,8 Prozent), 522 Kapitalgesellschaften (1,0 Prozent) und 791 andere Gesellschaftsformen (1,4 Prozent), wobei die letzte Gruppe im Wesentlichen von der Partnerschaftsgesellschaft ausgemacht wird.

23,2 Prozent der Kanzleien erwirtschaften 81 Prozent der Umsätze

Diese Verteilung ist in den vergangenen Jahren relativ konstant geblieben. Erstaunlich bei den Kapital- und Partnerschaftsgesellschaften ist, dass hier nahezu die Hälfte auf größere Einheiten mit mehr als 250.000 Euro Jahresumsatz entfällt, während die andere Hälfte im Bereich zwischen 17.500 bis 250.000 Euro rangiert. Bei den Einzelunternehmen erzielen knapp 88 Prozent (34.452) einen Umsatz von unter 250.000 Euro, nur wenige schaffen es darüber.
Allerdings verteilt sich der Löwenanteil der Gesamtumsätze mit 81 Prozent bzw. 15,365 Milliarden Euro auf die insgesamt 11.734 Kanzleien, die über 250.000 Euro umsetzen. Oder anders ausgedrückt: 23,2 Prozent der Kanzleien haben einen Marktanteil von 81 Prozent. Dies zeigt die sehr unterschiedliche Verteilung der Umsätze und, damit in Zusammenhang stehend, auch der Einkommen auf dem deutschen Anwaltsmarkt.

Personalkosten wichtigster Faktor bei den Betriebsausgaben

Dem Umsatz von insgesamt 18,988 Milliarden Euro stehen Betriebsausgaben von 9,75 Milliarden Euro gegenüber. Damit liegt die Kostenquote aller Kanzleien bei 51,3 Prozent und zeigt über die Jahre einen leichten Anstieg. Von den Betriebsausgaben sind – für Kanzleien wenig überraschend – die Personalkosten der größte Block. Diese betragen 4,88 Milliarden Euro und machen damit genau 50 Prozent aus. Wagt man anhand der Berechnungen des Statistischen Bundesamts eine eigene Schätzung, so kann man feststellen, dass die rund 125.000 tatsächlich berufstätigen Rechtsanwälte einen Nettoumsatz von etwa 150.000 Euro pro Kopf erzielen – und damit weit weniger, als viele Bürger vermuten. Dies ist indes nur ein Durchschnittswert. In der Realität ist die Spannbreite, analog zum Marktanteil bei den Kanzleien, nach oben wie nach unten enorm. Der Autor Martin W. Huff ist Rechtsanwalt und Journalist in Leverkusen. Er ist Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln und hat u.a. einen Lehrauftrag für Berufsrecht an der German Graduate School of Management and Law (GGS) in Heilbronn.

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