WM-Vergabe: Die FIFA und die Fairness

Russland und Katar stehen als Austragungsländer der Fußball-WM 2018 und 2022 fest. Überschattet wurde die Verkündung der FIFA in Zürich von der Suspendierung zweier Mitglieder des Exekutivkomitees und weiterer hoher Funktionäre durch die Ethikkommission. Der Vorwurf der Korruption führt zu einem faden Beigeschmack, der nicht so recht verschwinden will.

Das Exekutivkomitee besteht nach Nr. 30.1 der FIFA-Statuten aus vierundzwanzig Mitgliedern. Darunter befinden sich grundsätzlich der Präsident Joseph S. Blatter, acht Vizepräsidenten und fünfzehn weitere von den Konföderationen ernannte Mitglieder. Diese bestimmen den Ort und die Daten der Endrunden der Wettbewerbe und nach Nr. 76 der FIFA-Statuten auch den Austragungsort der Endrunden. So war es grundsätzlich auch heute.

Nachdem sich Russland neben England, Niederlande/Belgien und Spanien/Portugal mittags als letztes Land für die Vergabe der WM 2018 vorgestellt hatte und Katar, Japan, Korea, Australien und die USA sich gestern bereits für die WM 2022 präsentieren durften, zogen sich die Mitglieder des Exekutivkomitees für die geheime Wahl zurück.

Jedes Mitglied hat jeweils eine Stimme für die Wahl beider Austragungsorte. Es gewinnt derjenige, der die absolute Mehrheit erhält. Wird diese nicht erreicht, scheidet das Land mit den wenigsten Stimmen für den nächsten Wahlgang aus. Wenn im letzten Wahlgang ein Gleichstand besteht, hat der FIFA-Präsident eine "doppelte Stimme" und damit das Letztentscheidungsrecht.

Europa hat die Entscheidungsmacht

An der Wahl nahmen heute allerdings nur zweiundzwanzig stimmberechtigte Mitglieder teil, obwohl Nr. 30 Abs. 1 FIFA-Statut eben vierundzwanzig Mitglieder vorsieht. Insgesamt acht davon stammen aus Europa. Grund für die veränderte Zusammensetzung war die am 20. Oktober 2010 erst vorläufige und sodann bestätigte Suspendierung von Reynald Temarii (Tahiti) und Amos Adamu (Nigeria) durch die Ethikkommission. In ihrem Entscheid sprach die Ethikkommission Reynald Temarii noch eine Sperre von einem Jahr sowie eine Geldstrafe von 5.000 Schweizer Franken und Amos Adamu eine Sperre von drei Jahren und eine Geldstrafe von 10.000 Schweizer Franken aus. Folge einer Suspendierung ist der Verlust der Mitgliedsrechte des Betreffenden, Nr. 14 Abs. 3 S. 1 FIFA-Statut. Teil dieses Mitgliedschaftsrechts ist auch das Stimmrecht.

Der nächste Kongress  im Juni in Zürich muss diese Entscheidung noch mit einer Mehrheit von dreiviertel der Stimmberechtigten bestätigen. Ein bisschen Hoffnung bleibt also noch. Für die Vergabe der WM 2018 und 2022 kommt diese Bestätigung jedenfalls zu spät. Wenn sich allerdings der Verstoß bestätigt, dann droht auch der Ausschluss durch den Kongress.  

Offen bleibt, warum im vorliegenden Fall die Ethikkommission entschieden hat und auch so entscheiden konnte. Denn die strafrechtliche Ahndung obliegt in der Regel bei den Strafverfolgungsbehörden, in Deutschland also der Staatsanwaltschaft. Für Ordnungswidrigkeiten sind hingegen grundsätzlich die Verwaltungsbehörden zuständig.

Sanktionen ja, Strafverfolgung schwierig

Die Ethikkommission ist nach Nr. 57 Abs. 1 lit. c FIFA-Statut ein Rechtsorgan der FIFA. Es entscheidet primär nach dem Ethikreglement über das Verhalten von Offiziellen. Daneben gibt es mit der Disziplinarkommission und der Berufungskommission weitere Rechtsorgane.

Die genaue Zuständigkeit ergibt sich erst, wenn man das Diziplinarreglement ("Bibel des Disziplinarkomitees") und das Ethikreglement ("Bibel des Ehtikkomitees") nebeneinander legt. Nach Nr. 17 des Ethikreglements findet auch das Disziplinarreglement Anwendung. Dieser Verweis erweitert das Sanktionssystem erheblich. Denn das Ethikreglement sieht nur eine Sperre von höchstens zwei Monaten und eine Geldbuße von 7.500 CHF vor. Über das Disziplinarreglement sind auch Geldstrafen ab 10.000 CHF möglich, wie sie zum Beispiel gegen Amos Adamu festgesetzt wurden. Die Vorteilsannahme und Bestechlichkeit werden jedoch sowohl vom Ethikreglement als auch vom Disziplinarreglement erfasst.

Die strafrechtliche Verfolgung obliegt der Staatsanwaltschaft. So auch in der Schweiz. Doch hat diese mit dem Art. 322 des Schweizer Strafgesetzbuches noch keine durchgreifenden Möglichkeiten einer strafrechtlichen Ahndung dieser Vorfälle. Eine Änderung wurde jedoch angekündigt und ist ausdrücklich zu begrüßen. Denn der Fußball soll sauber bleiben, damit die WM ein Fest des Fußballs und der Kulturen bleibt.

Der Autor Lars Maritzen LL.B, B.Sc. ist Rechtsreferendar am Landgericht in Duisburg und war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Linklaters. Er beschäftigt sich mit Fragen des Kartell- und Sportrechts.

Zitiervorschlag

Lars Maritzen, LL.B MLE, WM-Vergabe: Die FIFA und die Fairness . In: Legal Tribune Online, 02.12.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2074/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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