Hoeneß-Votum des Aufsichtsrats richtig: Zum Wohle des FC Bayern

von Dr. Alexander Weinbeer

10.05.2013

Hoeneß darf bleiben, entschied der Aufsichtsrat des FC Bayern München am Montag. Das empört Aktionärsschützer und Compliance-Fachleute, sind die Ermittlungen der Steuerbehörden doch gerade erst angelaufen. Die Kommentare, "gute Corporate Governance" sehe anders aus und der Beschluss des Aufsichtsrats sei "eine feige Entscheidung der Sponsoren", hält Alexander Weinbeer für völlig unangebracht.

Der Deutsche Corporate Governance Kodex gilt für die FC Bayern München AG überhaupt nicht. Sie muss nicht gemäß § 161 Aktiengesetzes erklären, dass sie die Regelungen einhält oder warum sie dies nicht tut. Der Fußballclub ist nämlich nicht börsennotiert. Der Corporate Governance Kodex gilt laut Präambel für deutsche börsennotierte Gesellschaften. Sein Ziel ist es, das Vertrauen nationaler und internationaler Anleger zu fördern. Nicht börsennotierten Gesellschaften wie dem FC Bayern wird die Beachtung des Kodex ausdrücklich nur empfohlen.

Es ist daher schon im Ausgangspunkt verfehlt, wenn der Wirtschaftsprofessor Manuel René Theisen im Handelsblatt die Entscheidung des Bayern-Aufsichtsrats unter Corporate Governance-Gesichtspunkten als "nicht nachzuvollziehen" bezeichnet und dem FC Bayern unter Hinweis auf das Aktienrecht "keinen anderen Maßstab im Hinblick auf gute Corporate Governance" zusprechen will.

Theisen übergeht bei seinen zugespitzten Aussagen sowohl die Zielsetzung des Corporate Governance Kodex als auch die aktienrechtlichen Unterschiede von börsennotierten und nicht börsennotierten Gesellschaften.

Festhalten an Hoeneß entspricht guter Unternehmensführung

Auch die seit Bekanntwerden der Selbstanzeige von Hoeneß häufig bemühte "Compliance" macht seinen Rücktritt vom Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden nicht zwingend, um den Anforderungen guter Unternehmensführung zu genügen.

"Compliance" bedeutet, dass der Vorstand dafür zu sorgen hat, dass die Gesetze und die unternehmensinternen Richtlinien eingehalten werden. Vorstand und Aufsichtsrat sollen sich dabei zum Wohle des Unternehmens über Fragen der Compliance austauschen und beraten. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht soll Compliance auch zur Verbesserung des Geschäftsmodells, des öffentlichen Ansehens und damit der finanziellen Situation eines Unternehmens beitragen.

Dem Wohle des Fußballclubs wäre es aber kaum zuträglich, wenn Uli Hoeneß sein Amt als Aufsichtsratsvorsitzender ruhen lassen würde. Ein solcher "verkappter Rücktritt" würde für zu viel Unruhe sorgen vor den wichtigen Finalspielen, die der Verein in den kommenden Wochen zu bestreiten hat. Der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens speist sich aber gerade aus seinen sportlichen Erfolgen.

Auch die Transferpolitik eines Vereins, die Hoeneß beim FC Bayern maßgeblich mitgeprägt hat, spielt eine bedeutsame Rolle für die Finanzen, wie der Kurseinbruch der Aktien von Borussia Dortmund nach der Ankündigung des Vereinswechsels von Mario Götze zeigte. Es spricht also vieles dafür, dass es dem Unternehmen FC Bayern dient, wenn Hoeneß im Amt verbleibt.

Kodex taugt nicht als politische Moralkeule

Etwaige private Verfehlungen können im Übrigen einen Verstoß gegen Compliance-Vorschriften nicht begründen. Bei Anwälten ist das anders. Nach § 43 S. 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung müssen sich Anwälte sowohl innerhalb als auch außerhalb ihres Berufs der Achtung und des Vertrauens würdig erweisen, welche die Stellung des Rechtsanwalts erfordert.

Derartige Regelungen enthält der Corporate Governance Kodex gerade nicht – und das mit gutem Grund: Der Kodex will die vor allem im Ausland formulierte Kritik an der deutschen Unternehmensverfassung aufgreifen und das Vertrauen der Anleger in die Unternehmensführung stärken. Die private Lebensführung der Aufsichtsräte hat damit nichts zu tun. Denn das würde Grundrechtspositionen berühren, die einer sorgfältigen Abwägung bedürften, die der Kodex nicht leistet. Die Regelungen sind außerhalb eines parlamentarischen Verfahrens lediglich durch eine Regierungskommission ausgesprochen. Es ist daher völlig unangebracht, die Entscheidung des Aufsichtsrats des FC Bayern als feige zu bezeichnen.

Im Gegenteil: Der Aufsichtsrat war zum Wohl des Unternehmens sogar gehalten, Uli Hoeneß und damit dem Verein den Rücken zu stärken. Denn nur so können die eingeworbenen Sponsorengelder wirksam eingesetzt werden. Die meisten Fans – und damit die potentiellen Kunden der Sponsoren – halten ein Verbleib von Hoeneß nämlich für die einzig richtige Alternative.

Schließlich kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass ein geläuterter Hoeneß zum "Konstantin Wecker der Steuersünder" wird und durch sein weiteres Verhalten auch bei Prominenten zum Vorbild für Steuerehrlichkeit wird.

Der Autor Dr. Alexander Weinbeer ist Rechtsanwalt bei bock legal in Frankfurt am Main.

Zitiervorschlag

Dr. Alexander Weinbeer, Hoeneß-Votum des Aufsichtsrats richtig: Zum Wohle des FC Bayern . In: Legal Tribune Online, 10.05.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8701/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

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