Tabakunternehmen: Zwischen Werbeverbot und Meinungsfreiheit

Katja Schubert, Dr. Stefanie Jehle

18.11.2010

Tabakwarenhersteller agieren in einem schwierigen Umfeld: Nicht nur der zunehmende Nichtraucherschutz in Kneipen mag den Absatz der Produkte erschweren, sondern auch Beschränkungen hinsichtlich der Produktwerbung müssen die Unternehmen hinnehmen. Der BGH entscheidet nun, ob schon die Nennung von Marken eine Image- zur Erzeugniswerbung macht.

Auf einen Vorstoß der EU durch eine entsprechende EU-Richtlinie waren vor einigen Jahren die Mitgliedstaaten gehalten, Werbung für Zigaretten und andere Tabakerzeugnisse in Zeitungen, Zeitschriften, im Internet, im Hörfunk sowie Werbung durch Sponsoring zu verbieten. Die EU-Kommission sah hierin einen wichtigen Beitrag zum Gesundheitsschutz der EU-Bürger.

Auch die deutsche Regierung setzte die Richtlinie nach einer längeren Gegenwehr durch das "Vorläufige Tabakgesetz" (VTabakG) um. Seither ist in Deutschland die Werbung für Tabakerzeugnisse verboten. Für die Tabakindustrie begann damit die Suche nach werberechtlichen Schlupfwinkeln, wie zum Beispiel der Übergang zur Imagewerbung.

Imagewerbung ist keine Erzeugniswerbung und damit vom Verbot des VTabakG nicht umfasst. Wie schwierig aber die Gratwanderung zwischen einer verbotenen Werbung für Tabakerzeugnisse und einer zulässigen Imagewerbung sein kann, zeigt das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG Hamburg), welches nun dem BGH zur Entscheidung vorliegt.

Klage der Verbraucherzentralen vor dem OLG Hamburg

Ein Tabakkonzern hatte im Jahr 2007 in der SPD-Parteizeitung "Vorwärts" Inserate geschaltet, in denen sich der Konzern als ein Unternehmen darstellte, das sich in vielfältiger Weise engagierte und das sich konkret mit der Problematik des Zigarettenkonsums auseinandersetzte. Den Lesern der Anzeige wurde angeboten, sich auf der Webseite des Unternehmens einen "Social Report" zu bestellen, in dem dies näher nachgelesen werden konnte. Neben diesen Informationen wurden in der Anzeige auch die Marken des Konzerns genannt.

Hierin sah der Dachverband der Verbraucherzentralen eine verbotene Werbung für Tabakerzeugnisse und klagte gegen den Tabakkonzern auf Unterlassung. Das OLG Hamburg gab der Verbraucherschutzorganisation im Ergebnis Recht.

Der Tabakkonzern trat der Klage mit dem Argument entgegen, dass er eine rein unternehmensbezogene Imagewerbung geschaltet habe, die von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt sei.

Imagewerbung: Positives Unternehmensbild statt konkreter Produktabsatz

Das Argument der Imagewerbung wurde vom OLG Hamburg durchaus ernstgenommen. 

Imagewerbung dient allgemein dazu, ein positives Bild von dem Unternehmen und seinem unternehmerischen oder sozialen Wirken zu vermitteln. Imagewerbung zielt nicht auf den Absatz eines bestimmten Produkts ab und ist daher besonders für Unternehmen geeignet, die Werbebeschränkungen unterliegen oder schwer kommunizierbare Produkte vermarkten.

Imagewerbung kann an das soziale Verantwortungsbewusstsein des Kunden appellieren, sie kann auch an politische beziehungsweise sozialkritische Aspekte anknüpfen oder versuchen, Aufmerksamkeit durch schockierende Werbeaussagen auf sich ziehen.

Wer kennt nicht die berühmte ölverschmierte Ente als gesellschaftskritische Imagewerbung von Benetton? Das Bundesverfassungsgericht beurteilte diese nach einem langen Zug durch die Instanzen als zulässig, da sie von der Meinungsäußerungsfreiheit des Unternehmens gedeckt sei. Wichtige Gemeinwohlbelange stünden der Meinungsäußerungsfreiheit nicht entgegen, denn der Bürger könne nicht von Staats wegen vor der Konfrontation mit unangenehmen oder mitleiderregenden Bildern bewahrt werden.

Imagewerbung trotz Markennennung?

Auch das OLG Hamburg gestand dem Tabakkonzern durchaus zu, dass er im Rahmen der freien Meinungsäußerung Imagewerbung für sich betreiben dürfe, selbst wenn diese eine indirekte Werbewirkung nach sich ziehe. Sofern sich ein Tabakhersteller als ein Unternehmen ansieht, das sich im Gegensatz zur Konkurrenz mit den negativen Folgen des Rauchens auseinandersetze, dürfe er dies auch kundtun. Der Anzeigentext wäre für sich genommen zulässig gewesen.

Die Grenze zur Produktwerbung war aber nach Ansicht des Gerichts durch die Nennung einzelner Tabakmarken in der Anzeige überschritten worden. Damit handele es sich bei der Anzeige nicht lediglich um eine zulässige Meinungsäußerung, sondern um verbotene Tabakwerbung.

Zwar wurden die Marken lediglich in einer Fußnote und in deutlich kleinerer Schrift genannt, aber inhaltlich bestand zwischen dem Text der Anzeige und der Nennung der Tabakmarken keinerlei Beziehung. Es war nicht erkennbar, inwieweit die einzelnen Tabakprodukte in irgendeiner Weise Teil der Meinungsäußerung sein könnten. Die Nennung der einzelnen Marken war auch nicht erforderlich, um die Meinung des Tabakkonzerns zu äußern (OLG Hamburg, Urt. v. 19.08.2009, Az. 5 U 11/08).

Ob der BGH die Grenzen der Imagewerbung für die Tabakindustrie weiter zieht, wird sich nun zeigen.

Die Autorin Katja Schubert ist Mitbegründerin und Soziusanwältin der Rechtsanwaltskanzlei Karsten + Schubert in Berlin. Ihre Schwerpunkte liegen im Markenrecht, Designrecht, Werbe- und Marketingrecht und im Internetrecht.

Die Autorin Dr. iur. Stefanie Jehle ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Kanzlei und überwiegend im Markenrecht tätig.

Zitiervorschlag

Katja Schubert, Dr. Stefanie Jehle, Tabakunternehmen: Zwischen Werbeverbot und Meinungsfreiheit . In: Legal Tribune Online, 18.11.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1964/ (abgerufen am: 27.03.2024 )

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