Sponsoring: Eine Grauzone der Politikfinanzierung

Das Leben eines Wahlkämpfers ist ohnehin nicht süß. Dem NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers aber machen schon seit Monaten unter anderem die Enthüllungen über den "Verkauf" von Gesprächsminuten das Leben vor der Wahl in NRW noch saurer: Es besteht der starke Verdacht eines Verstoßes gegen die Vorschriften zur Parteienfinanzierung.

Die Diskussion kreist um das "Sponsoring" von Parteien. Dieser Begriff kommt eigentlich aus der Betriebswirtschaftslehre und bezeichnet eine Beziehung, in der der Sponsor wirtschaftliche Vorteile im Austausch gegen bestimmte Rechte der kommunikativen Nutzung an dem Gesponserten gewährt. Für den Sponsor geht es darum, vom guten Image des Gesponserten zu profitieren. Sponsorenverträge finden sich daher vor allem in allgemein positiv besetzten Bereichen der Gesellschaft wie dem Sport oder der Kunst.

Nun will niemand das Image seines Unternehmens durch eine Verbindung mit den in der Bevölkerung notorisch schlecht angesehenen Parteien oder Politikern aufbessern. Drei Aspekte machen das Sponsoring von Parteiveranstaltungen dennoch für die Unternehmenskommunikation interessant.

Parteitagsdelegierte sind meist sozial aktive Personen mit vielen Kontakten, also gute Multiplikatoren für die Botschaft eines Unternehmens. Über Parteitage wird im Fernsehen berichtet. Das Logo eines Sponsors auf Getränkebechern oder die Marke der Fahrzeuge, mit denen der Shuttledienst zwischen Bahnhof und Parteitagshalle abgewickelt wird, können so ohne hohe Kosten einer breiten Öffentlichkeit präsentiert werden.

Neben diesen beiden Formen der Kommunikation des Sponsors mit der Öffentlichkeit besteht auch die Chance auf Kommunikation mit politischen Entscheidungsträgern abseits der Öffentlichkeit.

Parteiensponsoring: Marketing, Kommunikation - und besser als eine Spende

Sponsoring kann auch dazu dienen, eine bestimmte Partei finanziell zu unterstützen und bietet dabei steuerliche und parteienrechtliche Vorzüge gegenüber einer Spende. Körperschaften, insbesondere Kapitalgesellschaften, können Parteispenden nicht steuerlich geltend machen. Ausgaben für Sponsoring können hingegen nach § 4 Abs. 4 EStG als Betriebsausgaben voll abzugsfähig sein, falls sie objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und dazu bestimmt sind, den Betrieb zu fördern, also etwa, wenn Zwecke der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit verfolgt werden.

Spenden muss die Partei nach § 25 Abs. 3 S. 1 PartG im Rechenschaftsbericht gesondert mit dem Namen des Spenders ausweisen, falls die Summe der Spenden pro Jahr 10.000 Euro übersteigt. Daran haben weder die Partei noch der Spender immer ein Interesse. Der Sponsor hingegen bleibt im Rechenschaftsbericht anonym. Interessant ist dies vor allem, wenn es ihm nicht um Werbung, sondern um den Zugang zu bestimmten Politikern geht.

Der letzte Aspekt weist auf zwei besondere parteienrechtliche Probleme hin. Die private Finanzierung von Parteien ist zwar grundsätzlich erwünscht. Sie bringt aber eine Ungleichheit zwischen finanziell starken und schwachen Interessen in den politischen Wettbewerb. Art. 21 Abs. 1 S. 4 GG ordnet daher die öffentliche Rechenschaft der Parteien über die Herkunft ihrer Mittel an. Eine politische Bewertung finanzieller Abhängigkeiten und Interessen der Parteien soll den Bürgern überlassen werden.

Fehlende Transparenz, mögliche Umgehung von Spendenverboten

Einnahmen aus Sponsoring werden jedoch nach geltendem Recht regelmäßig als Einnahmen aus Veranstaltungen verbucht und gem. § 24 Abs. 4 Nr. 7 ParteiG im Rechenschaftsbericht nur als Gesamtsumme für ein Jahr ausgewiesen, in deren Anonymität der einzelne Sponsor verschwindet. Die gegenwärtige Behandlung des Sponsoring im Parteienrecht bewirkt also ein Defizit an Transparenz der Parteienfinanzierung.

Weiterhin darf private Parteienfinanzierung aus Gründen der demokratischen Gleichheit nicht zum Kauf von politischem Einfluss degenerieren. § 25 Abs. 2 Nr. 7 ParteiG bestimmt daher, dass Parteien Spenden nicht annehmen dürfen, die "erkennbar in Erwartung … eines bestimmten … politischen Vorteils gewährt werden".

Die CDU in NRW soll aber in Angeboten für die Miete eines besonders teuren Standes auf ihrem Parteitag als weitere Leistung auch ein Gespräch mit dem Ministerpräsidenten Rüttgers versprochen haben und zwar gerade als Zugabe zur Miete eines günstigeren Standes . Der angebotene private Zugang zu einem Spitzenpolitiker ist ein geradezu klassischer Fall eines "politischen Vorteils".

Allerdings trägt eine Spende im Sinne des ParteiG grundsätzlich den Charakter einer Schenkung. Werden aber im Vertrag Gegenleistungen vereinbart, wie hier die Vermietung eines Standes und von Gesprächsminuten mit einem führenden Politiker, liegt daher per definitionem keine Spende vor und § 25 Abs. 2 Nr. 7 ParteiG wäre insoweit nicht anwendbar.

Erst-recht-Schluss: "Miete" eines Ministerpräsidenten parteienrechtlich verboten

Dieses Ergebnis liefe aber im Fall der "Miete" eines Ministerpräsidenten dem Verbot des Kaufs von politischem Einfluss zuwider und würde § 25 Abs. 2 Nr. 7 ParteiG aushebeln. Auch wäre die dahinter stehende Wertung paradox: Eine Schenkung anzunehmen, die in Erwartung eines politischen Vorteils getätigt wird, ist einer politischen Partei verboten. Wird aber die Gewährung desselben Vorteils sogar Gegenstand eines Vertrages, soll dies zur Nichtgeltung des Verbotes führen.

Es spricht also viel für eine analoge Anwendung von § 25 Abs. 2 Nr. 7 ParteiG auf derartige Konstellationen: Was die Partei einem Spender schon nicht vage in Aussicht stellen darf, darf sie erst recht nicht einem Sponsor vertraglich zusichern. Die "Miete" eines Ministerpräsidenten ist daher auch parteienrechtlich verboten.

Daneben steht die Verpflichtung des Ministerpräsidenten auf das allgemeine Wohl, wie sie in Art. 53 Verfassung-NRW zum Ausdruck kommt. Er hat seine knappe Zeit nach dem Gemeinwohlkriterium zu verwenden. Die Höhe des Mietzinses für Stände auf dem Landesparteitag ist jedoch kein Kriterium des Gemeinwohls.

Recht der Parteienfinanzierung bedarf der Präzisierung

Vor diesem Hintergrund überrascht das Ergebnis der Prüfung der geschilderten Sponsoringpraxis durch den Bundestagspräsidenten Lammert, es liege kein Verstoß gegen das Parteiengesetz vor. Immerhin regte auch Lammert eine entsprechende Präzisierung des Gesetzes an. In einer solchen Präzisierung muss das Verbot des "Kaufs" politischer Vorteile unmissverständlich ausgeweitet werden auf alle Formen wirtschaftlicher Kontakte der Parteien.

Weiterhin sollte mit der grundgesetzlichen Pflicht zur Transparenz der Parteienfinanzierung ernst gemacht werden. Dazu müssten auch die Sponsorenbeziehungen oberhalb eines sinnvollen Schwellenwertes – etwa 10.000 Euro wie bei den Spenden – im Rechenschaftsbericht der Partei offengelegt werden.

Vernünftig gehandhabt ist das Sponsoring von Parteien aber kein Teufelszeug, sondern eine legitime Geschäftsbeziehung.

Der Autor Sebastian Roßner ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für deutsches und europäisches Parteienrecht an der Heinreich-Heine-Universität Düsseldorf

Zitiervorschlag

Sebastian Roßner, Sponsoring: Eine Grauzone der Politikfinanzierung . In: Legal Tribune Online, 06.05.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/484/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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