SPD will billigere Wohnungskäufe: Bes­tel­ler­prinzip für Eigen­tums­makler wird schei­tern

von Dominik Schüller

11.01.2017

Die SPD-Pläne für das Wahljahr stehen fest, unter anderem sollen private Immobilienkäufer bei Notar- und Maklerkosten entlastet werden. Die geplanten rechtlichen Maßnahmen hält Dominik Schüller für undurchdacht, wenn nicht gar missraten.

Nach einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Entwurf für eine überarbeitete Mietpreisbremse plant Justizminister Heiko Maas (SPD) unter anderem die Notar- und Grundbuchkosten beim Erwerb von Wohnimmobilien zu pauschalieren und auch bei Grundstücks- und Wohnungsmaklern das Bestellerprinzip festzulegen. Die Maklerprovision soll künftig derjenige zahlen, der den Makler beauftrag hat.

Unbestritten sind Gesetzgeber und die Politik gefragt, Lösungen für die Wohnungsknappheit in Ballungsgebieten zu finden. Da der Neubau von erschwinglichen Wohnungen nicht nur viele Investitionen, sondern auch viel Zeit benötigt, versucht man im Wahljahr kurzfristige Erfolge zu verbuchen. Die Vorschläge der SPD werden – wie die Mietpreisbremse selbst – scheitern.

Die Notar- und Grundbuchkosten werden derzeit nicht prozentual linear, sondern nach einer degressiven Gebührentabelle berechnet. Das heißt, bei vergleichsweise niedrigem Kaufpreis zahlt der Erwerber auch weniger Notar- und Grundbuchgebühren. So liegen beispielsweise bei einem Kaufpreis von 150.000 Euro die Beurkundungsgebühr bei 708,00 Euro und die Grundbuchkosten bei 531,00 Euro. Steigt der Kaufpreis,  steigen auch die Gebühren, zum Beispiel bei einem Kaufpreis von 400.000 Euro auf 1.570 Euro. Das gilt auch dann, wenn der tatsächliche Arbeitsaufwand für den Notar nicht steigt. Geschäfte mit höherem Kaufpreis finanzieren somit diejenigen mit kleinem Volumen quer.

Notarkostenpauschale verschlimmbessert alles

Im Moment existiert also ein Modell, das sich sozialverträglich seit Jahrzehnten bewährt hat und in der Summe zu angemessenen Gebühren führt. Nicht umsonst ist das Gerichts- und Notarkostengesetz erst kürzlich vollständig erneuert worden, ohne dass in das System grundsätzlich eingegriffen wurde. Insbesondere wurden die abzurechnenden Gebühren auf ihre Angemessenheit überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass im unteren Geschäftswertbereich die Gebühren zu niedrig sind und erhöht werden müssen. Es handelte sich um die erste Gebührenerhöhung durch den Gesetzgeber seit 1986. Der Notar ist neutraler Berater beider Vertragsparteien und steht vor allem den Privaten im Rahmen des Verbraucherschutzes zur Seite.

Die geplante Pauschalierung der Notarkosten wird vor allem dazu führen, dass für die Beratung des Verbrauchers weniger Zeit bleibt. Jeder, der sich mit Grundstückskaufverträgen beschäftigt hat, wird wissen, dass es sich nicht um ein Standardprodukt handelt. Die allermeisten Fälle weisen in der Praxis Besonderheiten auf. Häufig sind sogar die vermeintlich kleinen Fälle mit Verbraucherbeteiligung die beratungsintensivsten. Kürzt man bei diesen aufwändigen Beratungsfällen die Gebühr, müsste ein wirtschaftlich denkender Notar die durchschnittliche Beratungszeit kürzen, was zu Lasten der Beratungsqualität führen kann. Eine Pauschalierung wird zudem vor allem die Erwerber mit teuren Immobilien entlasten, die von der Deckelung profitieren.

Sinnvoller wäre hingegen eine Reduzierung der Grunderwerbssteuer, die inzwischen bei höheren Kaufpreisen bis zu 6,5 Prozent des Volumens beträgt. Diese Steuer ist allerdings Ländersache und daher nicht bundesweit einheitlich regelbar. Sie eignet sich daher nicht für den Wahlkampf. Bundesweit regelbar wäre es aber, Ausnahme- oder Reduzierungstatbestände für selbst genutzte Immobilien einzuführen. Gleichzeitig könnten die Steuerausfälle dadurch kompensiert werden, dass institutionelle Immobilien-Share-Deals voll besteuert werden und nicht wie bisher durch geschickte gesellschaftsrechtliche Konstruktion steuerfrei bleiben. Derzeit werden nämlich vor allem große Immobilientransaktionen mit Kaufpreisen in Millionenhöhe regelmäßig nicht als Grundstückskauf-, sondern Anteilskaufvertrag gestaltet. Somit werden nicht das Grundstück übertragen, sondern die Anteile an den Eigentümergesellschaften – in der Regel Gesellschaften mit beschränkter Haftung – werden an den Investor verkauft. Dem Staat entgehen so durch im Grunderwerbsteuergesetz verankerte Ausnahmen Steuereinnahmen in erheblichem Umfang.

Warum man das Bestellerprinzip nicht übertragen kann

Völlig missraten ist der Ansatz, das Bestellerprinzip auf Eigentumsmakler zu übertragen. Selbst wenn der Verkäufer diese Kosten tragen müsste, würde er sie zuvor einfach eins zu eins auf den Kaufpreis aufschlagen und den Käufer damit finanziell schwer belasten. Denn anders als bei Maklern für Mietwohnungen ist der Kaufpreis von Eigentum nicht gesetzlich gedeckelt – Stichwort Mietspiegel. Die einzige Möglichkeit wäre also eine Deckelung der Maklerprovisionen selbst. Hier hätte man jedoch nicht nur mit erheblichen Wiederstand der Interessenvertretung der Makler zu rechnen. Vielmehr würde die Festlegung einer generell angemessenen Maklerprovision äußerst schwierig werden und verfassungsrechtliche Probleme aufwerfen.

Damit sind die Notar- und Grundbuchkosten die einzige Schrauben, an denen der Justizminister wahlkampfwirksam drehen kann. Der gewünschte Effekt würde jedoch lediglich in homöopathischen Dosen eintreten, denn die Fälle, in denen ein Erwerber einer Immobilie an den Notar- und Grundbuchkosten gescheitert ist, dürften äußerst selten sein. Bei Maas' Vorschlägen handelt es sich wohl eher um Opium fürs Volk im Wahlkampfjahr.

Der Autor Dominik Schüller ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in der Immobilienrechtskanzlei SAWAL Rechtsanwälte & Notar in Berlin und twittert regelmäßig zu immobilienrechtlichen Fragen.

Zitiervorschlag

Dominik Schüller, SPD will billigere Wohnungskäufe: Bestellerprinzip für Eigentumsmakler wird scheitern . In: Legal Tribune Online, 11.01.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21727/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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