Rücksichtnahmepflichten des Arbeitgebers im Internet

Blog-Profil als beruf­li­cher Nach­teil

von Kristina KuhrLesedauer: 3 Minuten

Oft stolpern Arbeitnehmer über die unbegrenzten Möglichkeiten des Internets. Doch auch Arbeitgeber müssen bei ihren Aktivitäten im Internet Rücksicht auf die Mitarbeiter nehmen, erklärt Kristina Kuhr.

Noch vor vier Jahren bezeichnete die Bundeskanzlerin das Internet als "Neuland", sehr zum Spott der Netzgemeinde. In Bezug auf das Arbeitsrecht jedoch scheinen Arbeitnehmer und Arbeitgeber allerdings nach wie vor häufig überwältigt von den Möglichkeiten des Internets.

Die arbeitsrechtlichen Risiken von Äußerungen im Internet zeigen sich gerne in den sozialen Medien. Aufsehen erregen in diesem Zusammenhang vor allem die Fälle, in denen Arbeitnehmer ausdrucksstark ihrem Ärger Luft machen: Von Azubis, die ihren Arbeitgeber als "Menschenschinder" bezeichnen (Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm, Urt. v. 10.10.2012, Az.3 Sa 644/12), bis hin zu Aussagen wie "Boah kotzen die mich an (...)" in Bezug auf Kunden (Verwaltungsgerichtshof München, Beschl. v. 29.02.2012, Az. 12 C 12.264), sind in den sozialen Netzwerken jegliche Formen von Äußerungen zu finden. Im Ergebnis streiten sich die Parteien dann häufig um die Kündigung durch den Arbeitgeber.

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Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers

Seltener und weniger im Fokus stehen der Arbeitgeber und dessen Internetverhalten. Aber auch der muss aufpassen, wie er sich im Internet in Bezug auf seine Arbeitnehmer äußert. Denn selbstverständlich kann der Arbeitnehmer sich ihm gegenüber ebenso auf die arbeitsrechtlichen Pflichten berufen.

Gemäß den gegenseitigen Rücksichtnahmepflichten nach § 241 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hat der Arbeitgeber hierbei insbesondere das grundrechtlich abgesicherte Persönlichkeitsrecht seiner Arbeitnehmer gemäß Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG zu achten. Die Rücksichtnahmepflichten können darüber hinaus auch nachwirken und sind deshalb auch im bereits beendeten Arbeitsverhältnis zu beachten.

Anwältin im Blog einer Kanzlei

Bereits 2012 hatte das Hessische LAG mit dem Fall zu tun, dass sich eine Klägerin gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber mit einer einstweiligen Verfügung wandte (Urt. v. 24.01.2012, Az. 19 SaGa 1480/11). Besagter Arbeitgeber – eine Steuer- und Rechtsanwaltssozietät – betrieb eine Homepage. Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses wurde die Klägerin dort als Rechtsanwältin aufgeführt und im dazugehörigen News-Blog mit einem Profil inklusive Foto vorgestellt.

Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer Probezeitkündigung durch die Sozietät. Zwar löschte die Kanzlei auf die Aufforderung durch die ehemalige Arbeitnehmerin hin deren Namen von der Homepage, weigerte sich aber, das Profil zu löschen. Für eine Entfernung sah die Sozietät keinen Anlass, da der News-Blog schließlich den Tatsachen entspreche. Man war nur großzügigerweise bereit, das Profil dahingehend zu ergänzen, wie das Arbeitsverhältnis geendete habe.

Das LAG billigte der Klägerin einen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch zu. Sie konnte verlangen, dass "ihre" News-Blog-Seite gelöscht wird. Ihre Interessen überwiegten aus Sicht des LAG bei weitem. Durch die werbende Nutzung des Profils der Klägerin greife die Sozietät erheblich in ihr Persönlichkeitsrecht ein und verletze so die nachwirkenden Rücksichtnahmepflichten, entscheid das Gericht. Zum einen sei die Veröffentlichung allen Internetnutzern zugänglich und zum anderen zeitlich unbegrenzt. Außerdem könne die Veröffentlichung für die Klägerin zu beruflichen Nachteilen führen. Denn durch den News-Blog könne bei Dritten der unzutreffende Eindruck entstehen, dass sie noch bei der Kanzlei arbeitete. Demgegenüber blieb bis zum Schluss unklar, welches Interesse die Kanzlei an der andauernden Veröffentlichung des Profils hatte.

An diesem Beispiel zeigt sich also, dass der Arbeitgeber seine Äußerungen im Internet bedenken und hierbei insbesondere das Persönlichkeitsrecht seiner (ehemaligen) Arbeitnehmer beachten muss.

Umkehrschluss in Bezug auf Berufsnetzwerke

Arbeitnehmer hingegen behaupten auch nach einer Trennung vom Arbeitgeber in Berufsnetzwerken wie XING oder Linkedin noch Arbeitnehmer einer Firma zu sein. Spiegelbildlich zu dem dargelegten Anspruch des ehemaligen Arbeitnehmers kann argumentiert werden, dass auch der Arbeitgeber in solchen Fällen einen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch hat.

Zwar kann ein Unternehmen sich nicht auf das Persönlichkeitsrecht berufen, da dieses nur natürlichen Personen zusteht. Allerdings wirken die Rücksichtnahmepflichten ebenso zu Gunsten des Arbeitgebers und der kann sich wiederum auf seine grundrechtlich geschützte Unternehmerfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG berufen. Dies muss erst recht gelten, wenn die Behauptung, noch Arbeitnehmer einer bestimmten Firma zu sein, nicht mehr stimmt.

Die Autorin Kristina Kuhr ist Rechtsanwältin bei der Arbeitsrechtsboutique Altenburg in München.

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