"PeerBlog": Wahl­kampf­spende mal anders

von Claudia Kornmeier

05.02.2013

Steinbrücks Start als SPD-Spitzenkandidat war holprig. Jetzt will ein unabhängiges Blogger-Team nachhelfen. Inspiriert vom US-Wahlkampf, angelehnt an den arabischen Frühling und finanziert von anonymen Unternehmern wollen sie grundlegender agieren als kurzfristige Plakate-Werbung. So ein deutscher Super-PAC mag unüblich klingen, ist mit dem Recht der Parteienfinanzierung aber wohl vereinbar.

Peer Steinbrück der neue Barack Obama? Der Bundestagswahlkampf 2013 so online, multimedial und getrieben von Social-Media-Kanälen wie die US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen 2008 und 2012? Das scheint die Vision des fünfköpfigen Redaktionsteams von peerblog.de zu sein. "Wir haben uns Amerika angeschaut. 2008, 2012. Fasziniert, erstaunt, begeistert."

Seit Ende Januar schreiben fünf Blogger unter der Leitung des früheren Focus-Redakteurs Karl-Heinz Steinkühler aus Düsseldorf nach eigenen Angaben über politisch und gesellschaftlich relevante Themen. Sie wollen über die Zukunft Deutschlands diskutieren. Und all das irgendwie im Namen von Peer Steinbrück. Oder doch eher unter seinem Namen. Jedenfalls aber unabhängig vom Wahlkampfteam.

"Diese Form der Wahlkampfunterstützung ist in Deutschland unüblich", sagt Parteienrechtsexperte Sebastian Roßner. In der Tat fühlt man sich eher an US-amerikanische Super-PACs erinnert, also an Political Action Committees, die nach amerikanischer Rechtsprechung unbegrenzt Spenden von anonymen Gönnern annehmen dürfen, solange sie ihre Mittel nicht direkt an Kandidaten oder Parteien weiterleiten oder ihre Aktivitäten mit deren Wahlkampfteams koordinieren.

"Wir versuchen was. Wir haben was entwickelt. Für den Kandidaten Peer Steinbrück."

In Deutschland finanzieren Parteien sich und ihren Wahlkampf durch Mitgliedsbeiträge, staatliche Mittel und Spenden, wobei der Umfang staatlicher Zuwendungen auch von den eingeworbenen Spenden abhängt.

Auf jeden Euro Spende zahlt der Staat 0,38 Euro drauf, begrenzt auf Geldgeschenke bis zu 3.300 Euro pro natürliche Person, um Chancengleichheit zwischen den Parteien zu gewährleisten. So sollen nur Zuwendungen in einer Größenordnung berücksichtigt werden, die alle Parteien ungeachtet ihrer politischen Ziele erlangen und welche jemand mit durchschnittlichem Einkommen leisten kann.

Jährlich müssen die Parteien in einem Bericht Rechenschaft darüber ablegen, von wem sie wie viel Geld erhalten haben. Anonyme Spenden sind also unmöglich. Für den Wähler soll der Bericht offenlegen, welche Gruppen, Verbände und Privatpersonen versuchen, ihre Interessen durch Geldzuwendungen an Parteien durchzusetzen, und so Verflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft transparent machen.

"Wir sind unabhängig. Peer Steinbrück will das so."

Nach Informationen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel finanzieren fünf Unternehmer den Blog mit einer sechsstelligen Summe und bleiben vorerst anonym. Ist peerblog.de damit überhaupt mit dem deutschen Parteispendenrecht vereinbar? Ein Super-PAC auf rheinländischem Boden, geht das? "Wie gesagt, die Form mag unüblich sein, aber selbstverständlich dürfen Private auch in Deutschland anonym einen Kandidaten unterstützen. Das ist von der Meinungsfreiheit nach dem Grundgesetz gedeckt", sagt Roßner. Entscheidend sei, dass die Partei den Blog nicht inhaltlich kontrolliere. "Solange Steinbrücks Wahlkampfleiter nicht steuern kann, was das Redaktionsteam schreibt, ist die finanzielle Unterstützung von peerblog.de gar keine Spende an die Partei."

Dass Private sich am Wahlkampf beteiligen, sei außerdem auch in Deutschland nicht neu. Man denke bloß an Günter Grass' "Loblied auf Willi" und wie der Schriftsteller bis heute für die SPD durchs Land tourt. Auch Verbände geben immer mal wieder Wahlempfehlung aus oder tun dies ganz explizit nicht. Selbst die Financial Times Deutschland legte ihren Lesern in einem unsignierten Leitartikel vor wichtigen Wahlen nahe, wo sie ihr Kreuz setzen sollten.

Etwas quer zum deutschen Wahlrecht steht das peerblog-Team allerdings mit einer weiteren Losung: "Das Vorbild sind die USA, dort spenden Unternehmer Millionen für ihre Kandidaten, weniger für die Parteien." Den Bloggern mag es missfallen, aber in Deutschland stehen nach wie vor Parteien zur Wahl, nicht Spitzenkandidaten. Die Wahl des Kanzlers bleibt den Bundestagsabgeordneten vorbehalten. Wenngleich das unter all den TV-Duellen, Kandidaten-Urwahlen und Politiker-Beliebtheits-Barometern immer mehr in Vergessenheit gerät.

Zitiervorschlag

Claudia Kornmeier, "PeerBlog": Wahlkampfspende mal anders . In: Legal Tribune Online, 05.02.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8102/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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