Gewinnzusagen von PayPal: "Willste? Kriegste nicht!"

von Astrid Ackermann, LL.M.

12.06.2013

Einen Gewinn von 500 Euro hat das Unternehmen PayPal den Teilnehmern seines Gewinnspiels "Willste? Kriegste!" versprochen, diese Zusage jedoch kurze Zeit später wegen Irrtums angefochten. Die Netzgemeinde reagierte empört auf das Hin und Her. Warum die Anfechtung wohl wirksam ist und glückliche Gewinner anders aussehen, erläutert Astrid Ackermann.

"Herzlichen Glückwunsch, Sie gehören zu den glücklichen Gewinnern!" Diese Mitteilung fanden viele Teilnehmer eines von der eBay-Tochter PayPal veranstalteten Gewinnspiels am vergangenen Freitagvormittag in ihren E-Mail-Postfächern vor. Beim Weiterlesen wurde es sogar noch besser: "Schauen Sie gleich mal in Ihrem PayPal-Konto nach, denn dort haben wir Ihnen die 500 Euro gutgeschrieben."

Wer daraufhin anfing, sich zu freuen und das vermeintlich gewonnene Geld in Gedanken auszugeben, dem stand eine herbe Enttäuschung ins Haus. Denn kurze Zeit später teilte PayPal über sein Profil bei Facebook mit, dass dem Unternehmen bei der Versendung der besagten E-Mails ein technischer Fehler unterlaufen und die Gewinnzusage leider nichtig sei.

Im Internet entbrannte daraufhin eine lebhafte Diskussion über die Rechtsfolgen dieser von PayPal ausgesprochenen Entschuldigung. Sollte sich das Unternehmen tatsächlich so leicht von seinem Versprechen lösen können? Oder war es nicht doch noch irgendwie an den Inhalt seiner ersten Erklärung gebunden? Ein Blick ins Gesetz verschaffte schnell Klarheit: "Sendet ein Unternehmer Gewinnzusagen an einen Verbraucher, hat er diesem den Preis auch auszuzahlen, sofern er durch die Gestaltung der Gewinnzusage den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen habe", so steht es in § 661a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zu lesen.

Versprochen ist versprochen

Diese Regelung war im Jahr 2000 aus Gründen des Verbraucherschutzes eingeführt worden. Damals waren vermehrt Gewinnbenachrichtigungen von dubiosen Scheinfirmen an Verbraucher verschickt worden, um über die ausgefüllten Rücksendecoupons die Bankdaten der Angeschriebenen in Erfahrung zu bringen oder sie zur Bestellung von Waren zu animieren. Diesem Treiben wollte die damalige Bundesregierung Einhalt gebieten und verpflichtete die Versender von Gewinnbenachrichtigungen, ihre Versprechen auch zu halten.

Die Voraussetzungen des § 661a BGB erfüllt die von PayPal an die Teilnehmer des Gewinnspiels übermittelte Gewinnbenachrichtigung allemal. So war die Formulierung der morgendlichen E-Mail präzise genug, damit der einzelne Empfänger ihr ein Gewinnversprechen entnehmen konnte. Die E-Mail wurde zudem unter Verwendung des Corporate Designs des Unternehmens direkt von PayPal an unzählige Verbraucher versendet und bezog sich auf ein tatsächlich stattfindendes Gewinnspiel. Die Chancen der Benachrichtigten, den versprochenen Gewinn wirklich zu erhalten, standen also zunächst gut.

Daran änderte auch die für einen wirksamen Widerruf ohnehin viel zu allgemein gehaltene Nachricht nichts, die das Unternehmen über Facebook verbreitet hatte. Schließlich kann PayPal auch in Zeiten der Social Media nicht davon ausgehen, dass alle zuvor Angeschriebenen zeitnah zur Benachrichtigung zufällig die Facebook-Seite des Unternehmens aufrufen und so vom Versehen beim Absenden der E-Mails erfahren würden.

Die Anfechtung als Ausweg?

Das muss wohl auch PayPal so gesehen haben. Am Freitagabend erhielten die ersten Adressaten der morgendlichen E-Mail eine erneute Nachricht, in der sich das Unternehmen bei den Angeschriebenen für den technischen Fehler entschuldigte und die Anfechtung der Gewinnbenachrichtigung wegen Irrtums nach §§ 119, 120 BGB erklärte. Für die Empfänger dieser zweiten E-Mail stellte sich nunmehr die Frage nach der Wirksamkeit der Anfechtung.

Gemäß §§ 119ff. BGB wegen Irrtums angefochten werden können alle Arten von Willenserklärungen und, folgt man der herrschenden Meinung, analog zu ihnen auch geschäftsähnliche Handlungen. Der vehement geführte Streit, ob es sich bei einer Gewinnzusage um eine Willenserklärung oder eine geschäftsähnliche Handlung handelt (der Bundesgerichtshof (BGH) entscheidet ihn im letztgenannten Sinne), kann daher dahinstehen. PayPal hatte also grundsätzlich das Recht, die per E-Mail an die Teilnehmer des Gewinnspiels übermittelte Gewinnerklärung wegen Irrtums anzufechten.

Und auch an einem Anfechtungsgrund mangelte es nicht: Nach § 119 Abs. 1 BGB liegt ein solcher vor, wenn der Erklärende sich bei der Abgabe seiner Erklärung über deren Inhalt geirrt hat oder diese Erklärung überhaupt nicht hat abgeben wollen. Wer sich also ungeschickt ausdrückt und daher falsch verstanden wird, oder sich bei der Abgabe seiner Erklärung vergreift, verschreibt oder verspricht, kann deren Wirkungen rückwirkend aus der Welt schaffen. Gleiches gilt für Fehler bei einer Erklärung, die, wie im Fall der von PayPal abgeschickten morgendlichen E-Mails, auf technische Mängel des Eingabegeräts oder die vom Erklärenden verwendete Software zurückzuführen sind.

Empfänger werden wohl leer ausgehen

Zudem hat das Unternehmen die Anfechtungserklärung auch rechtzeitig abgegeben. Nach § 121 Abs. 1 BGB muss die Anfechtung unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern nach Kenntnis vom Anfechtungsgrund erfolgen. Dabei muss dem Anfechtenden jedoch genug Zeit bleiben, um die Rechtslage zu prüfen, sie gegebenenfalls mit einer rechtskundigen Person zu besprechen und weitere Schritte zu planen. PayPal hat die am Freitagvormittag verschickte Gewinnbenachrichtigung am frühen Abend des gleichen Tages bzw. am Vormittag des Folgetages angefochten. Berücksichtigt man die aus der Größe des Unternehmens resultierende Verzögerung der Reaktionszeit und die Zahl der anzufechtenden Gewinnbenachrichtigungen, ist wohl noch von einer fristgerechten Anfechtung auszugehen.

Sofern PayPal also nachweisen kann, die zunächst erfolgte Gewinnzusage per E-Mail gegenüber dem einzelnen Empfänger angefochten zu haben, sinken dessen Chancen auf Erhalt des Preises rapide. Glückliche Gewinner sehen anders aus.

Das Gewinnspiel "Willste? Kriegste!" läuft noch rund acht Wochen. Nach eigener Aussage will PayPal die "wahren" Gewinner erneut per E-Mail kontaktieren. Bleibt zu hoffen, dass wenigstens diese Benachrichtigung pannenfrei verläuft!

Die Autorin Astrid Ackermann, LL.M. ist Fachanwältin für Informationstechnologierecht in Frankfurt am Main. Sie ist vorrangig im Medien- und IT- Strafrecht tätig.

Zitiervorschlag

Astrid Ackermann, LL.M., Gewinnzusagen von PayPal: "Willste? Kriegste nicht!" . In: Legal Tribune Online, 12.06.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8909/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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