OLG Hamm erhebt Beweis über Klimawandelfolgen: Wie ein perua­ni­scher Bauer das Recht ver­än­dern könnte

von Prof. Dr. Felix Ekardt, LL.M., M.A.

01.12.2017

Ein Bauer aus Peru klagt gegen RWE. Damit werden Klimawandelfolgen zu einer Frage des Haftungsrechts. Das könnte das Zivil- und Strafrecht verändern – und in Unternehmen und Politik zu einem grundlegenden Umdenken führen, meint Felix Ekardt.

 

Der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm hat am Donnerstag im Zivilrechtsstreit des peruanischen Landwirts Saúl Lliuya gegen die RWE AG (Az. 5 U 15/17 OLG Hamm) einen Hinweis- und Beweisbeschluss verkündet. Der Landwirt verlangt, dass eine grundsätzliche Entschädigungspflicht gegen den Energiekonzern nach § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für absehbare Klimawandelfolgeschäden infolge eines schmelzenden Gletschers in seiner Heimat festgestellt wird.

Hintergrund ist, dass eine menschlich verursachte globale Erwärmung – besonders aufgrund des fossilen Brennstoffeinsatzes bei Strom, Wärme, Treibstoff, Kunststoffen und Dünger – schwerwiegende Folgen haben kann. Neben Naturkatastrophen wird auch mit Nahrungs- und Wasserknappheit, großen Migrationsbewegungen und als Folge vermehrten gewaltsamen Auseinandersetzungen gerechnet. Versuche, all dies nicht nur in Verpflichtungen zu politischem Handeln, sondern auch in Entschädigungspflichten von Großemittenten wie den Kohlekonzernen zu übersetzen, gibt es seit einiger Zeit.

So konkret wie im laufenden Verfahren des peruanischen Bauers, der dabei auf verschiedene deutsche Unterstützer vertrauen kann, wurde es bislang aber selten.

OLG erhebt Beweis über Klimawandelfolgen

Das OLG Hamm äußerte zur Überraschung vieler in einer mündlichen Verhandlung im November, dass es den Entschädigungsanspruch nach § 1004 BGB für grundsätzlich schlüssig begründet erachtet. Mit seinem Hauptantrag verlangt der Kläger die Feststellung, dass RWE verpflichtet ist, ihm Aufwendungen für durchgeführte Schutzmaßnahmen zugunsten seines Eigentums anteilig zu ersetzen. Anteilig deshalb, weil man statistisch etwa 0,47 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen RWE zuordnen kann.

Nach dem Beweisbeschluss des OLG-Senats soll durch klimawissenschaftliche Sachverständigengutachten Beweis erhoben werden zu mehreren Gesichtspunkten. Das unterhalb einer Gletscherlagune liegende Hausgrundstücks des Klägers ist eventuell ernsthaft durch eine Überflutung und/oder eine Schlammlawine bedroht, weil Ausbreitung und Wasservolumen der Lagune erheblich zugenommen haben. Hintergrund ist voraussichtlich eben das naturwissenschaftliche Phänomen eines menschgemachten Klimawandels.

Zu klären ist darauf aufbauend aber, ob man sagen kann, dass infolge des sich ergebenden auch lokalen Temperaturanstiegs die Gletscherschmelze und das Lagunenwachstum so gesteigert werden, dass daraus Schäden für den Bauern zu resultieren drohen – und ob man einen mess- und berechenbaren Anteil davon RWE zuschreiben kann.

Zitiervorschlag

Prof. Dr. Felix Ekardt, LL.M., M.A., OLG Hamm erhebt Beweis über Klimawandelfolgen: Wie ein peruanischer Bauer das Recht verändern könnte . In: Legal Tribune Online, 01.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25817/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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