Beamtenbesoldung in NRW: Gleiches ungleich behandelt

von Frank Wieland

15.07.2013

Am Mittwoch hat der NRW-Landtag die neuen Dienstbezüge für Beamte beschlossen. Nur bis zur Besoldungsgruppe A10 bekommen sie nun so viel Erhöhung wie die angestellten Kollegen, ab A13 gibt es gar eine Nullrunde. Wie kann das sein? Verfassungsrechtliche Bedenken an der Neuregelung hat Frank Wieland.

Beamte und Richter in Nordrhein-Westfalen (NRW) sind empört. Der Landtag hat am Mittwoch ihre Dienst- und Versorgungsbezüge für die Jahre 2013/2014 nur bis zur Besoldungsgruppe A10 an die der Angestellten im öffentlichen Dienst angeglichen. Die höher eingruppierten Beamten A 11 und A12 bekommen 1 Prozent Erhöhung, die anderen gehen gänzlich leer aus.

Die Tarifbeschäftigten, welche für 2013 immerhin eine Erhöhung von 2,65 Prozent, für 2014 um weitere 2,95 Prozent erhalten, und die Beamten ab der Besoldungsgruppe A13 werden demzufolge ungleich behandelt. Zudem wird innerhalb der Beamtenschaft zwischen den niedrigeren und den höheren Einkommensgruppen differenziert.

Der sich regende Widerstand überrascht kaum. Schon während des Gesetzgebungsverfahrens gingen renommierte Rechtswissenschaftler und Verbände von der Verfassungswidrigkeit des Besoldungsanpassungsgesetzes aus, die betroffenen Beamten sprechen von einem Sonderopfer. Die rot-grüne Landesregierung begründet die Regelung im Wesentlichen mit dem – mit 40 Prozent beträchtlichen – Anteil der Personalausgaben am Landeshaushalt sowie mit der im Grundgesetz (GG) verankerten Schuldenbremse.

Verfassungsmäßigkeit der Beamten- und Richterbesoldung als allgemeines Problem

Es braucht nicht erst das aktuelle Besoldungsanpassungsgesetz in NRW, um das grundsätzliche Problem der Amtsangemessenheit der Beamten- und Richterbesoldung zu diskutieren.

Beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sind bereits mehrere Richtervorlagen  zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Beamtenbesoldung anhängig (beispielsweise Verwaltungsgericht Halle, Beschl. v. 28.09.2011, Az. 5 A 216/09 und Oberverwaltungsgericht Münster, Beschl. v. 09.07.2009, Az. 1 A 373/08 u.a.). Im Jahr 2012 hat das Gericht die W-Besoldung der Professoren als verfassungswidrig verworfen.

Diese unterschreite die Angemessenheitsgrenze und verletze daher das Alimentationsprinzip aus Art. 33 GG, also die Verpflichtung des Dienstherrn, Beamten während des Dienstes, aber auch bei Krankheit, Invalidität und in Pension, einen angemessenen Lebensunterhalt zu zahlen, so die Karlsruher Richter (BVerfG, mit Beschl. 14.02.2012, Az. 2 BvL 4/10).

Die Entwicklung der allgemeinen und wirtschaftlichen Verhältnisse als Maßstab

Beamte haben Anspruch auf eine amtsangemessene Besoldung und Versorgung, deren Höhe sich nach der Wertigkeit des verliehenen Amtes richtet. Nach § 14 Abs. 1 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) wird diese entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und unter Berücksichtigung der mit den Dienstaufgaben verbundenen Verantwortung per Gesetz regelmäßig angepasst.

Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Überprüfung des Besoldungsanpassungsgesetzes NRW  wird man daher die reale Entwicklung der Lebensverhältnisse sowie die Tarifsteigerung bei den Angestellten im öffentlichen Dienst im Blick haben müssen. Auch die Differenz zwischen Beamten- und Angestelltengehältern ist im Zusammenhang mit der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse und damit der Angemessenheit der Besoldung, Art. 33 Abs. 5 GG ein wichtiger Aspekt bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung Ersterer.

Wechselwirkungen mit Art. 33 Abs. 2 GG

Die Regelungen des Besoldungsanpassungsgesetzes NRW  sind auch aus weiteren Gründen verfassungsrechtlich zweifelhaft:

Nach § 18 BBesG ist die Höhe der Bezüge primär von der Wertigkeit der wahrgenommenen Funktion abhängig; höher bewertete Ämter sind mit einem höheren Grundgehalt verbunden. Der im Beamtenrecht geltende Leistungsgrundsatz (Art. 33 Abs. 2 GG) fordert eine nach Funktion und Verantwortung abgestufte Besoldung. Das Leistungsprinzip als Grundlage des beruflichen Fortkommens beeinflusst insoweit die Alimentation des Beamten.

Insoweit ist es bedenklich, wenn das nordrhein-westfälische Anpassungsgesetz Beamtengruppen und sogar ganze Besoldungsordnungen trotz der Verantwortung, die sie zu tragen haben, von Besoldungserhöhungen ausnimmt und sie insoweit von der Fortentwicklung der allgemeinen Lebensverhältnisse  abkoppelt. Das nivelliert die unterschiedliche Wertigkeit der Ämter, die sich auch im Abstand der Besoldung zeigt.

Zitiervorschlag

Frank Wieland, Beamtenbesoldung in NRW: Gleiches ungleich behandelt . In: Legal Tribune Online, 15.07.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9138/ (abgerufen am: 22.04.2024 )

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