Mit Lena Meyer-Landrut hat es nun einen deutschen Star getroffen: von der Sängerin sind Nacktbilder im Internet aufgetaucht. Niklas Haberkamm zum juristischen Vorgehen gegen unerwünschte Veröffentlichungen und dessen besonderen Problemen.
Auch wenn in der Regel nur die Verbreitung von Nacktbildern prominenter Personen für Schlagzeilen sorgt, ist dieses Schicksal für Privatpersonen nicht minder gravierend. Dass die Verbreitung von derartigen Bildern gegen den Willen des Abgebildeten immer einen rechtswidrigen Eingriff in die Intimsphäre des Abgebildeten und damit eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellt, liegt auf der Hand.
Prominente genießen dabei keinen geringeren Schutz als Privatpersonen. Denn auch wenn der Schutz des Rechts am eigenen Bild bei Personen der Zeitgeschichte etwas eingeschränkt ist und Bilder unter Umständen auch ohne deren Einwilligung verbreitet werden dürfen, so ist zu beachten, dass dies gemäß § 23 Abs. 2 Kunsturhebergesetz (KUG) dann nicht gilt, wenn die Verbreitung der Bilder ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt. Bei der ungewollten Verbreitung von Nacktbildern ist dies der Fall, auch Prominente verfügen insoweit über eine absolut geschützte Intimsphäre.
Die rechtliche Bewertung solcher Fälle bereitet dabei an sich keine größeren Schwierigkeiten. Nach den Vorgaben der bekannten Herrenreiter-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 14.02.1958, Az. I ZR 151/56) sind in solchen Fällen neben dem jeweiligen Unterlassungsanspruch auch immer Geldentschädigungsansprüche nach § 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i. V. m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gegeben. Darüber hinaus ist das Verhalten der Täter im Hinblick auf § 33 KUG sowie § 201a Strafgesetzbuch (StGB) auch von strafrechtlicher Relevanz.
Die rechtlichen Probleme bei derartigen Fallkonstellationen resultieren also eher aus der Frage, wie man die bestehenden Ansprüche effektiv und vor allem schnell umsetzen kann. Denn je länger die Bilder im Internet kursieren, desto schwieriger wird eine vollständige Löschung: So kann jeder Nutzer die Bilder auf seinen Computer herunterladen oder Screenshots erstellen und dann zu einem beliebigen Zeitpunkt wieder im Internet verbreiten. Ein rasches Vorgehen des Betroffenen muss daher höchste Priorität haben.
Wichtig: schnelles Einschalten der Strafverfolgungsbehörden
Wer ohne die Einwilligung des Betroffenen Bilder von diesem verbreitet, kann gemäß § 33 Abs. 1 KUG mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei den Bildern um Nacktbilder handelt. Entgegen der üblichen Gepflogenheiten in den sozialen Medien ist es nach deutschem Recht grundsätzlich nämlich nicht erlaubt, Bilder Dritter ohne deren Einwilligung auf Plattformen wie Facebook hochzuladen. Dass es in Deutschland nicht regelmäßig zu Verurteilungen nach § 33 Abs. 1 KUG kommt, ist dabei auch dem Umstand geschuldet, dass diese Straftat nach § 33 Abs. 2 KUG nur auf Antrag des Betroffenen verfolgt wird. Aus diesem Grund sollten sich die auf den Nacktbildern abgebildeten Personen umgehend an die Polizei wenden.
Handelt es sich bei den verbreiteten Bildern um Nacktbilder, greift daneben auch die Strafvorschrift des § 201a StGB. Nach Abs. 2 wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer unbefugt eine Bildaufnahme, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, einer dritten Person zugänglich macht. Bildaufnahmen, die die abgebildete Person nackt zeigen, dürften regelmäßig geeignet sein, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass § 201a Abs. 2 StGB anders als § 33 Abs. 1 KUG keine Veröffentlichung des Bildes verlangt, sondern das Zugänglichmachen einer dritten Person ausreichen lässt. Unter Umständen kann deshalb bereits das bloße Verschicken des betroffenen Bildes über Messenger wie Whatsapp eine strafrechtliche Verantwortung auslösen. Auch die Straftat des § 201a StGB wird nach § 205 Abs. 1 StGB grundsätzlich nur auf Antrag des Betroffenen verfolgt.
Zivilrechtliches Vorgehen gegen den Täter
Obwohl die Rechtslage vergleichsweise eindeutig ist und gegen den Täter zivilrechtliche Unterlassungs- und Geldentschädigungsansprüche sowie weitergehende Schadensersatzansprüche bestehen, gestaltet sich das Vorgehen gegen den Täter in der Praxis schwierig. Dies liegt daran, dass die Identität des Täters in der Regel nicht bekannt ist und ohne diese ein zivilrechtliches Vorgehen gegen ihn praktisch unmöglich ist.
Auch aus diesem Grund ist das unverzügliche Einschalten der Strafverfolgungsbehörden von größter Bedeutung für den Betroffenen. Denn den Strafverfolgungsbehörden ist es kraft ihrer hoheitlichen Befugnisse sehr viel eher möglich, die Identität des Betroffenen festzustellen.
2/2: Zivilrechtliches Vorgehen gegen Plattformbetreiber als Störer
In der Praxis verbleibt dem Betroffenen somit oft nur die Möglichkeit, gegen die Betreiber der Internetseiten vorzugehen, auf denen die Bilder veröffentlicht worden sind. Gegen diese kommt ein Unterlassungsanspruch nach den Grundsätzen der Störerhaftung in Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 01.03.2016, Az. VI ZR 34/15).
Der Störer haftet grundsätzlich nur auf ein Unterlassen, also das Entfernen der Bilder. Darüber hinausgehende Schadensersatzansprüche bestehen regelmäßig nicht. Der Betreiber hat die hochgeladenen Bilder im Hinblick auf eine etwaige Persönlichkeitsrechtsverletzung zu überprüfen und dann gegebenenfalls zu entfernen. Unbedingt zu beachten ist, dass eine Störerhaftung des Betreibers erst durch die Verletzung von Prüfpflichten ausgelöst wird.
Voraussetzung für das Entstehen dieser Prüfpflichten ist wiederum, dass der Betreiber der Internetseite Kenntnis von den Bildern und deren möglicherweise persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalts erlangt. Diese Kenntnis erlangt der Betreiber im Fall von betroffenen Privatpersonen anders als bei betroffenen Prominenten nicht bereits über die Berichterstattung in den Medien, er muss vielmehr explizit und dezidiert auf den konkreten Rechtsverstoß hingewiesen werden.
Auseinandersetzung mit Online-Portalen
Die Rechtsprechung stellt hohe Ansprüche an diese Hinweispflicht. Den Betroffenen ist deshalb zu raten, sich an eine spezialisierte Anwaltskanzlei zu wenden, die dann den Betreiber kontaktiert und zur Prüfung beziehungsweise Löschung der Bilder auffordert. Diese kann insbesondere weitere Internetseiten aufzuspüren, auf denen das Bild hochgeladen wurde, und die Löschung veranlassen. Je nach Reaktion des Plattformbetreibers wird der Anwalt sodann auch die weiteren notwendigen Schritte, wie etwa eine Abmahnung des Betreibers oder einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, einleiten.
Insbesondere auch beim Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kommt es entscheidend auf ein rasches Vorgehen der Betroffenen an. Denn ein solcher setzt voraus, dass das Anliegen des Betroffenen zu dringend ist, um erst in einem langwierigen Hauptsacheverfahren geklärt zu werden (sogenannter Verfügungsgrund, §§ 936, 917 ZPO). Zögert der Betroffene also zu lange mit dem Vorgehen gegen die Verbreitung, so kann das Gericht bereits deshalb einen Verfügungsgrund ablehnen und den Antrag abweisen.
Die teilweise aufgeworfene Frage, ob der Verbreitung der Bilder mit einer technischen Sperre der Aufrufbarkeit der Internetseiten (sogenannte Netzsperre) begegnet werden kann, ist eher im Urheberrecht verortet und wegen der bestehenden Umgehungsmöglichkeiten eher kritisch zu betrachten. In Betracht kommt eine solche Maßnahme letztlich wohl auch nur hinsichtlich solcher Portale, die systematisch Nacktbilder gegen den Willen der Abgebildeten veröffentlichen.
Der Autor Dr. Niklas Haberkamm, LL.M. oec. ist Partner der Kanzlei Lampmann, Haberkamm & Rosenbaum in Köln. Er ist spezialisiert auf Medienrecht und dort insbesondere auf das Reputationsmanagement sowie den Schutz des Persönlichkeitsrechts.
Niklas Haberkamm, Löschen von Nacktbildern online: Sei schneller als das Internet . In: Legal Tribune Online, 15.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22112/ (abgerufen am: 19.04.2024 )
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