Kommunen in Finanznot: Mit höheren Gebühren aus der Krise?

Anton Kumanoff

24.04.2010

Die Wirtschaftskrise hat zu einem dramatischen Einbruch der kommunalen Steuereinnahmen geführt. Bei gleichzeitigen Lohnerhöhungen werden nun die Rufe nach Gebührenanhebungen als Allheilmittel für die finanzielle Gesundung immer lauter. Anton Kumanoff stellt dar, dass der Spielraum der Gemeinden bei der Gebührenerhöhung tatsächlich sehr gering und deren Wirksamkeit daher zweifelhaft ist.

Die Gemeinde tritt den Bürgern als Bündel von Gebühren gegenüber. Beginnend mit den Verwaltungs-, Park- und Nutzungsgebühren für Sportstätten über Eintrittsgelder in Theater, Opern, Schwimmbäder, Museen bis hin zu Vergütungen für Strom, Gas, Fernwärme, Abfall, Müll.

So unterschiedlich wie die Gebühren ist auch deren Basis. Teilweise sind es Gebühren, die die Gemeinde für den Staat erhebt, z. B. bei Ausstellung von Personalausweisen.

Andere Gebühren bezahlt der Bürger, weil er zwangsweise die Leistung in Anspruch nehmen muss, wie bei Abwasser, Wasser, Müll und Straßenreinigung (so genannter Anschluss- und Benutzungszwang) oder weil die Gemeinde ein Monopol besitzt, wie zum Beispiel bei Parkgebühren.

Nicht zuletzt verlangt die Kommune Vergütungen für Einrichtungen, die sie für die Bürger unterhält wie Theater, Stadthallen, Sportstätten oder auch den Nahverkehr. Schließlich tritt die Gemeinde neben anderen Anbietern auch auf dem Markt auf, z. B. bei der Entsorgung von Sondermüll und der Lieferung von Energie.

Begrenzter Spielraum bei der Bestimmung der Entgelthöhe

Je nach der Art des erhobenen Entgelts variiert auch der Spielraum der Gemeinde bei der Bestimmung der Höhe der Entgelte: Tritt die Gemeinde neben anderen Wettbewerbern an, ist sie frei, die Vergütung zu bestimmen. Hier begrenzt allerdings notwendigerweise der Markt den Spielraum. Ist die Vergütung zu hoch, gehen die Kunden zum Wettbewerber.

Handelt die Gemeinde hingegen an Stelle des Staates, werden auch die Entgelte von diesem bestimmt, die Gemeinde hat hierauf keinen Einfluss.

Wenn die Gemeinde in ihrem eigenen Bereich Vergütungen verlangt, kann sie diese grundsätzlich selbst bestimmen und könnte sie damit auch erhöhen.

Allerdings unterliegen diese Vergütungen dem so genannten Äquivalenzprinzip, d. h. Leistung und Gegenleistung müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Die Vergütungen dürfen die Kosten nicht überschreiten, können diese aber unterschreiten, wenn die Unterschreitung aus sozialen, wohlverstandenen kommunalen Interessen gerechtfertigt ist.

Unterdeckungen existieren typischerweise bei kommunalen Einrichtungen, die der Gemeinde ihre Attraktivität verleihen, wie z. B. Theatern, Opernhäusern, Stadthallen, Schwimmbädern, Sportstätten, Museen oder Verkehrsbetrieben. Hier klafft die Schere zwischen Einnahmen und Kosten regelmäßig weit auseinander. Maßgebliche Kosten sind dabei solche im betriebswirtschaftlichen Sinne wie Personal- und Sachkosten, auch kalkulatorische Kosten wie kalkulatorische Abschreibungen und kalkulatorische Zinsen. Es werden Vollkosten berücksichtigt, d. h. auch indirekte Kosten wie z. B. Leitungskosten. Entscheidend ist, dass diese Kosten durch die Maßnahme, für die ein Entgelt verlangt wird, verursacht werden.

Eine Anhebung der Gebühren bei solchen gemeindlichen Angelegenheiten, deren Kosten aus kommunalpolitischen Gründen nicht durch Gebühren gedeckt werden, führt aber häufig dazu, dass die Einrichtung nicht mehr benutzt wird. So decken zum Beispiel bei Theatern die Eintrittsgebühren etwa 20 – 30 % der Kosten. Eine Verdreifachung oder Verfünffachung der Eintrittspreise führt aber regelmäßig dazu, dass ein Theater kaum mehr besucht wird.

Äquivalenzprinzip beschränkt Gebührenerhebung

Ist schon eine Kostendeckung gegeben, können Gebühren wegen des Äquivalenzprinzips nur angehoben werden, soweit sich Kostenfaktoren verändern. Werden zum Beispiel die Tariflöhne angehoben, kann dies auf die Gebühren nur durchschlagen, soweit Personalkosten sich anteilig erhöhen.

Das sind aber insgesamt gesehen oft nur Beträge in einer vernachlässigbaren Größenordnung. Zudem besteht auf der anderen Seite, wenn Kosten überdeckt werden, das Risiko, dass die gesamte Gebühr nichtig ist.

Vergegenwärtigt man sich also insgesamt den sehr geringen Spielraum der Kommunen bei der Bemessung von Gebühren, wird schnell klar, dass auch deren momentan immer wieder heiß diskutierte Erhöhung allenfalls einen äußerst geringen Beitrag zur Lösung der Finanzprobleme der Kommunen leisten könnte.

Der Autor Anton Kumanoff ist Kommunal- und Unternehmensberater in einer international ausgerichteten Unternehmensberatungsgesellschaft in Bayreuth

Zitiervorschlag

Anton Kumanoff, Kommunen in Finanznot: Mit höheren Gebühren aus der Krise? . In: Legal Tribune Online, 24.04.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/104/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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