Hitler-Fotografien: Vom Recht an den Bil­dern des Bösen

Die Ausstellung "Hitler und die Deutschen" in Berlin zeigt eine Fülle von Fotos des Diktators. Beginnend mit ersten Aufnahmen aus den frühen 20er Jahren bis hin zu den letzten Bildern vor der zerbombten Reichskanzlei wird das politische Leben Hitlers umfassend nachgezeichnet. Was dabei ins Auge springt, ist der fast immer gleiche Urheber der Fotos: Heinrich Hoffmann.

Die fast 2,5 Millionen Aufnahmen des Fotografen wurden nach Kriegsende von der US-amerikanischen Militärregierung beschlagnahmt und befinden sich nun bei der National Archives and Records Administration in den USA. Rechtliche Grundlage für die Beschlagnahme bildeten die nach dem Zweiten Weltkrieg durch die amerikanische Militärregierung erlassenen Verordnungen, nach denen das gesamte Vermögen, und dazu zählen auch Bildrechte, von NS-Verbrechern durch die Siegermächte konfisziert werden konnte. Damit hält die amerikanische Behörde immer noch die Rechte an dem größten Teil des Fotoarchivs von Heinrich Hoffmann – die Frage ist nur, wie lange noch.

Hoffmann selbst ist 1957 verstorben. Der Mann, der sich mit Fug und Recht Hitlers Hausfotograf nennen durfte, hatte 1909 im Alter von 24 Jahren ein eigenes Foto-Atelier in München eröffnet; zudem arbeitete er als Pressefotograf. 1913 gründete er den Bilderdienste "Photobericht Hoffmann". Neben der Nachrichtenfotografie galt sein besonderes Augenmerk der Porträtfotografie. Heinrich Hoffmann wurde bereits 1920 Mitglied der NSDAP und traf im Jahr 1922 erstmals mit Adolf Hitler zusammen, als er im Auftrag einer amerikanischen Presseagentur Fotos von diesem machen sollte.

Aus diesem Treffen entwickelte sich eine enge persönliche Beziehung und für Hoffmann zudem eine sehr lukrative Geschäftsverbindung. Er wurde später zum "Reichsbildberichterstatter" ernannt und erhielt als einziger Fotograf einen exklusiven Zugang zu Hitler. Dies bedeutete ein Quasi-Monopol auf alle Bilder des Diktators. Heinrich Hoffmann achtete peinlichst darauf, der Einzige zu sein, der Hitler ablichten durfte. 1938 wurde er zudem Hitlers offizieller Kunstberater und Mitglied der Kommission zur "Verwertung der beschlagnahmten Werken entarteter Kunst".

Hoffmann war der eigentliche "Erfinder des Führerkults"

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs hatte Hoffmanns Firma zehn Filialen in verschiedenen europäischen Städten und beschäftigte 320 Mitarbeiter.
Heinrich Hoffmann selbst hat in den über zwanzig Jahren der Zusammenarbeit die bereits erwähnten etwa 2,5 Mio. Fotos gemacht.

Über Heinrich Hoffmann lernte Adolf Hitler auch seine spätere Geliebte Eva Braun kennen, welche bei Hoffmann im Foto-Atelier in München arbeitete.

Ebenso hatte Hitler zusammen mit dem Fotografen seine für ihn typische Rednerposen entwickelt. In der Folgezeit hat er den Diktator immer wieder in Fragen der medialen Außendarstellung beraten und so maßgeblich zu dessen Aufstieg beigetragen. Nicht ohne Grund wird er daher "Erfinder des Führerkults" genannt.

Bei den Nürnberger Prozessen wurde Hoffmann als Hauptschuldiger (Gruppe I) eingestuft. Gegen diese Entscheidung legte er immer wieder Rechtsmittel ein. Nach Entlassung aus einer nur vierjährigen Haft und ohne die Anordnung eines Berufsverbotes siedelt er sich wieder in München an, wo er am 16. Januar 1957 starb.

Freie Verwendung der Fotos erst in knapp zwanzig Jahren möglich

Während sich der Löwenanteil des Werkes von Hoffmann nach wie vor in den USA befindet, bemüht sich in Deutschland die Bayerische Staatsbibliothek in München, ein eigenes Archiv von Hitler-Bildern aufzubauen. Seit 1993 erwirbt die Bibliothek mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) Teile des Bildarchivs von Heinrich Hoffmann.  So verfügt das Archiv zurzeit über knapp 66.000 Bilder von Hitlers Hausfotograf und wird durch gezielte Aufkäufe stetig erweitert. An diesen Aufnahmen hat die Bibliothek auch die Bildrechte, und Abzüge der Bilder des Diktators können auch bei der Bibliothek erworben werden.

Für jedes der noch in den USA befindlichen Fotos muss allerdings nach wie vor bei jeder Verwendung eine Genehmigung der amerikanischen Behörde eingeholt werden. Die Frage ist, wie lange Deutschland insoweit noch vom Gutdünken der Amerikaner abhängig ist.

Das Urheberrecht bei Lichtbildwerken erlischt 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers (§ 64 UrhG), unabhängig von dem Zeitpunkt der Aufnahme selbst. Zwar galt zum Zeitpunkt der Aufnahmen eine kürzere Schutzdauer. Durch verschiedene Änderungen im deutschen Urheberrecht sind allerdings die Fristen seit 1985 einheitlich auf 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers verlängert worden. Es spielt bei der Beurteilung dieser Frage keine Rolle, dass sich die Aufnahmen in den USA befinden. Gemäß dem Revidierten Berner Übereinkommens findet nämlich immer das Recht des Landes Anwendung, in dem ein Werk urheberrechtlich genutzt werden soll. Eine 70-jährige Schutzdauer gilt im Übrigen auch im US-amerikanischen Recht, und zwar seit der Änderung von § 302 des US Copyright Act durch den "Sonny Bono Copyright Term Extension Act" von 1998.

Für den Fall Heinrich Hoffmann folgt daraus, dass die von ihm gefertigten Bilder noch bis zum Jahr 2028 urheberrechtlich geschützt sind. Erst danach werden sie gemeinfrei, dürfen also von jedem frei und ohne Beschränkung verwendet werden, unabhängig davon, wo sich die Bilder selbst befinden.

Was seine geschichtliche Wirkung angeht, war sich Heinrich Hoffmann selbst übrigens Zeit seines Lebens keiner Schuld bewusst. Diese Einstellung mag folgendes Zitat verdeutlichen: "Der Fotograf bildet ab, er hält fest, sonst nichts. Und er verschwindet auch symbolisch unter dem schwarzen Tuch, das ihn einhüllt."

Der Autor Tim Hoesmann ist Rechtsanwalt für Medien- und Urheberrecht in Berlin.

 

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Zitiervorschlag

Tim Hoesmann, Hitler-Fotografien: Vom Recht an den Bildern des Bösen . In: Legal Tribune Online, 14.02.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2531/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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