Herrenlose Konten: Wie der Staat an das Geld Ver­s­tor­bener kommt

von Alexander Knauss

08.08.2016

2/2: Zweck eines zentralen Registers: Lohnt sich der Aufwand?

Wozu also die Forderung nach einem zentralen Register für herrenlose Konten? Es scheint, als ob dem Fiskus der oben beschriebene Weg zu umständlich ist, um verwaiste Nachlässe zu ermitteln.

Um es leichter zu machen, bräuchte es aber kein neues Register, sondern bloß eine Modernisierung der Verwaltung. Denn sofern die Totenlisten von den Standesämtern und die Anzeigen der Gerichte über die Erteilung von Erbscheinen usw. elektronisch dem Fiskus übermittelt würden, wäre ein automatisierter Abgleich innerhalb der Finanzverwaltung sicherlich recht einfach möglich.

Offensichtlich ist es dem Fiskus aber zu mühselig, erst sein Erbrecht feststellen lassen zu müssen, um danach die Unterlagen des Erblassers auf der Suche nach Konten durchforsten zu kön-nen. Stattdessen soll das einzurichtende Zentralregister dem Staat wohl Anhaltspunkte dafür liefern, ob es sich überhaupt lohnt, in einem bestimmten Erbfall sein Erbrecht feststellen zu lassen.

In der Tat hat der Fiskus derzeit keine Möglichkeit, sich in Erbfällen die Kontoverbindungen des Erblassers zu verschaffen. Zwar können schon jetzt sämtliche Konten einer Person durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Wege des automatisierten Kontenab-rufs ermittelt und anderen Behörden zur Verfügung gestellt werden (§ 24c Kreditwesengesetz (KWG)). Allerdings darf der Abruf nur unter den dort genannten, engen Voraussetzungen erfol-gen. Die Übermittlung der Daten zur Erforschung eines Nachlasses gehört dazu nicht.

Es könnte alles so einfach sein

Anstatt nun aber ein neues Register und damit eine neue Bürokratie zu errichten und Banken mit weiteren Meldepflichten zu belasten, sollte besser geprüft werden, den Katalog der Gründe, aus denen der Abruf erfolgen kann, in § 24c KWG zu erweitern.

Erstreckte man diesen auch auf Erbfälle und den Kreis der Auskunftsberechtigten nicht nur auf  die Finanzämter, sondern auch auf die Nachlassgerichte, könnten auch Erben bzw. Pflichtteils-berechtigte endlich die zum Nachlass gehörenden Konten auf einfache Weise ermitteln. Durch Zwischenschaltung der Nachlassgerichte könnte dabei Missbrauch ausgeschlossen werden, ohne hierfür neue Prüfinstanzen schaffen zu müssen.

Es ist wie so oft, wenn die Politik nach Neuerungen ruft: Die Instrumente sind längst da, sie müs-sen nur konsequent genutzt und den Bedürfnissen angepasst werden.

Alexander Knauss ist Fachanwalt für Erbrecht und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht in der überörtlichen Sozietät MEYER-KÖRING Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB mit Büros in Bonn und Berlin.

Zitiervorschlag

Alexander Knauss, Herrenlose Konten: Wie der Staat an das Geld Verstorbener kommt . In: Legal Tribune Online, 08.08.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20230/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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