Volksmusik meets Punkrock: Heino lässt es krachen

von Tobias Kohl, LL.M.

26.01.2013

Er steht für deutsche Volksmusik wie kaum ein anderer. Auf seinem neuen Album covert er die Ärzte und Rammstein und verärgert diese damit angeblich. Warum der Schlagerstar guten Gewissens fremde Lieder trällern darf und die Rocker auch davon profitieren werden, erklärt Tobias Kohl.  

Anfang Februar erscheint eine neue CD von Schlagersänger Heino. An für sich kein Grund zur Aufregung. Doch Moment, der Titel des Albums "Mit freundlichen Grüßen" kommt einem irgendwie bekannt vor. Erhielten die Fantastischen Vier für ihre Single mit dem gleichnamigen Refrain nicht einst eine Platin-Schallplatte? Damit nicht genug, auch die einzelnen Titel des Heino-Albums wie etwa "Junge", "Haus am See" oder "Sonne" hat es alle schon einmal gegeben.

Die Künstler, die mit diesen Titeln bereits die Charts stürmten, klingen wie das Who is Who der neueren deutschen Rock- und Popgeschichte: Die Ärzte, Peter Fox, Rammstein und die Absoluten Beginner. All diese Künstler hatten mit Volksmusik und Heino bislang nicht viel gemein. Das ändert sich jetzt.

Textlich und musikalisch identische Vervielfältigung zulässig

Auf seinem neuen Album hat Heino die Titel der Künstler im Schlagerstil eingesungen. Laut Bildzeitung sehr zum Missfallen der betroffenen Bands. Diese hätten bereits wegen der ungefragten Übernahme ihrer Werke mit rechtlichen Konsequenzen gedroht. Hiervon wollen zumindest Rammstein und die Ärzte jedoch nichts wissen. Beide Bands haben inzwischen bekannt geben lassen, dass sie keine juristische Auseinandersetzung mit dem Schlagersänger suchen.

Das ist nachvollziehbar. Denn Heino durfte die Lieder auch ohne Zustimmung der Künstler gemäß § 24 Abs. 1 des Urheberrechtsgesetz (UrhG) interpretieren. Die Norm regelt die freie Benutzung eines Werkes. Danach bedarf es im Fall von Musik keiner Zustimmung der Urheber, wenn das Werk textlich wie musikalisch identisch vervielfältigt wird.

Bislang ist lediglich ein Video zu dem Titel "Junge" veröffentlicht, der im Original von den Ärzten stammt. Bei einem Vergleich beider Versionen wird schnell klar, dass Heino den Text 1:1 neu eingesungen hat. Die musikalischen Gestaltungselemente wie Tondauer, Rhythmus und Melodie stimmen ebenfalls mit dem Vorbild der Punkrockband überein.

Nichts weiter als ein gelungener PR-Coup

Die allermeisten deutschen Musiker haben ihre Rechte an der Verwertung ihrer Werke an die Gema abgetreten – so wahrscheinlich auch die Ärzte. Eben diese Rechte wird sich Heino sicherlich von der Verwertungsgesellschaft eingeräumt lassen haben. Die Gema unterliegt gegenüber dem Schlagersänger nach § 11 des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes (UrhWG) einem Abschlusszwang. Sie muss jedem Künstler, der bereit ist, die Lizenzen für die Vervielfältigung und Verbreitung zu zahlen, die hierfür erforderlichen Rechte einräumen.

Die von Heino gecoverten Künstler verfügen also gar nicht mehr über ihre ursprünglichen Verwertungsrechte. Sie haben damit keine Möglichkeit, die Neuaufnahme ihrer Titel zu verhindern.

Die Berichterstattung der Bildzeitung wird wohl eine gezielte PR-Aktion gewesen sein, von der alle Beteiligten profitieren. Die gecoverten Bands werden über die Gema an jeder verkauften Heino-CD beteiligt und der Volksmusiker aus dem Rheinland liefert rechtzeitig zum Straßenkarneval Schlager zum Mitsingen.

Der Autor Tobias Kohl, LL.M. ist Rechtsanwalt in Köln und Mitglied der Redaktion der Legal Tribune ONLINE.

Zitiervorschlag

Tobias Kohl, LL.M., Volksmusik meets Punkrock: Heino lässt es krachen . In: Legal Tribune Online, 26.01.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8045/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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