Frankreichs Militärintervention in Mali: Auf Einladung der Regierung

von Dr. Oliver Daum

28.01.2013

Im Westen Afrikas kämpft die malische Regierung gleich gegen drei Rebellengruppen. Seit zwei Wochen werden sie dabei von französischen Soldaten unterstützt. An der Rechtmäßigkeit dieser "humanitären Mission" mag kaum einer zweifeln. Mit Recht, wenngleich es ein autorisierendes VN-Mandat für den Einsatz nicht gibt, meint Oliver Daum.

Für Bundesaußenminister Westerwelle besteht kein Zweifel: Die französische Militärintervention Opération Serval ist vom Völkerrecht gedeckt. Frankreich kämpfe auf Bitten und an der Seite der malischen Übergangsregierung gegen die akute Gefahr der islamistischen Rebellengruppen. "Intervention auf Einladung" heißt das in der Fachsprache. Wie andere Staatenvertreter sieht auch Verteidigungsminister de Maizière sogar ein VN-Mandat gegeben.

Wenn ein Konflikt ein den Frieden in der Region gefährdendes Ausmaß erreicht, so ruft dies regelmäßig den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf den Plan. Dieser ist exklusiv befugt, weitere Maßnahmen zu beschließen, um die Situation notfalls militärisch zu befrieden. So auch im Fall von Mali.

Sicherheitsrat will keinen Alleingang eines Staates

In seiner Resolution 2085 ermächtigt der Sicherheitsrat eine afrikanisch-geführte internationale Unterstützungsmission in Mali (AFISMA) zum Kampf gegen die ansässigen Terrororganisationen. Die Truppen sollen die malische Regierung dabei unterstützen, der drohenden Islamisierung des Landes Herr zu werden. Alle Staaten sind dazu aufgerufen, Soldaten für den AFISMA-Einsatz zu stellen, so auch Frankreich. Allerdings soll der Einsatz nur unter der Ägide afrikanischer Staaten erfolgen.

Mit anderen Worten: Frankreich kommt nur der Rang eines Helfershelfers zu. Gegenwärtig bekämpfen Hollandes Streitkräfte aber allein die Rebellengruppen. Zudem ist nicht zu erwarten, dass sich die französische Armee in Zukunft faktisch unter das Kommando von AFISMA stellen wird. Frankreich fällt also aus der Rolle, die ihm der Sicherheitsrat zugewiesen hat: Den alleinigen Waffengang eines europäischen Staates sieht die Resolution nicht vor.

Allerdings versichert die malische Regierung, dass die französischen Truppen durchaus willkommene Gäste sind. Dies jedoch nur, bis die Tuareg-Rebellen von Ansar al Dine, Al Qaida im islamischen Maghreb (Aqim) und die Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika (Mujao) geschlagen sind. Niemand, weder Mali noch Frankreich, hat Interesse an einer Neo-Kolonialisierung des Landes.

Frankreichs Truppen sind herzlich eingeladen

Und auch Frankreich beteuert, nur auf Einladung der malischen Regierung zu handeln. Doch die so genannte Intervention auf Einladung, bei der eine fremde Macht zugunsten der Regierung in einen Bürgerkrieg eingreift, ist unter Experten des Völkerrechts umstritten, weil sie missbrauchsanfällig sei. Um die Kritiker zu beruhigen, wird zur Voraussetzung gemacht, dass eine "legitimierte" Regierung im Vorhinein in den Einsatz einwilligt.

Doch wann ist eine Regierung ausreichend legitimiert? Kann eine Regierung, die in einem Bürgerkrieg steht, überhaupt ausreichend legitimiert sein? Ein Bürgerkrieg zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass nicht mehr sicher ist, ob die Regierung noch das gesamte Volk oder nur noch einen Teil davon repräsentiert.

Die malische Regierung muss sich gleich gegen drei Rebellengruppen zur Wehr setzen. Allerdings ist sicher, dass die große Mehrzahl der Mitglieder der Ansar al Dine, Aqim und Mujao nicht dem malischen Volk angehört. Sie sind vielmehr von außen in das Land eingedrungen. Die Regierung in Bamako kämpft also nicht gegen ihr eigenes Volk, weshalb sich die Legitimationsfrage gar nicht stellt. Nach dem internationalen Recht ist die malische Regierung ausreichend legitimiert.

Daran ändert auch nichts, dass es in den letzten zwölf Monaten vier Wechsel an der Regierungsspitze gegeben hat. Auch wenn die malische Zivilbevölkerung derzeit überhaupt keinen Einfluss auf die Regierungsbildung nehmen kann, steht sie doch hinter ihrer Regierung. Denn die Malier befürworten das Ersuchen von Interimspräsident Traoré, ausländische Soldaten ins Land zu holen. Dies hätte auch bei einer eingehenden rechtlichen Prüfung Bestand. Der Einsatz der französischen Truppen ist also in der Tat "vom Völkerrecht gedeckt."

Der Autor Oliver Daum ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Völker- und Europarecht der Universität Trier (Prof. Dr. Alexander Proelß).

Zitiervorschlag

Oliver Daum, Frankreichs Militärintervention in Mali: Auf Einladung der Regierung . In: Legal Tribune Online, 28.01.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8050/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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