Idiotentest-Androhung nach Facebook-Posting: "Sie verfügen über Konfliktpotential"

von Adolf Rebler, Dr. jur.

15.10.2012

Eine Autofahrerin schimpfte auf Facebook über einen Blitzer. Am liebsten mit Eiern schmeißen würde sie, postete die empörte Bürgerin. Einen Tag später drohte die Fahrerlaubnisbehörde ihr eine MPU an: Sie verfüge "über ein gewisses Maß an Konfliktpotential". Adolf Rebler über Aggression nicht nur im Straßenverkehr, eine aufgeregte Behörde und die Freiheit von Gedanken und Meinungen. 


Spätestens seit den ersten Abmahnungen und Kündigungen nach Facebook-Postings dürfte wohl jedem klar sein, dass Äußerungen im Netz nicht folgenlos bleiben. Erscheint im Fall eines öffentlich schimpfenden oder blau machenden Arbeitnehmers die Reaktion des Chefs noch einigermaßen plausibel, treibt die Informationsbeschaffung durch das Internet doch auch manch seltsame Blüte.

Das musste eine 24-jährige Fahrerlaubnisinhaberin am letzten Montag am eigenen Leib erfahren. Sie hatte auf der Facebook-Seite "Blitzer Peine" die Warnung vor einer besonders trickreich aufgestellten Radarfalle entdeckt und kommentierte die behördlichen Bemühungen um mehr Verkehrssicherheit nun deftig mit den Worten: "Die spinnen doch ey...Ich würde die am liebsten mit Eiern beschmeißen...".

Das nun rief die Fahrerlaubnisbehörde auf den Plan: Nur einen Tag danach bekam die junge Autofahrerin ein Schreiben des Landkreises Peine, in dem stand: "Ihren Angaben zufolge verfügen Sie über ein gewisses Maß an Konfliktpotential, welches als Führerin eines Kraftfahrzeugs nicht angebracht ist." Der Behördenleiter selbst drohte damit, sie zur Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) zu schicken, falls sie "weiter auffällig" werde. Nicht nur die irritierte Bürgerin darf das für überzogen halten.

Zweifel an der Eignung oder: wer muss zum "Idiotentest"

Völlig unstreitig ist es die Aufgabe einer Fahrerlaubnisbehörde, unbelehrbare Rowdies wirksam aus dem Verkehr zu ziehen. Der Straßenverkehr ist ein soziales Handlungsfeld, in dem für Rüpel aller Art kein Platz ist. Das Gesetz drückt dies so aus, dass die Führerscheinstelle einem Fahrerlaubnisinhaber seine Fahrerlaubnis zu entziehen hat, wenn dieser sich als ungeeignet erweist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes - StVG; § 46 Abs. 1 Satz 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV).

"Eignung" meint hier - im Gegensatz zur "Befähigung", welche durch die praktische und theoretische Fahrprüfung nachzuweisen ist - die geistigen und körperlichen Fähigkeiten eines Verkehrsteilnehmers (§ 11 Abs. 1 Satz 1 FeV). Geeignet ist nur der, der diese Fähigkeiten in ausreichendem Maße besitzt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat (§ 2 Abs. 4 Satz 1 StVG).

Dass ein Verkehrsteilnehmer auch "charakterlich" geeignet sein muss, steht zwar nicht direkt im Gesetz, ergibt sich aber mittelbar: Wer ständig Rechtsvorschriften missachtet oder sich im Verkehr gar strafbar macht, dem fehlen die charakterlichen Voraussetzungen, um weiterhin ein Kraftfahrzeug zu führen.

Werden in dieser Hinsicht Zweifel an der Eignung laut, muss sich die Führerscheinstelle hinreichende Gewissheit verschaffen. Das kann sie durch ein Gutachten. Doch nicht jeder Verdacht, dass sich eine Person bewusst nicht regelkonform verhält, rechtfertigt schon die Vorladung zur MPU.

Zitiervorschlag

Adolf Rebler, Idiotentest-Androhung nach Facebook-Posting: "Sie verfügen über Konfliktpotential" . In: Legal Tribune Online, 15.10.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7308/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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