Videoüberwachungsverbesserungsgesetz: Ver­bes­sert wird gar nichts

Auf Terror und Straftaten möchte die Bundesregierung mit einer Lockerung der Anforderungen für die Videoüberwachung reagieren. Das Videoüberwachungsverbesserungsgesetz hält Florian Albrecht für unnötig und verfassungsrechtlich fragwürdig.

Den derzeit eher restriktiven Umgang mit der Erteilung von Videoüberwachungserlaubnissen nach § 6b Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) möchte ein "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes" (Videoüberwachungsverbesserungsgesetz) des Bundesinnenministeriums lockern. Hochfrequentierte, öffentlich zugängliche Anlagen sollen damit einfacher durch "optisch-elektronische Einrichtungen" – also Videokameras – überwacht werden können.

Bisher lässt § 6b Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) die Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume zu, soweit sie zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen (bspw. zur Gewährleistung der Gebäudesicherheit), zur Wahrnehmung des Hausrechts (bspw. zur Abwehr von Diebstählen) oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke (bspw. zur Abwehr von Graffiti an Gebäuden) erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.

Die Vorschrift orientiert sich eng an dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. So ist etwa im Rahmen der gebotenen Erforderlichkeitsprüfung zu klären, ob nicht mildere Mittel zur Verfügung stehen, die gleich geeignet sind, um den mit der Videoüberwachung verfolgten Zweck zu erreichen. Eine zu präventiven Zwecken eingerichtet Videoüberwachung kann hiernach nur zugelassen werden, wenn sie seitens der Betroffenen leicht zu erkennen ist und folglich eine abschreckende Wirkung entfaltet.

Leben, Gesundheit und Freiheit "besonders" berücksichtigen?

Zudem darf das Gewicht der aus der Überwachungsmaßnahme folgenden Grundrechtsbeschränkung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der die Maßnahme rechtfertigenden Gründe stehen. Auch insoweit folgt die Norm den verfassungsrechtlichen Vorgaben; hier denen der Angemessenheit. Im Rahmen der Interessenabwägung sind sich bereits nach geltendem Recht sämtliche widerstreitende Interessen gegenüberzustellen. Geboten ist mithin eine umfassende Abwägung der durch die Videoüberwachung betroffenen Grundrechte der Beobachteten und der verfassungsrechtlich geschützten Interessen der Anwender der Überwachungstechnik.

Die Interessenabwägung kann nicht abstrakt, sondern vielmehr nur unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Einzelfalles vorgenommen werden. Grundsätzlich lässt sich aber feststellen, dass eine flächendeckende Überwachung einer Vielzahl von Personen ohne konkreten Anlass unzulässig ist, sofern der Überwachung nicht ohne weiteres ausgewichen werden kann.

Mit dem Videoüberwachungsverbesserungsgesetz wird nun der Versuch unternommen, die auf verfassungsrechtlichen Vorgaben beruhende Interessenabwägung zu manipulieren. So sollen in deren Zuge künftig die Rechtsgüter Leben, Gesundheit und Freiheit der sich im überwachten Bereich aufhaltenden Personen "in besonderem Maße" berücksichtigt werden. Hierdurch soll einer besonderen Gefährdung von unter anderem Vergnügungsstätten, Einkaufzentren, Parkplätzen sowie Einrichtungen und Fahrzeugen des Personenverkehrs Rechnung getragen werden.

Zitiervorschlag

Florian Albrecht, Videoüberwachungsverbesserungsgesetz: Verbessert wird gar nichts . In: Legal Tribune Online, 16.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21165/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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