Iran-Embargo: Legale Geschäfte mit den Schurken

von Stephan Müller

02.08.2013

Vor dem LG Hamburg müssen sich derzeit vier Männer verantworten, die trotz des internationalen Handelsembargos Bauteile für einen Atomreaktor in den Iran geliefert haben sollen. Aber auch in weniger klaren Fällen kann das EU-Embargo Unternehmen treffen. Er reicht weiter als man denkt, meint Stephan Müller.

Über Indien hatten die Angeklagten die Bauteile für einen Atomreaktor an den Iran geliefert. US-Sicherheitsbehörden hatten die Geschäfts aufgedeckt und ihre Erkenntnisse an das deutsche Zollkriminalamt weitergegeben. Das zeigt, wie gut die Behörden inzwischen auch grenzüberschreitend vernetzt sind.

Den Angeklagten drohen lange Haftstrafen. Unternehmen muss das aber nicht vollständig vom Handel mit dem Iran abschrecken. Viele Geschäfte sind sowohl nach deutschem als auch nach europäischem Recht ohne weiteres zulässig. Bei der Abwicklung sollte man aber aufpassen.

Vorsicht bei Dual-Use-Ware

Besondere Vorsicht sollten Unternehmen bei Dual-Use-Ware walten lassen. Das sind Produkte, die zwar nicht als Bauteile für Rüstungsgüter dienen sollen, aber theoretisch dafür in Frage kommen und daher unter das Export-Verbot fallen. Medizinische Güter und Lebensmittel dürfen dagegen unproblematisch auch in den Iran geliefert werden. Für sie gelten Ausnahmen von dem Embargo.

Ein Risiko bergen zudem Geschäfte mit Partnern aus der Region um den Iran herum oder mit Länder, die gute Wirtschaftsbeziehungen zu dem sogenannten Schurkenstaat haben. Hierzu gehören etwa die Vereinigten Arabischen Emirate, Russland und China. Aus diesen Länder kann nämlich Ware, die ursprünglich aus der EU stammt, in den Iran re-exportiert werden.

Russische oder chinesische Unternehmen verstoßen damit nicht gegen Vorschriften ihrer Heimatländer; die Geschäftspartner dort müssen also keinerlei Unrechtsbewusstsein haben. Die europäischen Firmen verletzen dagegen das Handelsembargo, wenn sie an dem Re-Export beteiligt waren oder davon gewusst haben.

Um dieses Risiko zu vermeiden, können europäische Unternehmen einen Re-Export vertraglich untersagen. Das exkulpiert sie jedoch nicht in jedem Fall. Jeder Exporteur sollte daher das spezifische Re-Export-Risiko analysieren. Warnsignale sollten anspringen, wenn ein Kunde bei wartungsintensiven Produkten auf einen Wartungsservice verzichtet, anders als die Mehrzahl der Kunden. Dies ist regelmäßig ein Indiz für einen Re-Export.

Geschäftsbeziehungen mit dem Iran sind ein Minenfeld

Werden Waren direkt in den Iran geliefert, muss außerdem bedacht werden, dass Finanztransaktionen gewissen Beschränkungen unterliegen. Zahlungen aus dem Iran müssen ab einem Betrag von 10.000 Euro der Deutschen Bundesbank gemeldet und ab 40.000 Euro von dieser genehmigt werden. Praktisch bringt das die Schwierigkeit mit sich, dass immer weniger Banken bereit sind, Zahlungen von oder an iranische Unternehmen abzuwickeln.

Viele Unternehmer übersehen zudem, dass auch deutsche oder europäische Firmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat nach den EU-Sanktionen wie iranische Unternehmen behandelt werden, wenn sie von letzteren gesellschaftsrechtlich beherrscht werden. Unternehmer sollten daher die Gesellschafterstruktur ihrer Geschäftspartner so gut wie möglich kennen.

Auch wenn Unternehmen keine unlauteren Absichten hegen – direkte und indirekte Geschäftsbeziehungen mit dem Iran sind ein Minenfeld. Neben persönlichen Strafen für die Geschäftsführer oder Manager drohen Geldbußen für das Unternehmen und der Verlust von Zollprivilegien – wirtschaftlich häufig die härteste Strafe. Im Zweifel sollte der Exporteur daher auch mal auf ein Geschäft verzichten.

Der Autor Stephan Müller ist Partner und Experte für Außenwirtschaftsrecht der Kanzlei Oppenhoff & Partner. 

Zitiervorschlag

Stephan Müller, Iran-Embargo: Legale Geschäfte mit den Schurken . In: Legal Tribune Online, 02.08.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9273/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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