Streit über die Hundesteuer: Herrchen und Frauchen werden diskriminiert

von m.r. Anja Balitzki, LL.M. und m.r. Christina Bick, LL.M

11.05.2012

Dass sie im Gegensatz zu anderen Tierhaltern für ihren Vierbeiner Steuern zahlen müssen, ärgert Hundebesitzer schon lange. Anfang 2012 hatte das BVerfG die Klage eines Rechtsanwalts aus Luhmühlen ohne weitere Begründung abgewiesen. Dieser sieht darin eine Menschenrechtsverletzung und will nun vor den EGMR ziehen. Er könnte tatsächlich Erfolg haben, meinen Anja Balitzki und Christina Bick.

Wer in Deutschland einen Hund hält, wird von den Gemeinden zur Kasse gebeten: Die finanzielle Aufwertung der Haushalte gilt zwar rechtlich als Nebenzweck, dennoch brachte die Hundesteuer dem deutschen Staat im Jahr 2010 rund 258 Millionen Euro ein. Dabei stellen Hunde einen enormen Wirtschaftsfaktor dar. So belaufen sich die Ausgaben, die direkt oder indirekt mit der Hundehaltung in Deutschland in Zusammenhang stehen, auf jährlich etwa fünf Milliarden Euro; rund 100.000 Arbeitsplätze sind mit der Hundehaltung verbunden.

Anders als viele meinen, müssen die Gemeinden die Hundesteuer als örtliche Verbrauchs- und Aufwandssteuer gemäß Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz (GG) nicht zur Beseitigung von Hundekot auf den öffentlichen Wegen verwenden. Weil sie an keinen bestimmten Zweck gebunden ist, kann sie vielmehr auch für Investitionen in anderen Bereichen wie etwa dem Straßenbau eingesetzt werden. Anknüpfungspunkt für die Erhebung der Abgabe ist die Verwendung von Einkommen und Vermögen zum Bestreiten eines bestimmten Aufwandes, hier der Aufwand des Haltens eines oder mehrerer Hunde. Hieraus resultiert auch die Kritik, die Hundesteuer sei eine reine Luxussteuer.  

Steuern für Hunde, nicht aber für Katzen und Pferde

Dazu wird heutzutage vermehrt angeführt, dass der Zweck der Hundesteuer veraltet sei. Und tatsächlich erscheint eine Eindämmung der Hundehaltung aufgrund der sich wandelnden Lebensverhältnisse nicht mehr nötig: Schon die strengen Voraussetzungen in den neuen landesrechtlichen Gesetzen zur Hundehaltung tragen zu einer überlegten Anschaffung bei. In Niedersachsen beispielsweise muss jeder Neu-Hundehalter eine Sachkundeprüfung ablegen, seinen Hund registrieren lassen und eine Versicherung für den Hund abschließen. Damit ist zwangsläufig ein erheblicher Kosten- und Zeitaufwand verbunden, wodurch beiläufig die Hundehaltung eingedämmt wird.

Besondere Bedenken bei der Hundesteuer äußern Kritiker mit Blick auf den Gleichheitssatz in Art. 3 GG. Andere Haustiere wie Katzen oder Pferde werden nämlich nicht besteuert. Begründung dafür war 1978 die Verschmutzung von öffentlichen Plätzen und damit verbundene Krankheitsrisiken. Außerdem wurden fehlende Kontrollmöglichkeiten bei anderen Tieren angeführt. Eine regelmäßige Straßenreinigung – unabhängig von Hundekot – und die Einführung von Hundekotbeuteln, sowie eine Chippflicht für Katzen stehen heute diesen Argumenten gegenüber.  Die vorgebrachten Unterschiede haben damit deutlich an Relevanz verloren.

Gleichwohl hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erst im Januar entschieden, sich nicht mit der Problematik der Hundesteuer zu befassen (Beschl. v. 26.01.2012, Az. 1 BvR 1888/11). Nun plant der Rechtsanwalt und Hundehalter Elmar Vitt als juristischer Kopf der Initiative "Stoppt die Hundesteuer", im Juni Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) einzureichen.

Vitts Argumentation umfasst dabei zwei Stränge: Einerseits spricht er die emotionale Ebene an, indem er anführt, die Hundesteuer sei unethisch. Andererseits argumentiert er rein formaljuristisch, nämlich mit eben einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz, ferner gegen das Willkürverbot sowie einer Verletzung der Prinzipien des Eigentums-, Steuer- und Abgabenrechts. Vitt stützt dies auf die Artikel 8 Absatz 1, 13 und 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).

Fehlende Kontrolle der Kommunen führt zu schlechter Zahlungsmoral

Das Recht auf eine wirksame Beschwerde vor dem EGMR muss man dabei im Zusammenhang mit der Entscheidung des BVerfG sehen. Hier wurde ohne Begründung die Beschwerde abgewiesen, und dies obwohl sich die rechtliche Stellung von Hunden seit Einführung des Artikels 20a GG geändert hat. Diese Norm gewährt Tieren nämlich nicht nur besonderen Schutz, sondern garantiert ihnen rechtlich auch den Status von Mitgeschöpfen. Art. 13 EMRK sichert damit in Verbindung mit Art. 14 EMRK den Rechtsweg nach Straßburg.

Bei der Hundesteuer konnten sich die Beschwerdeführer zumindest auf das Diskriminierungsverbot aus Art. 3 GG bzw. Art. 14 EMRK berufen, und zwar in doppelter Weise:  Zunächst ist in Deutschland der Hund das einzige Haustier, für das eine Steuer zu entrichten ist. Darüber hinaus folgt aus der fehlenden Kontrolle der Kommunen eine schlechte Zahlungsmoral. Schätzungen zufolge haben etwa zwanzig bis dreißig Prozent der Hundehalter ihr Tier nicht angemeldet.

Weniger stichhaltig ist die Berufung auf Art. 8 Abs. 1 EMRK. Dieser schützt das Privatleben und könnte in Bezug auf die Hundesteuer insofern relevant sein, als durch die Besteuerung eines privat angeschafften Hundes in die Vermögensverhältnisse und die Entscheidungsfreiheit eingegriffen wird. Insbesondere aus Sicht eines Hundehalters erscheint dieses Argument ohne weitere Ausführungen ethisch vertretbar, rechtlich jedoch fragwürdig.

Unterm Strich könnte die Initiative "Stoppt die Hundeesteuer" in Straßburg also durchaus Erfolg haben. Sollte der EGMR negativ entscheiden, bleibt dem Hundehalter zumindest noch die kostenfreie Liebe seines Hundes.

m.r. Anja Balitzki, LL.M. und m.r. Christina Bick, LL.M. sind wissenschaftliche Mitarbeiterinnen der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und haben als Hundehalterinnen bereits einschlägige Analysen zur rechtlichen Bewertung der Hundesteuer veröffentlicht.

Zitiervorschlag

m.r. Anja Balitzki, LL.M. und m.r. Christina Bick, LL.M, Streit über die Hundesteuer: Herrchen und Frauchen werden diskriminiert . In: Legal Tribune Online, 11.05.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6179/ (abgerufen am: 16.04.2024 )

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