Kleinanlegerschutz und Startups: Crowdfunding schwer gemacht

von Alexander Knauss

13.10.2014

Die Stromberg-Fans brauchten eine Woche, um eine Million zusammen zu bekommen. Speziell Startups nutzen das Crowdfunding auch als Stimmungstest. Die Finanzierungsform birgt aber auch Gefahren für Anleger. Die Bundesregierung will sie nun mit einem Referentenentwurf schützen. Dabei beschränkt sie Plattformen und Anleger viel zu sehr, meint Alexander Knauss.

Zahlreiche Anleger haben in den vergangenen Jahren - besonders in der Finanzkrise - schlechte Erfahrungen mit traditionellen Kapitalanlagen gemacht. Die Renditen sanken und während viele Anleger neue Investitionsmöglichkeiten suchten, brauchten gerade Startup-Unternehmen neue Finanzierungsformen. Das Crowdfunding bringt diese Interessen zusammen. In Deutschland wurde es spätestens durch den Aufruf der Produzenten von "Stromberg" an dessen Fans bekannt, eine Million Euro für das Projekt eines Kinofilms aufzubringen. Die Fans folgten dem Aufruf: Innerhalb einer Woche kam der gewünschte Betrag zusammen.

Mit der neuen Anlagemöglichkeit entstehen aber auch neue Missbrauchsgefahren. So können Anleger leicht auf falsche Versprechungen hineinfallen und ihr Geld verlieren. Grund genug für den Gesetzgeber, den Schutz der "Crowd" zu verbessern. Ein Referentenentwurf der Bundesregierung - Kleinanlegerschutzgesetz genannt - soll durch Änderung zahlreicher bestehender Gesetze, u.a. des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG), den Schutz der Anleger verbessern und gleichzeitig einen rechtlichen Rahmen für das Crowdfunding schaffen. Die Befugnisse der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sollen ausgeweitet, die Prospektpflichten und die Pflicht zur Aushändigung eines Vermögensanlagen-Informationsblatts erweitert und bestimmte Werbe- und Vertriebsmöglichkeiten unterbunden werden.

Die Verfasser des Entwurfes beabsichtigen, dadurch die Finanzierungsbedingungen für Startups zu verbessern und das Vertrauen in den Finanzplatz Deutschland wiederherzustellen. In der Praxis werden diese engen Regelungen das Entstehen von Startups und die Investitionsfreudigkeit der Anleger aber wohl eher bremsen. Die deutsche Startup-Szene wird also auch weiterhin im internationalen Vergleich hinterherhinken.

Crowdfunding - was ist das eigentlich?

Crowdfunding ist  eine Methode der Geldbeschaffung, bei welcher der Initiator eine Vielzahl von Personen (die Crowd) zur finanziellen Unterstützung (funding) für seine Geschäftsidee aufruft. Durch die Breitenwirkung eines Aufrufs im Netz können sich dabei kleine Beiträge Einzelner schnell zu großen Summen addieren. Bekannte Plattformen sind weltweit kickstarter.com und indiegogo.com, in Deutschland companisto und seedmatch. Auch Banken haben das Konzept nun entdeckt und versuchen dieses über eigene Crowdfunding-Plattformen zu unterstützen.

Die Idee als solche ist nicht neu. Schon im Jahr 1885 rief Joseph Pulitzer seine Landsleute zur Finanzierung des Sockels für die Freiheitsstatue im Wert von damals 102.000 $ auf, wobei der Minimalbeitrag 1 $  betrug. Als Gegenleistung erhielten die Förderer eine Miniaturausgabe der Freiheitsstatue. Nach nur zwei Wochen stand die Finanzierung.

Crowdfunding ist vor allem für Startups von Bedeutung, die eine Finanzierung für die Anfangsphase suchen, in der Banken Kredite gar nicht oder nur zu schlechten Konditionen gewähren, weil ihnen entweder die Geschäftsidee zu gewagt klingt und/oder weil die angehenden Jungunternehmer keine Sicherheiten bieten können.

Es gibt vier Erscheinungsformen des Crowdfundings. Unter "Donation-Based Crowdfunding" versteht man Spenden ohne Gegenleistung, also für Liebhaberprojekte und durch Wohltätigkeitsorganisationen. Beim "Reward-Based Crowdfunding" erhalten die Unterstützer eine Art Belohnung, z.B. das fertige Produkt zu einem günstigeren Preis oder einem früheren Zeitpunkt. Beim "Crowdinvesting" erhält der Investor meistens einen Anspruch auf einen Anteil am Unternehmensgewinn oder am Verkaufserlös. Dieser Anspruch wird in der Regel verbrieft und kann verkauft werden. Oft handelt es sich dabei um partiarische oder nachrangige Darlehen. Schließlich gibt es noch das "Crowdlending", also die Gewährung von Krediten an Privatpersonen oder Unternehmen. Hierbei werden von einer Vielzahl von Privatpersonen stammende Mittel gebündelt und einem von ihnen ausgewählten Kreditnehmer als Darlehen gewährt.

Strengere Aufsicht über Plattformen und Anbieter

Zurzeit gibt es für die Betreiber von Crowdfunding-Plattformen keine speziellen aufsichtsrechtlichen Regelungen. Lediglich einzelne Erscheinungsformen sind nach §§ 32, 1 Abs. 1a Nr. 1 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) erlaubnispflichtig und unterfallen der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Je nach Ausgestaltung kommt auch eine Genehmigungspflicht nach der Gewerbeordnung (GewO) in Betracht. Die Anbieter, also die Startups, welche die Plattform nutzen, sind sogar völlig unreguliert.

Das will der Gesetzgeber ändern, um die Anleger stärker vor Missbrauch zu schützen. Die Plattformbetreiber – zumindest, wenn sie auch Crowdinvesting und Crowdlending vermitteln – werden künftig generell erlaubnispflichtig und damit unter Aufsicht der BaFin gestellt.

Hierzu soll der Begriff der Vermögensanlage in § 1 Abs. 2 VermAnlG um die für das Crowdfunding typischen partiarischen Darlehen, Nachrangdarlehen sowie sämtliche wirtschaftlich vergleichbaren Vermögensanlagen erweitert werden. Dies hat zur Folge, dass der Plattformbetreiber künftig immer eine erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung in Form der Anlagevermittlung nach § 1 Abs, 1a S. 2 Nr. 1, Abs. 11 Nr. 2 KWG ausübt.

Die Änderung des VermAnlG betrifft aber gleichzeitig auch die Angebote der kapitalsuchenden Startups selbst. Sie werden erlaubnispflichtig und unterfallen künftig der Aufsicht der BaFin.

Außerdem sollen Vermögensanlagen, die in den Anwendungsbereich des VermAnlG fallen, künftig eine Mindestlaufzeit von 24 Monaten haben und nur mit einer Frist von 12 Monaten kündbar sein (§ 5a VermAnlG-E). Damit ist eine doppelte Schutzwirkung beabsichtigt: Zum einen kann der Anbieter für diese Zeit sicher kalkulieren und erhält eine stabile Finanzierungsgrundlage. Zum anderen wird der Anleger gewarnt, dass seine Vermögensanlage eine unternehmerische Investition von gewisser Dauer darstellt.

Zitiervorschlag

Alexander Knauss, Kleinanlegerschutz und Startups: Crowdfunding schwer gemacht . In: Legal Tribune Online, 13.10.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13467/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

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