Bushido muss BigBrother-Bewohnerin Schmerzensgeld zahlen: "Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um"

von Prof. Niko Härting

30.08.2012

Das Model Ingrid Pavic erstritt 8.000 Euro vor dem LG Berlin, weil der Rapper sie beleidigt hatte. Gefordert hatte sie allerdings 100.000. Viel zu viel, bekundete das Gericht. Denn verständige Durchschnittsbürger könnten solche unsachlichen und überzogenen Äußerungen von Leuten wie Bushido unmöglich für bare Münze nehmen. Warum auch der zugesprochene Betrag noch viel zu hoch ist, erklärt Niko Härting.

8.000 Euro sind eine stattliche Summe. Es gab sie dafür, dass Bushido mit seinen Bemerkungen wohl keine sachliche Auseinandersetzung gesucht, sondern bewusst bösartig überspitzte Kritik geübt hatte (Urt. v. 13.08.2012, Az. 33 O 434/11).

Ein 18-jähriges Unfallopfer musste sich unlängst noch über zwei Instanzen ein Schmerzensgeld von 10.000 Euro erkämpfen. Dabei ging es nicht nur um "Zellulitiskörper" und andere Geschmacklosigkeiten, wie sie der Berliner Skandalrapper bei Twitter, Facebook und MySpace über die BigBrother-Insassin verbreitet hatte, sondern um eine im Kopf implantierte Metallplatte, Narben im Gesicht und dauerhafte Schlafstörungen (OLG München, Urt. v. 30.07.2010, Az. 10 U 2930/10).

Die BigBrother-Kandidatin wird mit dem Urteil dennoch nicht zufrieden sein. Sie hatte einen viel höheren Betrag eingeklagt – ein Schmerzensgeld von 100.000 Euro. Die Prozesskosten muss sie daher nun überwiegend selbst tragen. Das zugesprochene Schmerzensgeld dürfte gerade einmal ausreichen, um diese Ausgaben zu decken.

Kein zutiefst erschüttertes und gekränktes Opfer

"Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um", heißt es in der Bibel. Dieses Zitat gilt auch für das von Harald Schmidt einst so genannte "Unterschichtenfernsehen". Wer sich dem Voyeurismus des Publikums im BigBrother-Container aussetzt, darf sich nicht wundern, wenn er sich damit auch dem Spott der Twitter- und Facebook-Gemeinde aussetzt. Von einer schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung kann dort nicht ernsthaft die Rede sein, vor allem wenn man einen Vergleich mit dauerhaften Gesichtsnarben zieht. Das aber ist Grundvoraussetzung für jedwedes Schmerzensgeld.

Das LG Berlin hat sich gar nicht erst die Mühe gemacht, präzise zu begründen, weshalb es ein Schmerzensgeld von 8.000 Euro für geboten erachtet. Stattdessen findet man in dem Urteil lange Ausführungen dazu, weshalb der Klägerin keine noch höhere Entschädigung zusteht. Dabei verweist das Gericht unter anderem darauf, dass die geschmähte Kandidatin sich in Presse, Funk und Fernsehen ausgiebig zu dem Streit mit Bushido geäußert und munter alle Schmähungen wiederholt hat – ein Verhalten, das nicht zu einem zutiefst erschütterten und gekränkten Opfer passt.

Völlig unverständlich bleibt, wie die Anwälte der Kandidatin überhaupt auf die Idee kommen konnten, eine so völlig überhöhte Summe einzuklagen. Ein gründlicher Blick in den Palandt hätte genügt, um zu sehen, dass man auf diese Weise Kosten produziert, auf denen die eigene Mandantin mit erheblicher Wahrscheinlichkeit sitzen bleiben wird.

Der Autor Professor Niko Härting ist Partner bei Härting Rechtsanwälte in Berlin, Honorarprofessor an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR Berlin) sowie Lehrbeauftragter an der Freien Universität Berlin.

Zitiervorschlag

Niko Härting, Bushido muss BigBrother-Bewohnerin Schmerzensgeld zahlen: "Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um" . In: Legal Tribune Online, 30.08.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6962/ (abgerufen am: 26.03.2024 )

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