Sektoruntersuchung im Bereich Smart-TVs: Wie viel Daten­krake steckt drin?

von Dr. Sebastian Hack und Hendrik Müller

27.12.2017

Das BKartA hat kürzlich eine Sektoruntersuchung zu Smart-TVs eingeleitet - bereits die zweite Untersuchung dieser Art, seitdem die Behörde auch Verstöße gegen den Verbraucherschutz verfolgen darf. Von Sebastian Hack und Hendrik Müller.

Fast alle Fernsehgeräte, die heute über den Ladentisch gehen, sind intelligent und ermöglichen die Verwendung von Apps und Internet-TV über den Fernseher. Der Fernseher ist genauso wie das Mobiltelefon ein smarter Mini-Computer über den man seinen digitalen Alltag verwalten kann – soziale Netzwerke, Videos, Serien und Filme, Computer-Spiele, Nachrichten, Radio und Musik und Einkaufen.

Wegen der vielseitigen Nutzungsmöglichkeiten können die Hersteller umfangreiche Nutzerdaten erheben. Im Falle von Alexa und Google Home führten solche Möglichkeiten zu intensiven öffentlichen Diskussionen. Bei Smart-TVs ist den Nutzern offenbar wohl viel weniger bewusst, welche Daten erhoben werden und was mit diesen geschieht.

Dem möchte das Bundeskartellamt (BKartA) nun nachgehen und ermitteln, ob die Datengewinnung über Smart-TVs und die vertraglichen Bestimmungen der Hersteller mit geltendem Verbraucherschutz vereinbar sind. Auch im laufenden Facebook-Verfahren der Behörde spielt die Frage der Datengewinnung eine wesentliche Rolle. Dieses Verfahren führt das Kartellamt aber im Rahmen seiner kartellrechtlichen Kompetenzen. In der aktuellen Sektoruntersuchung zu den Smart-TVs steht derzeit hingegen kein Kartellrechtsvorwurf im Raum.

Allerdings ist zu beobachten, dass sich das BKartA seit der Kompetenzerweiterung bestimmten Themenkomplexen von mehreren Seiten nähert. So hat es sich schon verschiedentlich mit Online-Vergleichsplattformen im Rahmen von Kartell- und Fusionskontrollverfahren beschäftigt. Im Oktober dieses Jahres hat die Behörde dann auch eine Sektoruntersuchung zu diesen Plattformen im Hinblick auf mögliche Verstöße gegen Verbraucherschutzrechte eingeleitet.

Smart-TVs schon länger im Fokus

Doch schon vor der nun begonnenen Sektoruntersuchung befanden sich Smart-TVs im Fokus der Datenschützer. 2014 hat der Düsseldorfer Kreis – ein Gremium der Datenschutzaufsichtsbehörden für den nicht-öffentlichen Bereich – eine recht detaillierte "Orientierungshilfe zu den Datenschutzanforderungen an Smart-TV-Dienste" veröffentlicht. Im nachfolgenden Jahr hat das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht im Rahmen einer technischen Prüfaktion Smart-TV-Geräte von 13 Herstellern untersucht und teils gravierende Mängel festgestellt.

Die Nutzerdaten werden zum einen über die Nutzung des Webangebots gesammelt, etwa über Nutzeraccounts und Cookies. Zum anderen bietet ein Smart-TV in der Regel Schnittstellen wie Kamera und Mikrofon. Die Daten werden dann – je nach Einzelfall – an den Hersteller und/oder weitere Diensteanbieter weitergeleitet. Der Verantwortliche verarbeitet die so gewonnen Daten regelmäßig, um die Reichweite sowie den Erfolg des Angebots und einzelner Funktionen zu messen.

Zudem bieten die Daten eine geeignete Grundlage für Werbung, die auf die Zielperson maßgeschneidert ist, und den Werbekunden dadurch teurer verkauft werden kann. Dabei besteht stets die Gefahr, dass auch personenbezogene Daten gehandelt werden.

Wie es sein müsste: transparent, minimal, zweckgebunden

Im Hinblick auf Smart-TVs sind an Datenerhebungs- und Datenverarbeitungsprozesse insbesondere drei zentrale Anforderungen zu stellen:

1. Der  Nutzer muss über die Nutzung seiner Daten transparent informiert werden. Dazu genügt es nicht, dass ihm ein einziger langer Fließtext ohne Überschriften gezeigt wird, wie das LG Frankfurt in 2016 im Hinblick auf einen Smart-TV des Unternehmens Samsung festgestellt hat (LG Frankfurt, Urt. v. 10.06.2016, Az. 2-3 O 364/15);

2. Die Daten werden möglichst minimal erhoben, der Smart-TV sollte in seiner Grundeinstellung möglichst wenige Daten sammeln. Eine anonyme Nutzung des Smart-TVs muss zudem möglich bleiben – so die gemeinsame Position des Düsseldorfer Kreises und der Datenschutzbeauftragten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in 2014;

3. Daten werden nur erhoben und verarbeitet, wenn dies für den jeweiligen Zweck erforderlich ist. Die Erhebung und Verarbeitung von Daten für den Zweck maßgeschneiderter Werbung bedarf daher einer expliziten Einwilligung des Nutzers.

Das BKartA nutzt die neue Kompetenz im Verbraucherschutz also gezielt, um aktuelle Themenfelder wie Digitalisierung und Datenschutz zu untersuchen. Im Mittelpunkt steht dabei der Themenkomplex, nicht das Rechtsgebiet. So hat die Behörde bereits angekündigt, Allgemeine Geschäftsbedingungen, Datenschutz und Datensicherheit näher prüfen zu wollen. Außerdem sollen die Ergebnisse der Untersuchungen auch bei der Untersuchung des "Internet of Things" nutzen. Bis das BKartA seine Ergebnisse präsentiert, kann es allerdings noch eine Weile dauern -  Sektoruntersuchungen können einige Monate bis Jahre in Anspruch nehmen.

Dr. Sebastian Hack, LL.M. (London) ist Counsel und Kartellrechtsanwalt, Hendrik Müller IT-Anwalt im Kölner Büro von Osborne Clarke.

Zitiervorschlag

Dr. Sebastian Hack und Hendrik Müller, Sektoruntersuchung im Bereich Smart-TVs: Wie viel Datenkrake steckt drin? . In: Legal Tribune Online, 27.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26065/ (abgerufen am: 16.04.2024 )

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