Vorwürfe gegen Tebartz-van Elst: "Die Bischofsweihe kann er nie verlieren"

Interview mit Prof. Dr. Manfred Baldus

15.10.2013

Ihm werden die Verschwendung von Kirchenvermögen und eine Falschaussage vorgeworfen. Am Wochenende reiste der Limburger Bischof nun nach Rom, um sich im Vatikan den Vorwürfen zu stellen. Kirchenrechtler Manfred Baldus erwartet dennoch nicht, dass so schnell endgültig über die Zukunft von Tebartz-van Elst entschieden wird und erklärt, warum der Rücktritt eines Bischofs nicht erzwingbar sein kann.

LTO: Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat in der vergangenen Woche einen Strafbefehl gegen den Bischof Tebartz-van Elst beantragt wegen einer öffentlichen Falschaussage an Eides statt. Außerdem wird ihm vor allem vorgeworfen, Kirchenvermögen zu verschwenden. Die Kosten für den Bau des Bischofssitzes in Limburg sollen mittlerweile 30 Millionen Euro übersteigen. Verpflichtet das katholische Kirchenrecht Bischof Tebartz-van Elst zum Rücktritt?

Baldus: Nein. Ein Rücktritt, wie er jetzt in der Öffentlichkeit diskutiert wird, heißt kirchenrechtlich Amtsverzicht. Das bekannteste Beispiel aus jüngerer Zeit ist der Amtsverzicht des Bischofs Mixa aus Augsburg im Jahr 2010.

Nach Kanon 401 § 2 hat ein Bischof dem Papst seinen Amtsverzicht anzubieten, wenn er aus einem gesundheitlichen oder einem anderen schwerwiegenden Grund nicht mehr in der Lage ist, seine Amtsgeschäfte wahrzunehmen. Eine Verpflichtung, diesen Amtsverzicht anzubieten, besteht nicht.

Allerdings handelt es sich um eine nachdrückliche Bitte, einen gesetzlichen Appell an das Verantwortungsbewusstsein des einzelnen Bischofs. Das ist nicht erzwingbar und zwar weder vom Papst noch von irgendeinem Gremium.
Das Domkapitel (Anm. d. Red: Leitungskörperschaft der Bischofskirche) hat zwar das Bischofswahlrecht, aber nicht das Recht zur Abwahl. Es wird auch nicht ernsthaft diskutiert, die konkordatären Rechte diözesaner Gremien wesentlich zu verändern. Dagegen spricht schon die hierarchische Verfassung der Kirche.

Der Papst ist umgekehrt auch nicht verpflichtet, das Verzichtsangebot anzunehmen.

"Du sollst nicht lügen – keine Norm des kirchlichen Strafrechts"

LTO: Was ist ein schwerwiegender Grund, der einen Amtsverzicht in diesem Sinne gebietet?

Baldus: Umstände, die in der Person des Bischofs liegen und die ihn auf unabsehbare Zeit daran hindern, seine wesentlichen Aufgaben in der ihm anvertrauten Diözese  zuverlässig wahrzunehmen.

LTO: Was wären solche Umstände?

Baldus: Ein Bischof, der beispielsweise nicht mehr imstande ist, die wirtschaftlichen Belange des Bistums angemessen zu vertreten und seinen Kontrollaufgaben auf der Grundlage des geltenden kirchlichen Rechts nachzukommen.

LTO: Und wie sieht es mit einer strafrechtlichen Verurteilung aus? Dem Bischof wird ja eine öffentliche Falschaussage an Eides statt vorgeworfen, auch ein Untreuevorwurf soll nach neueren Medienmeldungen im Raum stehen.

Baldus: Kanon 416 erwähnt die Absetzung. Voraussetzung dafür ist nach Kanon 196 § 1 eine Straftat im Sinne des kirchlichen Strafrechts. Verstöße gegen das staatliche Strafrecht reichen nicht aus. Und im kirchlichen Strafrecht gibt es keine Norm, die beispielsweise dem Untreuetatbestand des Strafgesetzbuchs als Vermögensdelikt vergleichbar wäre.

LTO: Und was ist mit der mutmaßlichen Falschaussage, wegen der die Staatsanwaltschaft Hamburg einen Strafbefehl beantragt?

Baldus: Hier geht es nicht um eine Falschaussage vor einem kirchlichen Gericht.

LTO: Das Kirchenrecht kennt nicht das Gebot "Du sollst nicht lügen"?

Baldus: Das ist sicherlich ein biblisches Gebot, aber keine Norm des kirchlichen Strafrechts, die wiederum mit Sanktionen verknüpft werden kann. Übrigens gilt dies auch im weltlichen Recht. Lügen ist nur im Zusammenhang mit bestimmten Tatbeständen –zum Beispiel Betrug – strafbar.

LTO: Was passiert mit einem Bischof nach einem Amtsverzicht?

Baldus: Das steht allein zur Disposition des Papstes. Allerdings geht es ja nur um ein einziges Element des Bischofsstatus. Nämlich das Amt, das ein Bischof wahrnimmt. Ein Bischof ist der Inhaber der höchsten Stufe des Weihesakraments. Diese Bischofsweihe kann er nie verlieren. Verlierbar ist nur die damit verbundene Leitungsvollmacht etwa einer bestimmten Diözese.

Zitiervorschlag

Prof. Dr. Manfred Baldus, Vorwürfe gegen Tebartz-van Elst: "Die Bischofsweihe kann er nie verlieren" . In: Legal Tribune Online, 15.10.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9795/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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