BGH zu Sondertilgungsrecht bei Kreditverträgen: Kre­di­t­auflöse ohne Ablöse

von Dr. Jochen Strohmeyer

20.01.2016

Hat der Kunde ein Sondertilgungsrecht vereinbart, dann bleibt dieser Vorteil in aller Regel auch dann erhalten, wenn das Darlehen insgesamt vorzeitig beendet wird. Das entsprechende BGH-Urteil erklärt Jochen Strohmeyer.

Muss ein Kunde - etwa wegen der Veräußerung der Immobilie oder einer Scheidung - den Kreditvertrag vorzeitig kündigen, muss er nicht die volle Vorfälligkeitsentschädigung an die Bank zahlen. Das gilt zumindest dann, wenn er in dem Kreditvertrag Sondertilgungsrechte vereinbart hat, entschied der Bundesgerichtshof (BGH, Urt. v. 19.01.2016, Az. XI ZR 388/14).

Bei einem Sondertilgungsrecht hat der Kunde mit seiner Bank vereinbart, dass er bei einem durch eine Grundschuld oder Hypothek abgesicherten Darlehen mit einem festen Zinssatz über die Laufzeit zu gewissen Zeitpunkten einen Teil des Darlehens zurückzahlen darf, ohne der Bank für ihren damit verbundenen Zinsverlust eine Entschädigung zahlen zu müssen. Der BGH hatte zu entscheiden, ob die Vorfälligkeitsentschädigung bei einer solchen Vereinbarung auch dann entfällt, wenn der Kunde das gesamte Darlehen vorzeitig beendet und die komplette Summe zurückzahlt.

Entschädigung kann im sechsstelligen Bereich liegen

Sondertilgungsrechte bringen das Grundkonzept des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zu Immobilienfinanzierungen aus dem Gleichgewicht: Typischerweise vereinbaren Bank und Kunde in Deutschland – anders als in den meisten anderen Staaten - bei der Finanzierung von Immobilien über viele Jahre einen festen Zinssatz, meist für fünf, zehn oder 15 Jahre, das ist die so genannte Zinsfestschreibung.

Wird ein solches Darlehen seitens vollständig in Anspruch genommen und stellt der Kunde etwa nach einem Jahr fest, dass er das Darlehen nicht mehr bis zum Ende der Zinsfestschreibung bedienen kann, weil die Ehe auseinanderbricht, oder dass er es nicht mehr bedienen möchte, weil er das Objekt zu einem guten Preis veräußern kann, dann steht dem Kunden ein außerordentliches Kündigungsrecht vor. Allerdings muss er in diesem Fall als Kompensation für erwartete und aufgrund der vorzeitigen Kündigung nicht erwirtschaftete Zinserträge gem. § 490 Abs. 2 BGB der Bank eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung zahlen.

Eine solche Vorfälligkeitsentschädigung kann bei einer durchschnittlichen Immobilienfinanzierung bei für den Kunden ungünstigen Umständen durchaus einen sechsstelligen Betrag ausmachen. Grundsätzlich gilt: Je länger der Zeitraum bis zum Ende der eigentlichen Zinsfestschreibung und je größer der von der Bank erwartete Gewinn, desto höher ist die zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung.

Zitiervorschlag

Dr. Jochen Strohmeyer, BGH zu Sondertilgungsrecht bei Kreditverträgen: Kreditauflöse ohne Ablöse . In: Legal Tribune Online, 20.01.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18201/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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