Mails von geklautem Laptop: "Bild" durfte aus privater Politiker-Korrespondenz zitieren

von Martin W. Huff

01.10.2014

Auch wenn die Medien durch eine Straftat Dritter an private Informationen gelangen, dürfen sie diese publizieren, wenn sie einen hohen Öffentlichkeitswert haben. Dies musste sich der ehemalige brandenburgische Innenminister Rainer Speer am Dienstag vom BGH sagen lassen. Vor allem über die  Verletzungen seiner Unterhaltspflicht durfte Bild berichten. Keine Überraschung, meint Martin W. Huff.

Die Berichterstattung über E-Mails, welche der frühere Brandenburger Innenminister Rainer Speer (SPD) mit seiner Ex-Geliebten gewechselt hatte, hat im Jahr 2010 für viel Aufsehen und im Ergebnis für den Rücktritt des Ministers gesorgt. In den E-Mails beklagte sich die Frau und Mutter eines Kindes von Speer über fehlende Unterhaltszahlungen.

Besonders heikel daran war, dass die Frau vom Staat Unterhaltsvorschüsse erhielt, weil Speer seinen gesetzlichen Unterhaltspflichten nicht nachgekommen war und die Mutter auch seinen Namen nicht nannte, damit sich der Staat die Leistungen zurückholen konnte.

Die E-Mails, welche die Bild-Zeitung unter voller Namensnennung im September 2010 veröffentlichte, stammten von einem privaten Laptop des Ministers, der ihm 2009 gestohlen worden war. Der Mailverkehr war dem Axel Springer Verlag zugespielt worden, der an dem Abhandenkommen des Laptops nicht beteiligt war. 

BGH: Bild-Zeitung war an rechtswidriger Informationsbeschaffung nicht beteiligt

Das Landgericht Berlin hatte den Springer-Verlag, u.a. dazu verurteilt, es zu unterlassen, über Speers Verhältnis zur Kindsmutter, seine mögliche Vaterschaft und die daraus resultierenden Unterhaltspflichten zu berichten und den Inhalt einzelner E-Mails in direkter oder indirekter Rede zu verbreiten. Das Kammergericht hatte die Entscheidung bestätigt.

Der Bundesgerichtshof hat diese Entscheidungen am Dienstag aufgehoben (BGH, Urt.  v. 30.09.2014, Az. VI ZR 490/12). Der für den Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat hat die Auffassung vertreten, dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit das Interesse Speers am Schutz seiner Persönlichkeit überwiegt. Das gilt nach Ansicht der Bundesrichter auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die veröffentlichten Informationen von einem Dritten in rechtswidriger Weise beschafft worden waren.

Zwar greife eine Berichterstattung, die sich auf den Inhalt der zwischen dem Politiker und seiner damaligen Geliebten gewechselten E-Mails stützt, in dessen Vertraulichkeitssphäre und sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht schütze das Interesse des Kommunikationsteilnehmers daran, dass der Inhalt privater E-Mails nicht an die Öffentlichkeit gelangt.

Der Eingriff sei aber nicht rechtswidrig. Das von der Bild-Zeitung und dem Axel Springer Verlag verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungsfreiheit überwiegen Speers Interesse am Schutz seiner Persönlichkeit, obgleich die veröffentlichten Informationen von einem Dritten in rechtswidriger Weise beschafft worden sind. Bild habe sich die Informationen nicht rechtswidrig selbst beschafft, um diese zu publizieren. An diesem habe sie sich auch nicht beteiligt, sondern sei lediglich Nutznießerin eines fremden Bruchs der Vertraulichkeit gewesen, so der VI. Zivilsenat.

Zitiervorschlag

Martin W. Huff, Mails von geklautem Laptop: "Bild" durfte aus privater Politiker-Korrespondenz zitieren . In: Legal Tribune Online, 01.10.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13362/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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