Werbung ist auch in Autorespondern unzulässig, wenn der Empfänger ihr widersprochen hat. Generell verboten hat der BGH Werbung in Auto-Reply-Mails ausdrücklich nicht, erklärt Martin Schirmbacher. Aber vielleicht doch ihr Ende eingeläutet.
Nein, Autoresponder muss man nicht mögen. Im Gegenteil: Abwesenheitsnotizen per E-Mail sind meist schlecht geschrieben, helfen dem Empfänger nicht weiter und sind noch dazu häufig unzutreffend. Der BGH hat nun aber eine Autoresponder-Nachricht gar für rechtswidrig erklärt. Wer Abwesenheitsnotizen Werbung beifüge, greife in das Persönlichkeitsrecht des Empfängers jedenfalls dann ein, wenn der Empfänger zuvor bekundet hat, keine Werbung erhalten zu wollen, entschieden die Karlsruher Richter am Dienstag.
Gegenstand der Entscheidung war keine herkömmliche Abwesenheitsnotiz, sondern eine Standardeingangsbestätigung einer Versicherung per E-Mail. Diese war recht knapp und informierte kurz darüber, dass die Nachricht des Absenders eingegangen sei. Am Ende der Nachricht finden sich vier Zeilen, in denen auf einen Unwetterwarnservice per SMS und eine App der Versicherung hingewiesen wird.
Der Empfänger dieser automatisch generierten Nachricht beschwerte sich per E-Mail an die gleiche Adresse über die in der Autoresponder-Nachricht enthaltene Werbung - und erhielt erneut eine Eingangsbestätigung mit identischer Werbung.
Daraufhin nahm er die Versicherung auf Unterlassung in Anspruch. Das Amtsgericht gab seiner Klage wegen eines Eingriffs in sein Persönlichkeitsrecht statt, das Berufungsgericht wies diese ab. Der BGH hat das Berufungsurteil nun aufgehoben und der Unterlassungsklage stattgegeben.
Was der BGH entschieden hat: Widerspruch macht Werbung rechtswidrig
Nach allem, was bisher bekannt ist, macht es sich der BGH einfach: Der Kläger hatte insgesamt drei identische automatisierte Nachrichten enthalten. Jedenfalls die letzte, so die Karlsruher Richter, sei rechtswidrig. Und zwar, weil der Empfänger explizit geäußert hat, keine weitere Werbung erhalten zu wollen (BGH, Urt. v. 15.12.2015, Az. VI ZR 134/15).
Wie der u.a. für das Recht der unerlaubten Handlungen zuständige VI. Zivilsenat die im Rahmen von § 823 Bürgerliches Gesetzbuch notwendige Interessenabwägung vorgenommen hat, wird sich erst aus den Urteilsgründen ergeben. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Empfänger ein Interesse an der Eingangsbestätigung hat. So kann er beispielsweise einen womöglich notwendigen Zugangsnachweis führen.
Offenbar haben die Bundesrichter sich vor allem darauf gestützt, dass der Kläger dem weiteren Erhalt von Werbung per E-Mail explizit widersprochen hatte. Ob sie erörtert haben, dass der Empfänger die letzte Autoresponder-Nachricht, auf die sich die Klage stützt, ja selbst provoziert (und damit eingewilligt) hat, werden ebenfalls erst die Urteilsgründe zeigen.
Und was nicht: Werbung in Autoresponder immer unzulässig?
Ob schon die erste Reply-Nachricht wegen der darin enthaltenen Werbung unzulässig war, hat der Senat dagegen – entgegen anders lautenden Medien-Meldungen - nicht entschieden. Es wäre auch schwierig, das anzunehmen, wenn die Nachricht als solche zulässig ist. Die Hauptargumente, welche die Gerichte einst dazu bewegt haben, werbende E-Mails als Eingriff in das Persönlichkeitsrecht zu sehen, greifen beim Autoresponder, der nur um ein paar Zeilen ergänzt wurde, nicht.
Aussortieren und lesen muss der Empfänger die (zulässige) Nachricht ohnehin. Speicherplatz und Bandbreite bedarf es sowieso, daran ändern vier hinzugefügte Zeilen nichts. Eine massenhafte Aussendung, deren Anfängen es zu wehren gilt, gibt es ebenfalls nicht, weil die Nachrichten gerade nicht massenhaft, sondern nur anlassbezogen (nämlich als Antwort auf eine Mail des Empfängers) im Einzelfall verschickt werden.
2/2: Dennoch das Aus für Werbung in Autoreplys?
Wie der Sachverhalt zeigt, sind Werbewidersprüche schnell erklärt. Unternehmen können Werbung in Autoresponder daher zukünftig nur noch dann aufnehmen, wenn sie solche Widersprüche auch schnell technisch berücksichtigen können.
Wer widerspricht, muss auf eine Blacklist, so dass weitere Eingangsbestätigungen, die auch Werbung enthalten, an diese Adresse nicht mehr verschickt werden. Lässt sich dies technisch nicht umsetzen, muss auf Werbung in automatischen Nachrichten ganz verzichtet werden. Immerhin stützt sich der BGH aber nur auf die letzte Nachricht und lässt eine Umsetzungszeit womöglich zu.
Das Ergebnis der Entscheidung des BGH könnte einem faktischen Verbot also recht nahe kommen, auch wenn der BGH keine generelle Aussage zur Zulässigkeit von Werbung in Autoresponder-Mails getroffen hat.
Das Ende der E-Mail-Signatur mit Link?
Hielte man schon generell die Hinzufügung von Werbung zu zulässigen Mails für einwilligungsbedürftig, hätte das gravierende Folgen für alle E-Mails. Der Werbebegriff wird bekanntlich weit verstanden und meint jede Äußerung mit dem Ziel, den Produktabsatz zu fördern. Dabei genügt es nach verbreiteter Auffassung, dass dieser auch nur mittelbar gefördert werden soll.
Unter Werbung fällt damit nicht nur ein konkretes zusätzliches Warenangebot („Kunden, die dieses Produkt kauften, interessierten sich auch für“), sondern letztlich jede weitere Information über das sendende Unternehmen, die nicht durch den eigentlichen Inhalt der Nachricht indiziert ist.
So wäre schon ein zusätzlicher Veranstaltungshinweis eines Rechtsanwalts in einer an einen Mandanten gerichteten Nachricht Werbung, weil die Veranstaltung im Zweifel der Absatzförderung dient. Selbst ein Hinweis auf die Facebook-Seite eines Unternehmens geschieht letztlich, um dem Empfänger mehr über das betreffende Unternehmen mitzuteilen und damit mittelbar den Absatz zu fördern. Sogar der obligatorische Link auf die eigene Website in der Signatur jeder unternehmerischen E-Mail wäre dann problematisch. Mittelbar dient er schließlich der Förderung des Absatzes, weil der Empfänger mehr über den Absender erfahren können soll.
Erst die Gründe der Karlsruher Entscheidung werden zeigen, ob die Erwägungen des VI. Zivilsenats vom I. Senat auf einen UWG-Sachverhalt übernommen werden würden. Schon jetzt ist aber klar, dass das Urteil gravierende Folgen für den Versand von E-Mails haben wird. Schlecht formulierte Abwesenheitsnotizen sind da das kleinere Übel.
Dr. Martin Schirmbacher ist Fachanwalt für IT-Recht bei HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin. Er berät Mandanten im E-Commerce und bei Softwareverträgen. Er ist Autor des Buches Online-Marketing Recht und kommentiert unter anderem das Fernabsatzrecht und das UWG in Spindler/Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien.
Dr. Martin Schirmbacher, BGH zu Werbung in Autorespondern: Droht jetzt eine Abmahnung für die E-Mail-Signatur? . In: Legal Tribune Online, 16.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17885/ (abgerufen am: 25.04.2024 )
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