BGH zu Mieterrechten: Der qualvolle Tod der Schönheitsreparaturklausel

von Dominik Schüller

19.03.2015

2/2: Mit den Klauseln ging es bergab

Spätestens ab 2004 ging es daher bergab mit den Schönheitsreparaturklauseln. Mit Urteil vom 23. Juni 2004 (Az. VIII ZR 361/04) entschied der BGH, dass die nach einem starren Fristenplan auferlegte Pflicht zur Ausführung von Schönheitsreparaturen den Mieter unangemessen benachteilige und daher nach § 307 BGB unwirksam sei.

Es folgten weitere Entscheidungen, in deren Mittelpunkt  im Regelfall die aus dem AGB-Recht stammende "unangemessene Benachteiligung" stand. Die gesamte BGH-Rechtsprechung zur Frage der Übernahme von Schönheitsreparaturen oder ihren Kosten lässt sich im Grundsatz auf diesen Begriff reduzieren. Es liegt auf der Hand, dass diesem eine Wertungsentscheidung innewohnt.

Das erklärt auch die Vielzahl an Entscheidungen, die der BGH in den vergangenen zehn Jahren zu dieser Thematik zu treffen hatte. Die Bundesrichter entscheiden stets nur über eine konkrete Klausel und einen konkreten Sachverhalt. Die sprachlichen Variationen, aber auch die tatsächlichen Umstände eines Mietvertrages sind jedoch so vielfältig, dass die sich ergebenden juristischen Fragen nicht mit einer einzigen Entscheidung abgedeckt werden können.

Daran werden auch die Entscheidungen des BGH vom Donnerstag nichts ändern. Vielmehr geht auch der Vorsitzende des Deutschen Mietgerichtstages, Ulf Börstinghaus, davon aus, dass sich aus den Karlsruher Entscheidungen neue Rechtsfragen ergeben, welche die Gerichte aller Instanzen in den kommenden Jahren beschäftigen werden.

Unrenoviert bleibt unrenoviert

Wird dem Mieter eine unrenovierte Wohnung übergeben, sodass er sie beim Einzug nach seinen Vorstellungen renovieren kann, konnte er bislang beim Auszug zu einer zweiten Renovierung verpflichtet werden. Denn in seiner 1987-er Entscheidung hatte der BGH festgestellt, dass auch bei unrenovierten Wohnungen eine formularmäßige Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter wirksam sei, wenn die Renovierungsfristen mit dem Anfang des Mietverhältnisses beginnen.

Lange schon wurde es als Problem angesehen, dass der Vermieter hierdurch im Vergleich zur gesetzlichen Ausgangslage deutlich bevorteilt wird. Seit Mittwoch hält auch der VIII. Zivilsenat des BGH nicht länger an dieser Rechtsprechung fest. Eine solche Klausel verpflichte den Mieter zumindest theoretisch auch zur Beseitigung von Gebrauchsspuren des Vormieters. Zudem führe ihre kundenfeindlichste Interpretation dazu, dass der Mieter die Wohnung vorzeitig renovieren oder sogar in einem besseren Zustand zurückgeben müsste, als er sie vom Vermieter erhalten habe, so der BGH.

Bei unrenoviert übergebenen Wohnungen hat der Vermieter daher in Zukunft auch lediglich einen Anspruch auf Rückgabe einer unrenovierten Wohnung (BGH, Urt. v. 18.03.2015, Az. VIII ZR 185/14 sowie VIII ZR 242/13). Dabei hat der BGH auch berücksichtigt, dass sich in der Praxis kaum feststellen lässt, zu welchem Anteil Abnutzungen dem Vormieter und zu welchem Anteil dem neuen Mieter zuzuordnen sind.

Renoviert oder nicht renoviert?

Gelöst ist der Konflikt damit in der Praxis jedoch nicht: In vielen Fällen wird man sich streiten, ob eine Wohnung zu Beginn renoviert war oder nicht. Hier liegt der Teufel – wie üblich – im Detail. Wegen dieser vom Mieter zu beweisenden Frage hat der BGH eines der gestrigen Verfahren wieder zum Berufungsgericht zurück verwiesen (Az. VIII ZR 242/13).

Auch die vielfach zu lesene Mietvertragskausel, die Wohnung sei bei Übergabe "in renoviertem Zustand" gewesen, ist nicht unwiderleglich. Wenn sie tatsächlich nicht renoviert war, kann der Mieter dies immer noch beweisen. Insbesondere bei einem Eigentümer- und Vermieterwechsel wird letzterer schlechte Karten haben, wenn der Mieter einen Zeugen präsentieren kann.

Nach den Entscheidungen des BGH werden die Vermieter also in vielen Fällen auf ihren Renovierungskosten sitzen bleiben. Denn an bereits abgeschlossenen Mietverträgen lässt sich nichts mehr ändern - einen Mietvertragsänderungsanspruch hat der BGH für frei finanzierten Wohnraum bereits verneint.

Der Spielraum für Vermieter wird immer enger

Auch in Zukunft wird es für eine Vielzahl von Fallgestaltungen in der Praxis nur noch schwer möglich sein, die Schönheitsreparaturen auf den Mieter abzuwälzen. Vermieter werden daher dazu übergehen, eher renovierte Wohnungen zu vermieten und mit einer – weiterhin möglichen – Klausel die zukünftigen Schönheitsreparaturen nach Abnutzungsgrad auf die Mieter zu verlagern.

Ob sich dadurch höhere Mieten durchsetzen lassen werden, hängt vom Markt ab. Die "Mietpreisbremse" ist insoweit eher hinderlich – vor allem in Ballungsgebieten.

Offen bleibt die Frage, welche Auswirkungen es hat, wenn die Wohnung zwar unrenoviert übergeben wird, der Mieter jedoch eine gewisse Zeit für die Renovierung mietfrei wohnt. Das gilt umso mehr, als der BGH es auch am Donnerstag explizit für möglich erklärte, einen angemessenen Ausgleich zu vereinbaren. Wie der aussieht, bleibt allerdings offen. Es wird daher vermutlich nicht die letzte Entscheidung aus Karlsruhe zu Schönheitsreparaturklauseln gewesen sein, auch wenn nach 10-jähriger Beschäftigung gewisse Ermüdungserscheinungen zu diesem Thema eingetreten sein dürften.

Der Autor Dominik Schüller ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in der Immobilienrechtskanzlei SAWAL Rechtsanwälte & Notar in Berlin und twittert zu immobilienrechtlichen Fragen unter https://twitter.com/ra_schueller.

Zitiervorschlag

Dominik Schüller, BGH zu Mieterrechten: Der qualvolle Tod der Schönheitsreparaturklausel . In: Legal Tribune Online, 19.03.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14996/ (abgerufen am: 19.03.2024 )

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