Verfassungsbeschwerden gegen den ESM: Die Befangenheitsanträge werden nichts ändern

von Prof. Dr. Rüdiger Zuck

07.09.2012

Befangenheitsanträge sind verfahrensbezogen

Im einstweiligen Anordnungsverfahren über die anhängigen Beschwerden hat Karlsruhe mündlich verhandelt. Hassel-Reusing, hätte, wenn sie an diesem Verfahren beteiligt war, was wegen der Rückstellung ihrer Verfassungsbeschwerde unwahrscheinlich ist, ihren Ablehnungsantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung stellen müssen. Das ist aber ebenso wenig geschehen wie ein anderer der Kläger im anhängigen Verfahren, ein solches Ablehnungsgesuch fristgerecht angebracht hätte.

Im Verfassungsbeschwerdeverfahren selbst kann Hassel-Reusing zwar einen Befangenheitsantrag stellen. Er läuft aber leer, weil ihr Verfahren nicht bearbeitet wird. Da Befangenheitsanträge verfahrensbezogen sind, ist der von ihr gestellte Antrag ohne jeden Einfluss auf die anderen anhängigen Verfahren. Er berührt infolgedessen auch die am 12. September zu treffende Entscheidung des BVerfG im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht.

Auch in der Sache keine Chance für die Befangenheitsanträge

Auch ein Befangenheitsantrag aus den Reihen der Kläger in diesem Verfahren, dessen Eingang die Sprecherin des BVerfG am Donnerstag gegenüber der Agentur Reuters bestätigte, entspricht mit den bislang bekannten Argumenten nicht den Vorgaben der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung.

Vereins-, Partei- oder Kirchenmitgliedschaften hat das BVerfG bislang nie als Befangenheitsgründe angesehen (siehe etwa den Fall Böckenförde, BVerfG, Urt. v. 02.12.1992, Az. 2 BvF 2/90). Das gilt erst recht für die Mitherausgeberschaft von Büchern. Insoweit fehlt jeder konkrete Bezug zum aktuellen Streitfall.

Das alles könnte nur dann anders gesehen werden, wenn der Verein "Mehr Demokratie e.V." sich im Hinblick auf ein anhängiges Verfahren geäußert und Peter Huber diese Äußerung in einer Art und Weise unterstützt hätte, die ihn dann als nicht mehr zugänglich für Überprüfungsargumente erscheinen ließe.

Dafür taugen die Aussagen des Berichterstatters jedoch überhaupt nicht. Sie liegen lange vor dem jetzigen Verfahren. Sie beziehen sich auf eine völlig andere Fragestellung und können auch nur im Wege einer ziemlich willkürlichen Auslegung als Forderung nach einem Volksentscheid verstanden werden.

Insgesamt übersiehen die Befangenheitsanträge, dass die Rechtsprechung des BVerfG zu Ablehnungsgesuchen von der Grundthese getragen wird, Richterinnen und Richter des BVerfG seien dem öffentlichen Leben zugeordnet. Die damit verbundenen Äußerungen begründeten deshalb grundsätzlich keine Befangenheit. Befangenheitsanträge wie der von Frau Hassel-Reusing sollte deshalb – bei allem Verständnis – in der Laiensphäre bleiben, aus der sie stammen.

Der Autor Rechtsanwalt Prof. Dr. Rüdiger Zuck ist Partner der Anwaltskanzlei Zuck in Stuttgart und Autor zahlreicher Veröffentlichungen zum Thema Verfassungsbeschwerde. Er ist zudem Alleinautor eines Kommentars zum Bundesverfassungsgerichtsgesetz.

Zitiervorschlag

Prof. Dr. Rüdiger Zuck, Verfassungsbeschwerden gegen den ESM: Die Befangenheitsanträge werden nichts ändern . In: Legal Tribune Online, 07.09.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7023/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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