Viele Firmen nutzen ihre Website oder soziale Medien, um sich und ihre Produkte potenziellen Kunden oder Bewerbern zu präsentieren. Was aber, wenn ein Imagefilm Aufnahmen von Arbeitnehmern enthält – und die dann auch noch kündigen? Darüber hatte das BAG am Donnerstag zu entscheiden. Und hat das recht weise gemacht, findet Christian Oberwetter.
Mit dem Arbeitsverhältnis ist es wie mit einer Beziehung: Solange sie besteht, ist man bereit, einiges dafür zu tun. Nach dem Ende sieht man die Welt mit anderen Augen und nicht wenige holen noch einmal aus, um beim ehemaligen Partner bestehende Ansprüche einzufordern oder um einfach nur Schwierigkeiten zu machen – es kommt darauf an, aus welchem Blickwinkel man es betrachtet.
Im Jahre 2008 hatte ein Unternehmen aus dem Bereich Kälte- und Klimatechnik einen Werbefilm über das Unternehmen mit einer Länge von fünf Minuten gedreht, auf welchem ein als Monteur beschäftigter Mitarbeiter in zwei Sekundensequenzen zu sehen war. Der Arbeitnehmer hatte wie weitere 31 Mitarbeiter schriftlich seine Einwilligung zur Verwendung des Films zu Werbezwecken erteilt. Der Film wurde dann auf die Unternehmenswebsite gestellt.
Nach Ausscheiden aus dem Unternehmen im Jahre 2011 forderte der Monteur die Kälte- und Klimatechniker auf, das Video von der Homepage zu entfernen und widerrief eine möglicherweise erteilte Einwilligung. Die Firma knickte halb ein und entfernte das Video von der Website, behielt sich aber vor, es wieder einzustellen. Der ehemalige Mitarbeiter zog vor Gericht und forderte von der Firma die Unterlassung der Nutzung des Videos sowie ein Schmerzensgeld von drei Monatsgehältern für die unberechtigte Nutzung über das Ende seines Beschäftigungsverhältnisses hinaus.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) überzeugte er damit ebenso wenig wie die Vorinstanzen. Ist ein Arbeitnehmer in einem Werbevideo des Arbeitgebers zu sehen und hat er schriftlich darin eingewilligt, dass der Arbeitgeber dieses im Rahmen seiner Öffentlichkeitsarbeit verwenden und ausstrahlen darf, so erlischt diese Befugnis nicht automatisch mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Will der Beschäftigte die weitere Nutzung verhindern, so muss er seine Einwilligung widerrufen. Für den Widerruf muss jedoch ein plausibler Grund vorliegen, so die Erfurter Richter am Donnerstag (BAG, Urt.v.19.02.2015, Az. 8 AZR 1011/13).
BAG: Schriftliche Einwilligung nur ausnahmsweise widerrufbar
Der Monteur vertrat die Auffassung, dass seine etwaig erteilte Einwilligung nicht über sein Ausscheiden hinaus gelte, denn diese habe er als Arbeitnehmer des Unternehmens erteilt und nicht als Privatperson. In jedem Fall habe er sie nach Ende des Jobs widerrufen können, denn es sei das legitime Interesse eines Arbeitnehmers, nach dem Ausscheiden aus einer Firma nicht mehr mit dem Arbeitgeber in Zusammenhang gebracht zu werden.
Das BAG sah das anders. Zwar setze die Veröffentlichung von Bildaufnahmen nach § 22 Kunsturheberrechtsgesetz (KUG) die Einwilligung des Beschäftigten voraus (Recht am eigenen Bild). Diese Einwilligung sei jedoch schriftlich erteilt worden und daher auch bei Berücksichtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts des Mitarbeiters nicht zu beanstanden.
Die Einwilligungserklärung gilt nach Ansicht des 8. Senats auch über das Ende des Beschäftigungsverhältnisses hinaus fort, da sie keine Begrenzung der Veröffentlichung auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses enthalte. Ein Widerruf der Einwilligung sei zwar möglich, der Beschäftigte hätte jedoch einen plausiblen Grund angeben müssen, warum er mit der weiteren Veröffentlichung nicht mehr einverstanden sei. Daran fehle es, so die Erfurter Richter.
2/2: Widerruf nur mit plausiblem Grund
Das BAG hat die Interessen des Unternehmens angemessen mit dem Persönlichkeitsrecht des ehemaligen Mitarbeiters abgewogen. Der Sekundenauftritt des Monteurs dienste nur Illustrationszwecken, die Persönlichkeit des Arbeitnehmers wurde nicht in den Vordergrund gestellt. Daher konnte der ehemalige Mitarbeiter nicht davon ausgehen, dass die Verwendungsrechte seines Arbeitgebers nach Ausscheiden aus dem Unternehmen enden würden.
Sähe man das anders, wären Werbevideos mit Mitarbeitern faktisch nicht mehr möglich, da Mitarbeiterfluktuation heutige Unternehmensrealität ist.
Daher sind auch an einen Widerruf hohe Anforderungen zu stellen, ein ehemaliger Arbeitnehmer muss darlegen, warum seine einmal erteilte Einwilligung keinen Bestand mehr haben soll. Das Argument, nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses nicht mehr mit dem Arbeitgeber in Verbindung gebracht werden zu wollen, reicht nicht. Denkbar wären Fälle eines Gesinnungswandels, z.B. der ehemalige Soldat, der nun Pazifist geworden ist und nicht mehr in Werbefilmen der Streitkräfte posieren möchte.
Einwilligungserklärungen müssen klar und informativ sein
Die Entscheidung des BAG darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Veröffentlichung von Videos oder Fotos mit Mitarbeitern auf der Unternehmenswebsite oder in sozialen Netzwerken ein Minenfeld ist.
So hat das Landesarbeitsgericht Hessen eine Anwaltskanzlei verurteilt, das Foto einer ehemaligen Mitarbeiterin von der Firmenwebsite zu entfernen, obwohl diese bei Beginn des Arbeitsverhältnisses ihre Einwilligung erteilt hatte und der Eintrag unter der fortlaufenden Rubrik "News" zu finden war, auf der neue Mitarbeiter vorgestellt wurden (LAG Hessen, Urt. v. 24.01.2012, 19 SaGa 1480/11).
Unternehmen kann nur geraten werden, sich für jeden Fall von den gefilmten oder fotografierten Arbeitnehmern eine Einwilligungserklärung geben zu lassen, in welcher sowohl Zweck und beabsichtigte Verwendung der Aufnahmen als auch die Dauer der Veröffentlichung genau niedergelegt sind. Unklare Einwilligungen gehen zu Lasten des Unternehmens und laden zu Klagen von Mitarbeitern ein. Und die hat man als Ex-Arbeitgeber schließlich fast ebenso ungern wie als Ex-Ehepartner.
Der Autor Christian Oberwetter, Rechtsanwalt und Maître en droit, ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und IT-Recht in Berlin und Hamburg.
Christian Oberwetter, BAG lehnt Widerruf der Einwilligung ab: Arbeitgeber darf Bilder von Ex-Mitarbeitern weiter nutzen . In: Legal Tribune Online, 20.02.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14754/ (abgerufen am: 29.03.2024 )
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