BAG zu Telefon- und Internetanschluss für Betriebsrat: Angst vor Kon­trolle reicht nicht

von Christian Oberwetter

21.04.2016

Ein Betriebsrat hat natürlich einen Anspruch auf Telefon und Internet. Die Anschlüsse müssen aber nicht getrennt von der Unternehmenskommunikation sein. Das BAG-Urteil von MIttwoch erklärt Christian Oberwetter.

Ein Betriebsrat hat keinen Anspruch auf einen separaten Telefonanschluss und Internetzugang. Auch nicht, wenn die Mitglieder des Gremiums Sorge haben, von der Geschäftsführung kontrolliert zu werden. Eine abstrakte Möglichkeit der Überwachung reicht für einen solchen Anspruch nicht aus, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Mittwoch entschieden (Beschl. v. 20.04.2016, Az. 7 ABR 50-14).

Ein Betriebsrat in Niedersachsen besaß kein großes Vertrauen in die Rechtstreue der Geschäftsführung. Einen Telefon-Nebenstellenanschluss und Zugriff auf das Internet hatte der Betriebsrat bereits. Offenbar war das Misstrauen gegenüber der Führungsriege jedoch erheblich. Aus Angst vor möglicher Überwachung forderte der Betriebsrat einen eigenen Telefon- und Internetanschluss, der unabhängig von der betrieblichen Kommunikationstechnik sein sollte. Für ein solches Verlangen sah das BAG keine Grundlage.

Pflicht zur Ausstattung mit Kommunikationstechnik

Ein Unternehmen ist verpflichtet, den Betriebsrat mit den Mitteln auszustatten, die dieser für seine Arbeit benötigt. Nach § 40 Abs.2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) besitzt der Betriebsrat das Recht, bei der Geschäftsleitung notwendige Informations- und Kommunikationstechnik anzufordern. Dazu gehört auch die Ausstattung des Betriebsratsbüros mit Telefon- und Internetzugang (BAG, Beschl.v.14.07.2010, Az.7 ABR 80/08).

Die Richter entschieden, das Unternehmen habe mit dem Nebenstellenanschluss und dem Internetzugang dem Betriebsrat die erforderliche Kommunikationstechnik bereits zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus rechtfertige die rein abstrakte Möglichkeit der Überwachung der Kommunikation keinen Anspruch auf einen separaten Telefon- und Internetanschluss.

Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit

Die Entscheidung des BAG ist in jeder Hinsicht nachvollziehbar. Unbestritten bietet moderne Kommunikationstechnik wie softwaregestützte Telefonanlagen oder Internet- und E-Mail Nutzung Unternehmen neben wirtschaftlichen Vorteilen die Möglichkeit, ihre Beschäftigten zu überwachen. Zutreffend bietet die Abkoppelung von solcher Technik den sichersten Schutz vor unzulässiger Ausforschung.

Das Betriebsverfassungsrecht fußt jedoch auf dem in § 2 Abs.1 BetrVG niedergelegten Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Ein Generalverdacht der Überwachung gegenüber der Geschäftsführung steht nicht in Einklang zu diesem Grundsatz. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat angeboten hatte, das Verbot jeglicher Überwachung in einer Betriebsvereinbarung zu fixieren.

Bei einem Verstoß gegen eine solche Vereinbarung wäre es dem Betriebsrat unbenommen gewesen, im Rahmen seiner betriebsverfassungsrechtlich verankerten Befugnisse tätig zu werden. Einer unzulässigen Überwachung könnte der Betriebsrat gemäß § 23 Abs.3 BetrVG mit einem Ordnungsgeldverfahren gegen das Unternehmen begegnen. Beim Abhören von Gesprächen läge zudem eine Strafbarkeit des Arbeitgebers gemäß §§ 88 Telekommunikationsgesetz, 206 Strafgesetzbuch vor, bei dem Mitschneiden von Verbindungsdaten handelte es sich um datenschutzrechtliche Verstöße.

Letztlich sind auch die Sicherheitsinteressen des Unternehmens zu berücksichtigen, da mit der Zur-Verfügung-Stellung eines separaten Anschlusses der Möglichkeit von „Datenleaks“ Tür und Tor geöffnet würde. Die die E-Mail-Kommunikation zwischen den Betriebsparteien würde nicht mehr per Intranet erfolgen, sondern über das Internet. Einen Anspruch des Betriebsrats auf einen unabhängigen Anschluss kann es nur bei dem Nachweis oder dem begründeten Verdacht von Überwachung geben. Im Verhältnis von Unternehmen und Betriebsrat sollte man die (abgewandelte) Weisheit anwenden: Kontrolle ist gut; Vertrauen ist besser.

Der Autor Christian Oberwetter, Rechtsanwalt und Maître en droit, ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und IT-Recht in Berlin und Hamburg.

Zitiervorschlag

Christian Oberwetter, BAG zu Telefon- und Internetanschluss für Betriebsrat: Angst vor Kontrolle reicht nicht . In: Legal Tribune Online, 21.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19163/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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