iPad-Alternativen: Es muss nicht immer Apple sein

Witold Pryjda

23.04.2010

Die Spannung vor Erscheinen des iPads war groß. Nun ist Apples schicker Finger-Computer, der Internet, E-Books, Musik und Filme abspielen kann, zumindest in den USA auf dem Markt. Inzwischen schläft die Konkurrenz nicht und entwickelt eigene Tablet-Rechner. Einige sind schlichte Kopien, andere bringen eigene Ideen mit. 

Wie so oft kann man vor der Marketing-Abteilung von Apple nur den Hut ziehen: Wochenlang hielt das Unternehmen die iPad-Euphorie am Kochen – und das obwohl zunächst keiner sagen konnte, ob Apples per Finger bedienbare Multimediaflunder, diese Mischung aus Smartphone und Laptop, tatsächlich nützlich und sinnvoll ist. Der "Habenwollen"-Faktor zählte.

Ostersamstag hatte der iPad dann seinen langersehnten Markteintritt in den USA. Allein in der ersten Verkaufswoche gingen rund 500.000 Stück des Tablet-Computers über die Ladentheke. Das iPad kann gar nicht so schnell geliefert werden, wie es die Käufer haben möchten. Der Verkaufsstart außerhalb der USA wurde bereits von Ende April auf Ende Mai verschoben. 

Laut Berechnungen von Analysten soll Apple im ersten halben Jahr etwa fünf Millionen iPads absetzen. Alles deutet auf einen Erfolg hin, es gibt aber wohl etliche potenzielle Kunden, die mit einem Kauf noch zögern, weil Langzeiterfahrungen fehlen. Vielleicht warten sie auch auf die Konkurrenz, die in naher Zukunft ähnliche tragbare Rechner herausbringen will, die durchaus interessant sind.

Microsofts "digitales Tagebuch" mit Gestensteuerung

Allen voran Microsoft: Der Redmonder Konzern ist ein alter Bekannter in Sachen Tablet-PC. Seit Jahren versucht er, digitale Notizbücher bzw. die passende Software salonfähig zu machen - bloß kaufen wollte sie bisher niemand. Jetzt scheint ausgerechnet Erzfeind Apple dem Konzept zum Durchbruch zu verhelfen.

Microsoft entwickelt gleich zweigleisig. Zum einen soll das bestens aufgenommene Windows 7 auch auf Tablet-Computern von Drittanbietern, etwa dem Slate von HP, als Betriebssystem zum Einsatz kommen. Zum anderen - und das ist das wesentlich spannendere Projekt - entwickelt Microsoft den "Courier". Das Gerät besitzt zwei vertikale Bildschirme und wird wie ein Buch gehalten. Die Positionierung als E-Reader ist da natürlich offensichtlich.

Doch Microsoft will mehr: Bedient wird das "digitale Tagebuch" durch Gestensteuerung, aber auch per Stift. Statt eine Tastatur einzublenden wird mit Handschrifterkennung gearbeitet. Die ersten Videos sehen vielversprechend aus, vor allem was Zeit- und Projektmanagement betrifft. Man schreibt wie auf Papier, kann die Einträge aber kopieren, bearbeiten und sie via Web für andere Nutzer freischalten.

HP Slate ist Netbook ohne Tastatur

Wo Apple und Microsoft am Werk sind, darf Google nicht fehlen. Ein eigenes Gerät ist vom Suchmaschinenriesen aber nicht zu erwarten. Nachdem sich das neue Google-Handy Nexus One in den USA nur schleppend verkauft, dürfte man künftig etwas zurückhaltender sein. Was aber nicht bedeutet, dass Tablet-Rechner kein Thema sind. Analog zum erfolgreichen Handy-Betriebssystem Android entwickelt Google gerade "Chromium", das die Software-Basis für künftige Modelle darstellen soll.

In direkte Konkurrenz zum iPad tritt derzeit vor allem HP: Der Slate mit Windows 7 soll im Sommer auf den Markt kommen, unbestätigten Meldungen zufolge zum Preis von 400 Euro. Die anvisierte Zielgruppe dürfte sich mit jener von Apple decken: Der HP Slate wird als multimediales Lifestyle-Gerät positioniert. Besonders gerne hebt HP die Tatsache hervor, dass Slate (im Gegensatz zum iPad) Flash abspielt und der User somit Zugang zum "ganzen Internet" habe.

Ein nicht unberechtigter Seitenhieb, allerdings wird HP nur schwer leugnen können, dass das Gerät im Grunde ein Netbook ohne Tastatur ist. Nicht automatisch ein Nachteil: Ein Windows-Tablet hat zwar kein maßgeschneidertes Betriebssystem, dafür laufen darauf aber alle Programme, die man auf dem Desktop-Rechner nutzt.

Deutsche Firma setzt auf das WePad

Auch ein deutscher Hersteller will etwas vom Apfelkuchen abhaben: Die Berliner Firma Neofonie GmbH will eine eigene Tablet-Variante auf den Markt bringen. Dass man sich am Apple-Vorbild orientiert, verrät schon der Name: Das Gerät heißt WePad. Es ist deutlich größer, das Display misst 11,7 Zoll (iPad: 9,7 Zoll). Als Betriebssystem dient ein angepasstes Linux, das mit Android-Anwendungen kompatibel ist und somit auch Zugang zum Google Marketplace für Apps bietet.

Ursprünglich hatte Neofonie angekündigt, mit dem WePad auf den Markt zu kommen, bevor die ersten iPads in Deutschland ausgeliefert werden. Doch es ist zweifelhaft, ob daraus etwas wird. Am 12. April zeigte das Unternehmen ein erstes Gerät bei einer Pressekonferenz, konnte es aber nicht vorführen, weil die Betriebssoftware fehlte. Die offizielle Premiere wurde auf den 26. April verschoben.

Weitere iPad-Nachahmer sind auch von etlichen asiatischen Herstellern zu erwarten. Dabei ist nicht mal sicher, ob Tablet-PCs tatsächlich Verkaufserfolge werden. Sie können immer noch floppen.

Der Autor lebt und arbeitet als freier Journalist in Berlin. Zwischen 1996 bis 2009 war Witold Pryjda u. a. als Redakteur für Digital-Lifestyle-Themen bei der Kleinen Zeitung in Graz und beim Internet-Magazin Tomorrow tätig.

Zitiervorschlag

Witold Pryjda, iPad-Alternativen: Es muss nicht immer Apple sein . In: Legal Tribune Online, 23.04.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/340/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

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