IFA 2010: Zweifelhafte Fernsehzukunft

Witold Pryjda

06.09.2010

Tablets, internetfähige TV-Geräte und 3D sind die Trends der Stunde. Zumindest wenn es nach der Internationalen Funkausstellung in Berlin geht. Besonders im Blickpunkt der IFA war 3D-TV, fast jeder Hersteller setzte auf räumliches Fernsehen. Doch die Technik hat auch ihre Tücken. Ob sich 3D durchsetzt, ist deshalb fraglich.

Man musste kein Trendforscher sein, um bei der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin das Thema schlechthin zu erkennen: Die großen TV-Hersteller konzentrieren sich allesamt auf 3D, jene Technik, die räumliche Bilder in den eigenen vier Wänden ermöglicht. Der Verursacher dieses Hypes ist "Avatar", jenes 3D-Erlebnis von James Cameron, das vor knapp einem Jahr Millionen Kinobesucher in seinen Bann zog. Ob sich dieser Erfolg allerdings ins Wohnzimmer übertragen lässt, ist fraglich.

Die meisten Besucher, die 3D-Fernsehen ausprobieren durften, waren beeindruckt, aber doch noch skeptisch. Meist sahen sie speziell produzierte Filmchen: Diese mögen zwar das Potenzial der Technik gut demonstrieren, mit der Realität zu Hause haben sie aber wenig gemein.

Fußball in 3D -Kopfschmerzen statt räumlicher Tiefe

Aussagekräftiger waren da schon (weniger prominent platzierte) Vorführungen von Sport-Übertragungen. Fußball etwa soll in der Theorie besonders von 3D profitieren, eine Kommentatoren-Phrase wie "Er spielt den Ball in die Tiefe des Raumes" optisch ihre Entsprechung finden. Das mag stimmen, aber nur unter der Bedingung, dass die Kamera ruht (etwa bei Standardsituationen im Fußball). Da entsteht tatsächlich ein sehenswerter räumlicher Eindruck. Bewegt sich die Kamera dann aber schneller, ist es vor allem eins: anstrengend. Es kommt zu unscharf wirkenden Doppelbildern, der schöne 3D-Effekt kommt kaum zur Geltung – die Augen sind schlichtweg überfordert.

Das hat mit der eingesetzten Technik zu tun. Während im Kino mit polarisiertem Licht gearbeitet wird, sind es auf dem TV-Gerät Shutter-Brillen. Diese dunkeln abwechselnd ein Auge ab, korrespondierend dazu wird auf dem TV-Schirm jeweils das "maßgeschneiderte" Bild bzw. der Blickwinkel eingeblendet – ohne dass man diesen Bildwechsel mitbekommt. In der Praxis hat das trotzdem Tücken: Es geht ein beträchtlicher Anteil an Helligkeit verloren, auch verträgt sie nicht jeder Nutzer: Kopfschmerzen sind keine Seltenheit.

Ein weiteres Problem: Filme und Sendungen in 3D sind noch sehr rar. Die Anzahl der derzeit erhältlichen 3D-Blu-rays lässt sich an den Fingern einer Hand abzählen, auch beim Thema HD-Empfang ist  Deutschland noch Entwicklungsland – und hochaufgelöste TV-Signale sind Voraussetzung für 3D. Bis sich räumliches Fernsehen durchsetzt, kann man sich aber zumindest damit trösten, dass die 3D-Fernseher auch bestens im herkömmlichen 2D-Modus funktionieren.

YouTube-Fernseher und teure iPad-Killer

Geht es nach den Elektronik-Konzernen, werden demnächst auch internettaugliche TV-Geräte ihren Durchbruch feiern. Etliche Hersteller wie Sony, Samsung, Philips oder Panasonic haben Modelle mit integrierter Web-Anbindung vorgestellt. Der Plan: Web-Inhalte wie YouTube sollen komfortabel auch auf dem TV-Gerät genossen werden können. Sony präsentierte einen Web-Fernseher, der in Zusammen mit dem Internet-Riesen Google entsteht. Als Betriebssystem dient Android, es soll die meisten Möglichkeiten bieten, die man auch von Google-Handys gewöhnt ist – etwa Apps oder einen voll funktionsfähigen Browser. Natürlich geht es dabei auch um neue Einnahmequellen, beispielsweise über den Verleih von Filmen mittels Online-Videotheken.

Obwohl Apple traditionell der IFA fernbleibt, waren die kalifornische Firma und ihr iPad-Tablet dennoch ein Thema: An jeder Ecke der Funkausstellung wurde nämlich irgendein "iPad-Killer" vorgestellt. Das interessanteste war sicherlich das Samsung Galaxy Tab. Das ist mit seinem 7-Zoll-Bildschirm deutlich kleiner als das iPad (10 Zoll). Dadurch ist es aber auch handlicher. Im wahrsten Sinne des Wortes: Während sich das (doppelt so schwere) iPad nur mit zwei Händen bequem halten lässt, kann man das Galaxy Tab auch einhändig nutzen. Nur der Preis ist nicht gerade günstig: Während es das iPad schon ab rund 500 Euro gibt, wird man für das Galaxy Tab an die 800 Euro auf den Tisch legen müssen.

Zitiervorschlag

Witold Pryjda, IFA 2010: Zweifelhafte Fernsehzukunft . In: Legal Tribune Online, 06.09.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1376/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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