Fußball-WM der Anwälte: Von Kick-backs zu Back-kicks

Zwei Wochen vor der Fußball-WM in Südafrika wird im türkischen Antalya die Mundiavocat ausgerichtet. Rechtsanwälte aus aller Welt tauschen ihre Robe gegen das Trikot, um das Runde in das Eckige zu bringen. Es gilt, die besten Fußballer unter den Anwälten zu finden.

Während die DFB-Nationalelf sich noch im Südtiroler Eppan auf den Ernstfall vorbereitet, laufen in Antalya an der türkischen Riviera bereits die Mannschaften zur Fußball-WM der Anwälte auf. Vom 29. Mai bis zum 5. Juni 2010 kämpfen über 1.500 Teilnehmer aus 30 Ländern um den Titel des Weltmeisters im Anwaltsfußball. Mancher Advokat, der gerade noch über Kick-backs und anderen Korruptionsfällen brütete, darf nun auf dem Rasen Back-kicks und weitere Fußball-Tricks zaubern.

Beim diesjährigen Wettbewerb treten knapp 70 Mannschaften von Anwaltskammern aus Algier über Rom bis Vancouver gegeneinander an. Die meisten Mannschaften stellt Gastgeber Türkei mit neun, gefolgt von den traditionell stark vertretenen Italienern mit sieben sowie Algerien mit sechs Mannschaften.

Von den Anfängen am Fuße des Hohen Atlas

Ins Leben gerufen haben die Fußball-WM der Anwälte die französischen Anwälte Vincent Pinatel und Pierre Lusinchi im Jahre 1983. "Es könnte doch nett sein, die existierenden Anwaltsmannschaften aus verschiedenen Ländern einmal zusammenzubringen", dachte sich Maître Pinatel aus Marseille. Er steht auch heute noch der Mundiavocat vor.

Die erste Meisterschaft mit 14 Mannschaften wurde im gleichen Jahr in Marrakesch in Marokko ausgespielt, bei der auch prompt die Gastgeber gewannen. Der erfolgreiche Auftakt führte schon im Folgejahr zurück an den Fuß des Hohen Atlas. Die Neuauflage der Mundiavocat konnte dann eine belgische Mannschaft aus Lüttich für sich entscheiden.

Seitdem wird die Fußball-WM der Anwälte alle zwei Jahre abgehalten. Bis zum Jahre 2006 wurde ein Turnier gespielt, an dem alle Rechtsanwälte ohne Altersbegrenzung teilnehmen konnten.

WM zwischen Classic-Mode und Master-Class

Mit Rücksicht auf manche treuen und in die Jahre gekommenen Veteranen führte Maître Pinatel 2008 erstmals das Master-Turnier ein. Für dieses Turnier müssen die Spieler grundsätzlich 35 Jahre alt sein, ausnahmsweise können dem Kader auch fünf Anwälte zwischen 30 und 35 Jahren angehören.

Ob in der ursprünglichen Classic-Variante oder im Master-Modus: Der Kader umfasst 13 bis 25 Rechtsanwälte, die sich aus bis zu vier verschiedenen Anwaltskammern oder Anwaltsvereinen zusammenschließen können. Dabei sollen die Mannschaften im Namen ihrer regionalen Anwaltskammern oder Anwaltsvereine auftreten.

Anders als bei der FIFA-Fußball-WM sind Nationalmannschaften bei der Mundiavocat gerade nicht erlaubt; auch dürfen keine Mannschaften auflaufen, die sich aus den besten Spielern einer Nation zusammensetzen. Ein Spiel bei der Mundiavocat dauert auch nicht wie üblich 90, sondern nur 60 Minuten: Aber immerhin gilt es, bis zu sieben Spiele in acht Tagen zu bestreiten.

Grundsätzlich sind bei der Mundiavocat nur Rechtsanwälte teilnahmeberechtigt, doch dürfen ab diesem Jahr allgemein Volljuristen mitspielen. Während bisher teilnehmende Juristen auch als Anwalt tätig sein mussten, kommt es nun nur noch darauf an, dass ein Teilnehmer jederzeit ohne weitere akademische Prüfungen als Rechtsanwalt tätig werden darf.

Elf Anwaltsfreunde sollt ihr sein, und ein Spiel dauert 60 Minuten

Obwohl der potentielle deutsche Teilnehmerkreis für die Mundiavocat damit erheblich größer geworden ist, tritt in diesem Jahr dennoch keine deutsche Mannschaft an gegen die Titelverteidiger aus Mexiko-Stadt und Buenos Aires.

In den 1990er Jahren war das noch anders, als eine Gruppe fußballverrückter Juristen aus Hannover regelmäßig bei der Mundiavocat auflief. Ihr "Verein fußballspielender Juristen (V.f.J.) zu Hannover e.V." nahm 1990 erstmals an der Mundiavocat in La Grande Motte in Frankreich teil. Der damalige Vereinspräsident hatte nämlich Maître Pinatel Ende der 1980er Jahre bei einem Seminar zum Reiserecht getroffen, und eins führte zum anderen.

Da der V.f.J. schon vorher deutschlandweit gegen andere Juristenmannschaften auf dem Fußballfeld antrat, "lag es nahe, sich auch einmal international mit den besten Anwaltsmannschaften der Welt zu messen", so der jetzige V.f.J.-Präsident Rechtsanwalt Oliver W. Wolff in einem Interview mit der NJW. Seinen größten Erfolg erzielte der V.f.J. 1996 in Irland, als die Mannschaft sich nach einer schleppenden Vorrunde bis ins so genannte "kleine Finale" durchkämpfte, um dort am Ende gegen Buenos Aires unglücklich mit 0 : 1 zu verlieren.

2004 übernahm das Berliner Fußball-Team der Rechtsanwälte um Rechtsanwalt Guido Broscheit den Stab. Stetig verbesserte sein Team die Bilanz: Reichte es bei der Mundiavocat 2004 im ungarischen Balatonfüred nur zu einem 31. Platz, schafften es die Berliner Anwaltskicker 2006 in Antalya auf den 6. Platz, nachdem sie gegen den späteren Weltmeister verloren hatten. Doch dieses Jahr plagen die Berliner Nachwuchssorgen. Vielleicht wird es aber im Jahre 2012 wieder heißen können, frei nach Sepp Herberger: Elf Anwaltsfreunde sollt ihr sein, und ein Spiel dauert 60 Minuten.


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Zitiervorschlag

Jean-Claude Alexandre Ho, Fußball-WM der Anwälte: Von Kick-backs zu Back-kicks . In: Legal Tribune Online, 28.05.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/603/ (abgerufen am: 18.04.2024 )

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