Alfred Biolek : Durch die Rechtsabteilung vor die Kamera

von Ass. jur. Jürgen Seul

10.07.2011

Wie kaum ein anderer Talkmaster versteht es Alfred Biolek, eine gepflegte Konversation auf einer anspruchsvollen, aber dennoch unterhaltsamen Ebene zu führen. Nur wenige wissen, dass er ein promovierter Jurist ist. Seine Karriere begann durch die Hintertür, in der ZDF-Rechtsabteilung. Zuvor hatte er sich als begabter Student erwiesen. Am 10. Juli feiert Bio Geburtstag.

Zuletzt war es stiller um den Fernseh-Entertainer geworden. Das lag zum einen daran, dass er - freiwillig - seit geraumer Zeit nicht mehr an der vordersten Front der TV-Unterhaltung agiert, zum anderen daran, dass er an den Folgen eines schweren Sturzes im Mai 2010 laborierte. Vier Monate hatte "Bio" in einer Reha-Klinik verbracht.

Die Vertreibung aus der Heimat

Alfred Biolek wurde am 10. Juli 1934 im damaligen Feistadt, im heutigen Tschechien, geboren. Er ist der Sohn des Rechtsanwalts Joseph Biolek und der Klosterschülerin Hedwig Biolek, geb. Lerch.

Die glückliche Kindheit erfuhr schon bald ein erschreckendes Ende. Da waren zunächst die Kriegsjahre mit dem Spannungsverhältnis zwischen Deutschen und Tschechen in den von der Wehrmacht besetzten Gebieten. Dann mussten die Bioleks, wie viele andere Sudentendeutsche, gegen ihren Willen die Heimat verlassen. "Wir sind vertrieben worden", erklärte Biolek einmal in einem Interview und wies auf den Unterschied zwischen Flucht und Vertreibung hin. Das seien "zwei sehr unterschiedliche Dinge."

Im Alter von elf Jahren war er acht Monate lang mit seinem jüngeren Bruder und seiner Mutter in einem tschechischen Lager interniert. Wo sich der ältere Bruder Herbert und der Vater aufhielten, wussten sie nicht. Schließlich erreichten Alfred Biolek und die Seinen Althegnenberg – einen Ort im bayerischen Niemandsland.

Der Vater kehrte schließlich aus der Kriegsgefangenschaft heim und meldete sich freiwillig zur Deportation nach Deutschland. Mit dem Zug kam er nach Waiblingen. Schnell war klar, dass Hedwig Biolek mit den beiden Söhnen nachkommen würde. Wenig später verstarb der ältere Bruder Herbert in München.

Neuanfang im Schwabenland

Die Bioleks gliederten sich rasch in ihrer schwäbischen Wahlheimat ein. Joseph Biolek baute sich sehr bald wieder eine eigene Rechtsanwaltskanzlei auf. Der Familie ging es gut. Mit seinem Vater verbindet "Bio" noch heute angenehme Erinnerungen.

Nachdem sich sein Bruder Joseph für ein Theologie-Studium entschieden hatte, fiel Alfred Bioleks Wahl nach dem Abitur auf Jura. "Ich fühlte mich verpflichtet. Schließlich war ich der letzte Sohn, der nun noch als Nachfolger meines Vaters in Frage kam und ich hatte ohnehin keine anderen Interessen." Also studierte "Bio" ab 1954 Jura in Freiburg, München und Wien.

1959 legte Alfred Biolek die Erste Juristische Staatsprüfung mit der Gesamtnote "Gut" ab. Es war das drittbeste Jahrgangsergebnis in Baden-Württemberg. Als Promotionsthema wählte er nun "Die Schadensersatzhaftung des Herstellers nach englischem Recht". Die Dissertation legte er neben einer Tätigkeit als wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl von Ernst von Caemmerer ab. "Aber ich kann nicht von der Hand weisen, dass sogar schon meine Doktorarbeit einen Drang zum Entertainment aufweist", so Biolek später. Zu jenem Zeitpunkt plante er jedoch noch eine Karriere als Rechtsanwalt. Folgerichtig absolvierte er das Referendariat  – unter anderem in der Kanzlei des stolzen Vaters. Das Assessor-Examen endete mit der Note "voll befriedigend".

Eine Fernsehkarriere

Im Februar 1963 nahm Alfred Biolek schließlich eine Anstellung im Justitiariat des neu gegründeten "ZDF" an. Der Vater nahm es ihm nicht übel, dass er auf die Übernahme der Kanzlei verzichtet hatte. Doch die Zeit in der Rechtsabteilung währte nur ein halbes Jahr. Der Jurist wechselte in die Redaktion, da er nach eigenen Worten ein "schwäbisch korrigierter Schwejk" sei, den die Unterhaltung eindeutig mehr fesselte als Vertragsklauseln. "Bio" wurde Abteilungsleiter und schließlich stellvertretender Hauptabteilungsleiter im Ressort "Kultur und Unterhaltung". Die Juristerei gehörte nun der Vergangenheit an. Er moderierte Sendereihen wie "Tips für Autofahrer" und "Urlaub nach Maß".

Aber als der damalige ZDF-Programmdirektor Biolek zum Unterhaltungschef küren wollte, floh dieser zur Münchener "Bavaria" – aus Angst, doch noch ein "Schreibtischtäter zu werden". Er drängte stattdessen als Produzent und Moderator vor und hinter die Kamera. Er lernte Rudi Carrell kennen, mit dem er 29 Sendungen der legendären Samstagabend-Show "Am laufenden Band" produzierte.

"Bios" endgültiger Durchbruch zum gefeierten Fernseh-Star vollzog sich in den Achtziger- und Neunzigerjahren mit ARD-Sendungen wie "Kölner Treff", "Bios Bahnhof", "Boulevard Bio" und "Alfredissimo". Das Alfred-Grimme-Institut resümierte angesichts der Vita von Alfred Biolek: "Er ist ein Garant für den Erfolg."

Zu den "Berührungspunkten" zwischen seiner TV-Tätigkeit und seiner juristischen Ausbildung befragt, meinte er: "Es gibt eigentlich keine Berührungspunkte. Wobei ich sagen würde, dass Jura zu studieren eine Art Lebenserfahrung ist, weil man mit sehr vielen verschiedenen Aspekten konfrontiert wird, aus den Bereichen der Kriminalität über Erbschaftsfragen bis hin zu internationalen Angelegenheiten. Das Studienfach Jura ist sehr breit gestreut, sodass es einem natürlich sehr viel über das Leben vermittelt. Meine Arbeit heute hat ja ebenfalls mit dem Leben zu tun. In dieser Hinsicht gibt es eine Verbindung, aber die ist sehr indirekt."

Alfred Biolek lebt heute abwechselnd in Köln und Berlin.

 

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Zitiervorschlag

Jürgen Seul, Alfred Biolek : Durch die Rechtsabteilung vor die Kamera . In: Legal Tribune Online, 10.07.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3707/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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