Vergabe von Sex-Domains: Ein heißer Herbst für den Markenschutz im Netz

Sebastian Dramburg

20.07.2011

Ab September beginnt der Wettlauf um eine neue Endung für Webseiten, dreimal x steht künftig für erotische oder pornografische Inhalte im Internet. Doch auch Unternehmen, die gar nicht in der Erotik-Branche tätig sind, werden sich mit dem Thema auseinandersetzen müssen: Es droht ein Missbrauch ihrer Marken. Wie dieser verhindert werden kann, erklärt Sebastian Dramburg.

Sex sells, das gilt besonders im Internet. Um diesen Bereich weiter zu etablieren, hatte der Brite Stuart Lawley, heutiger Geschäftsführer der US-Firma ICM Registry, bereits im Jahr 2000 bei der für die Domainverwaltung zuständigen Organisation ICANN den Antrag auf Verwaltung der "xxx"-Domains gestellt. Zehn Jahre später machte ICANN nach einem langen Verfahren den Weg frei für die neue Domainendung und übertrug Lawleys Firma die Verantwortung für den Rotlichtbezirk im Internet.

Mit der neuen Adresse sollen Erwachseneninhalte klarer von den restlichen Angeboten im Netz getrennt werden. Zumindest theoretisch wäre aufgrund der klaren Zuordnung durch die Domainendung ein effektiver Jugendschutz möglich.

Schon bald sollen Erotik-Anbieter über die Adress-Endung "xxx" ihre Inhalte anbieten können, statt wie bisher unter den bekannten Endungen wie beispielsweise .com, .de oder .eu. Dabei läuft ab dem 7. September 2011 die Vorregistrierungs-Phase für Erotikanbieter mit einer eingetragenen Marke oder einer bereits bestehenden Domainadresse. Ab Dezember dann kann jedermann versuchen, sich eine xxx Domain zu sichern.

Nutzer könnten versehentlich im virtuellen Rotlichtbezirk landen

Warum sich nun auch branchenfremde Unternehmen wohl oder übel mit der Vergabe der Sex-Domains beschäftigen müssen, hat mit dem Schutz ihrer Marken zu tun. Der Hintergrund ist dabei kein neuer: Im Domainrecht besteht die Gefahr, dass der Name des Unternehmens, eines Produktes oder einer Marke von Dritten als Domain registriert wird. Diese Dritten versuchen dann, aus diesem Missbrauch Profit zu schlagen und die Domain teuer zu verkaufen oder selbst zu nutzen. Aus diesem Grund hat das Domainrecht vor allem am Anfang dieses Jahrzehnts viele Gerichte beschäftigt.

Aktuell nun dürfte es auch auf wenig Begeisterung stoßen, wenn der eigenen Unternehmens- oder Markenname auf einmal unter einer xxx-Domain abrufbar ist: Neben der Gefahr einer allgemeinen Rufschädigung könnten auch Nutzer, die auf der Suche nach einem Unternehmen oder Produkt sind, plötzlich auf einer dubiosen Domain landen.

Unternehmen, die ihren Namen nicht im virtuellen Rotlichtbezirk sehen wollen, sollten daher entsprechende Maßnahmen ergreifen. Dabei ist zunächst zu beachten, dass im Domainrecht der Grundsatz "fist come, first serve" gilt: Stehen sich zwei gleichrangige Rechte gegenüber, ist die Schnelligkeit bei der Anmeldung entscheidend. So kann beispielsweise der Registrierende einer fiktiven Seite "lust.xxx" alle weiteren Interessenten, die langsamer waren als er, von der Nutzung dieser Domain ausschließen. Für gängige Namen oder Gattungsbegriffe ist also schnelles Handeln entscheidend.

Unternehmen sollten eigene Marke blocken lassen

Anderes gilt für registrierte Marken:  Zur Vermeidung von Missbrauch gibt es für Markeninhaber hier die besondere Möglichkeit, ihre Marke sperren zu lassen. Diesen Weg hat die Firmer ICM Registry als Verwalter der "xxx"-Domains gerade für Unternehmen ermöglicht, die nicht in der Erotikbranchen tätig sind. Über dieses Verfahren können Markennamen von einer Registrierung mit der entsprechenden Endung geblockt werden.

Wichtig ist dabei, dass der Antrag bei ICM Registry zum Blocken des eigenen Markennamens ab dem 7. September nur innerhalb von 52 Tage gestellt werden kann. Zwar dürfte das Verfahren einige hundert Euro kosten; mühsamer und teurer wäre allerdings ein Rechtsstreit wegen des Imageverlusts einer plötzlich in die Schmuddelecke gedrängten etablierten Marke. Für Unternehmen, die dieses Verfahren verpassen, bleibt dann für Sicherung ihrer Marken nur der normale Wettlauf um einen Domainnamen.

Unternehmen, die nicht auf einer "xxx"-Domain tätig werden möchten, aber keine registrierte Marke zum Blockieren besitzen, können erst in der allgemeinen Registrierungsphase ab Dezember 2011 tätig werden. Sie könnten dann eine Domain sichern und stilllegen lassen, um sie vor Missbrauch zu schützen. Dabei würde die Domain schlicht nicht verwendet werden, oder aber die Besucher würden von der "xxx"-Adresse direkt auf die Hauptseite des Unternehmens weitergeleitet.

Man muss abwarten, ob die neue Endung im Internet für die Erotikbranche und die beteiligen Unternehmen den erhofften wirtschaftlichen Erfolg bringt. Unternehmen, die spätere Streitigkeiten um eine Marke vermeiden wollen, sollten sich in jedem Fall um eine entsprechende Blockierung der Markennamen bemühen. Zwar sind auch nach dem offiziellen Start der "xxx"-Domains namens- und markenrechtliche Ansprüche durchsetzbar, allerdings mit einem entsprechenden Aufwand – ihr Verwalter hat seinen Sitz nämlich in den USA.

Rechtsanwalt Sebastian Dramburg LL.M. ist Partner der Kanzlei SCHWENKE & DRAMBURG in Berlin. Er berät schwerpunktmäßig auf dem Gebiet des IT- & Onlinerechts sowie im Urheberrecht.

 

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Zitiervorschlag

Sebastian Dramburg, Vergabe von Sex-Domains: Ein heißer Herbst für den Markenschutz im Netz . In: Legal Tribune Online, 20.07.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3812/ (abgerufen am: 17.04.2024 )

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