Neonazi-Demo in München: Der "Pink-Pan­ther" stört den öff­ent­li­chen Frieden

Dr. Markus Bader

28.01.2012

Bis vor kurzem war sie noch ein beliebtes Kinderlied, nun assoziieren viele Deutsche mit der Melodie zu "Paulchen Panther" das Bekennervideo der Zwickauer Terrorzelle. So wohl auch gewünscht bei einer Neonazi-Demo in München, wo der Song abgespielt wurde. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft – aber haben die Rechten sich mit dem Rosaroten Panther wirklich strafbar gemacht? Von Markus Bader.

Am vergangenen Freitag spielten Demonstranten bei einem Umzug in München die Melodie zu "Paulchen Panther". Mit diesem Lied hatte das Zwickauer Terror-Trio sein zynisches Bekennervideo unterlegt. Bei den Demonstranten soll es sich laut Medienberichten um Neonazis gehandelt haben. Der Zusammenhang scheint augenfällig: Der Verantwortliche für das Abspielen der Melodie wollte offenbar zumindest seine Solidarität beziehungsweise Sympathie mit den inhaftierten Mitgliedern oder Unterstützern des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) bekunden.

Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft München I gegen den Initiator der musikalischen Darbietung vom 20. Januar wegen des Verdachts der Billigung von Straftaten nach § 140 Nr. 2 Strafgesetzbuch (StGB). Dies bestätigte Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft. Siegfried Benker, Fraktionschef der Grünen im Münchner Rathaus, fordert sogar, die Ermittlungen auf den Straftatbestand der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu erstrecken.

Obwohl sowohl die Bundesanwaltschaft als auch der zuständige Ermittlungsrichter aktuell keine Zweifel daran haben, dass es sich bei der Zwickauer Zelle um eine terroristische Vereinigung handelt, dürfte schon ein Anfangsverdacht gegen die Verantwortlichen für die Paulchen-Panther-Untermalung kaum zu begründen sein.

Paulchen Panther als Unterstützer einer terroristischen Vereinigung?

Zwar hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits zu Zeiten des Terrors der Roten Armee Fraktion (RAF) öffentliche Sympathiebekundungen zugunsten der linken Terroristen als Unterstützungshandlungen bestraft. Wer eine terroristische Vereinigung unterstützt, macht sich nämlich gemäß § 129a Abs. 5 StGB strafbar und wird, je nach strafrechtlicher Qualität der Vereinigung, mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren bestraft.

An anderer Stelle entschieden die Karlsruher Richter allerdings, dass sich nur derjenige nach der Vorschrift strafbar macht, der den Fortbestand oder die Verwirklichung der Ziele der terroristischen Vereinigung als Nichtmitglied fördert (Urt. v. 14.08.2009, Az. 3 StR 552/08). Dieses Fördern kann unter anderem auf den Zusammenhalt der Vereinigung und deren innere Organisation gerichtet sein. Das Unterstützen muss aber jedenfalls objektiv geeignet sein die Ziele der Vereinigung zu fördern oder für sie irgendwie vorteilhaft sein. Auf einen messbaren Nutzen kommt es dabei nicht an.

Auch eine rein psychische kann also eine Unterstützungshandlung sein, wenn sie die Gruppenmoral oder auch nur einzelne Mitglieder in ihrer Bereitschaft bestärkt, Straftaten zu begehen. Dazu können nach der Rechtsprechung des BGH auch Solidaritätsakte Außenstehender ausreichen, wenn diese den Mitgliedern der Gruppierung tatsächlich bekannt werden.

Der BGH hat diese Rechtsprechung allerdings in jüngerer Zeit im Zusammenhang mit Ermittlungs- und Strafverfahren gegen islamistische Straftäter und auch infolge einer Gesetzesänderung eingeschränkt: Wenn die Handlung sich darin erschöpft, nur für die Ideologie und die Ziele einer terroristischen Vereinigung zu werben, soll sie nicht mehr strafbar sein (Beschl. v. 16.05.2007, AK 6/07 und StB 3/07).

Viel mehr aber wird man im Abspielen der Melodie von Paulchen Panther nicht sehen können. Selbst wenn die NSU oder das, was von ihr übrig ist, erfahren haben sollte, dass die auch von ihr verwandte Melodie bei dem Aufmarsch der Rechten Verwendung fand, wird man in dieser Verwendung nicht mehr sehen können als bloße, nicht gemäß § 129a Abs.5 StGB, strafbare Werbung für die rechtsextremistische Vereinigung.

Vielleicht strafbar wegen "Billigung von Straftaten"

Die Verantwortlichen für das Abspielen von "Paulchen-Panther“ dürfen sich damit aber noch nicht in Sicherheit wiegen. Ein Anfangsverdacht besteht für den Tatbestand der Billigung von Straftaten. Auch wer einen begangenen Mord oder gar eine Mordserie in einer Weise öffentlich billigt, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, macht sich strafbar.

Ohne Kenntnis der genauen Aktenlage erscheint zwar eine abschließende juristische Bewertung des Sachverhaltes kaum möglich. Die Verwirklichung dieses Straftatbestandes liegt aber, mit aller gebotenen Vorsicht formuliert, aufgrund der Gesamtumstände nicht fern.

Ob daneben eine weitere Strafbarkeit, beispielsweise wegen der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener nach § 189 StGB, in Betracht kommt, bleibt abzuwarten. Dies wird von der für die Strafverfolgung zuständigen Staatsanwaltschaft München I mit Abschluss der Ermittlungen zu prüfen sein.

Dr. Markus Bader ist Richter am Landgericht. Er war von 1999 bis 2001 als Rechtsanwalt und danach bis 2008 – u. a. in der Terrorismusabteilung der Bundesanwaltschaft – als Staatsanwalt tätig. Er ist Autor mehrerer wissenschaftlicher Veröffentlichungen zum Staatsschutzstrafrecht.

 

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Zitiervorschlag

Dr. Markus Bader, Neonazi-Demo in München: Der "Pink-Panther" stört den öffentlichen Frieden . In: Legal Tribune Online, 28.01.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5428/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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