Neue Rundfunkabgabe: GEZ-Ermittler können weiter fahnden

Hans-Christian Poth

28.12.2011

Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat eine neue rechtliche Grundlage. In Zukunft ermittelt die GEZ nicht mehr Radio- und Fernsehgeräte, sondern Wohnungen und Betriebsstätten. Wer die neue Zwangsabgabe zahlen muss und warum das Terrassenzimmer in Zukunft nicht mehr das beliebteste in der WG sein könnte, erläutert Hans-Christian Poth.

Die für den Rundfunk zuständigen Bundesländer haben seit kurzem alle dem 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag zugestimmt. Damit ist der Weg frei für die neue Rundfunkabgabe, die zukünftig die Finanzierung von ARD-Anstalten, ZDF, Deutschlandradio und Privatsenderaufsicht sicherstellen soll.

Kern der Neuregelung ist der Wechsel von einer geräteabhängigen Rundfunkgebühr zu einem geräteunabhängigen Zwangsbeitrag, der ab dem 1. Januar 2013 für jede Wohnung und jede Betriebstätte erhoben wird.

Bisher zahlt die Gebühren jeder Rundfunkteilnehmer. Nach der gesetzlichen Definition ist das derjenige, der ein Rundfunkgerät zum Empfang bereithält. Diese Regelung wird immer wieder kritisiert, weil sie Informationen über TV, Radio und Co. erfordert und damit nicht ohne Nachforschungen hinter der Wohnungstür funktioniert. Damit soll jetzt Schluss sein.

Der Gesetzgeber unterstellt künftig pauschal, dass Wohnungen und Betriebsstätten die Orte sind, an denen typischerweise Radio- und Fernsehprogramme empfangen werden. Er macht sie zum Anknüpfungspunkt für die Erhebung des Rundfunkbeitrags. Ob dort tatsächlich Rundfunkgeräte vorhanden sind oder irgendetwas empfangen wird, spielt keine Rolle.

Die GEZ forscht nach

Die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) wird dennoch nicht überflüssig. Ab 1. Januar 2012 ermittelt sie den Bestand an Wohnungen und Betriebsstätten, die unter die Beitragspflicht fallen. Dazu sieht das neue Regelwerk Anzeigepflichten der Rundfunkteilnehmer ebenso vor wie zwangsweise durchsetzbare Auskunftsrechte gegenüber Wohnungsvermietern und -verwaltern. Die Nachforschungen sollen außerdem durch einen einmaligen Abgleich mit Meldedaten sämtlicher Einwohnermeldeämter erleichtert werden. 400 zusätzliche Mitarbeiter helfen ihr dabei.

Im privaten Bereich schuldet künftig jeder Wohnungsinhaber einen Beitrag, der sich nach dem derzeitigen Stand der Dinge monatlich auf 17,98 Euro belaufen soll. Es wird nicht mehr zwischen Radio- und Fernsehgebühr differenziert, jeder schuldet den Beitrag nur einmal.

Wohnungsinhaber ist grundsätzlich jede volljährige Person, die eine Wohnung selbst bewohnt. Der Gesetzgeber vermutet dahinter denjenigen, der in der Wohnung gemeldet oder im Mietvertrag als Mieter genannt ist. Teilen sich mehrere Personen eine Wohnung, zahlen sie die Gebühr nur einmal.

Wer parallel mehrere Domizile bewohnt, ist mehrfach voll beitragspflichtig, auch wenn Radio oder Fernseher immer nur an einem Ort oder auch gar nicht in Betrieb sind. Lediglich leer stehende, nicht vermietete Wohnungen sind beitragsfrei, wenn niemand dort gemeldet ist.

Ein Eingang macht eine Wohnung

Nicht ganz unproblematisch ist die Frage, was eine Wohnung im Sinne der Neuregelung ist. Eigentlich ist darunter jede baulich abgeschlossene Raumeinheit zu verstehen, die zum Wohnen oder Schlafen geeignet ist oder genutzt wird. Außerdem muss man sie durch einen eigenen Eingang von außen und nicht ausschließlich über eine andere Wohnung betreten können.

Ortsfest und baulich abgeschlossen in diesem Sinne sind neben typischen Wohnhäusern aber auch Gartenlauben, Garagen und ähnliche Bauwerke. Auf die tatsächliche Nutzung der Wohnung kommt es nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht an, soweit die Raumeinheit nur zur Unterbringung von Personen geeignet ist. Die bloße Eignung zur Unterbringung von Personen könnte allerdings auch eine Garage erfassen, in der die Couch des Hobbybastlers steht, auf der er manchmal schläft, sofern er denn der Inhaber des Raums ist.

Bei Wohngemeinschaften (WG) ist die Lage unter Umständen ähnlich unklar. Einzelne Zimmer einer WG, die für sich genommen unter den Wohnungsbegriff fallen, haben in der Regel keinen eigenen, gesonderten Zugang über das Treppenhaus. Vielmehr stellt die gesamte WG eine Wohnung dar, wenn die Bewohner die Zimmer nur über einen großen Vorraum betreten können. Fällig wird dann bloß ein Rundfunkbeitrag, für den alle WG-Bewohner als Gesamtschuldner haften.

Die beliebtesten Zimmer aber könnten in Zukunft noch teurer werden: Eine Terrasse mit Tür zum Beispiel ist unter Umständen ein Zugang und könnte eine eigene Zwangsabgabe auslösen.

Mehr Arbeit für deutsche Gerichte

Teuer wird es künftig auch außerhalb privater Wohnungen. Für die Inhaber von Betriebsstätten werden entsprechend der Anzahl der dort Beschäftigten bis zu 180 Rundfunkbeiträge fällig. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Möglichkeit zur Rundfunknutzung umso intensiver ist, je höher die Zahl der Mitarbeiter ist. Ob die Angebote der beitragspflichtigen Programme tatsächlich wahrgenommen werden, ist wiederum irrelevant.

Im kommerziellen Bereich sieht der Gesetzgeber neben Betriebsstätten auch Hotel- und Gästezimmer sowie Kraftfahrzeuge als typische Orte der potenziellen Mediennutzung an, an welche er die Beitragspflicht knüpft. Pro Zimmer und Kfz fällt jeweils ein Drittel eines vollen Beitrags an. Im Gegenzug ist ein Fahrzeug pro Betriebsstätte ebenso abgabenfrei wie ausschließlich privat genutzte Kfz.

Dass GEZ-Mitarbeiter in Wohnungen nach Radio und TV-Geräten stöbern, wird die Zwangsabgabe wohl verhindern. Auch die Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags lässt aber in Bezug auf die Anknüpfungspunkte des neuen Beitrags einige Fragen offen. Es ist zu befürchten, dass die Gebührenbeauftragten zukünftig nach Wohnungszugängen und Schrebergärten Ausschau halten werden. Sicher ist in jedem Fall, dass der Wohnungs- und der Betriebsstättenbegriff deutsche Gerichte noch beschäftigen werden.

Dipl.-Jur. Hans-Christian Poth ist derzeit an der London School of Economics tätig und promoviert am Institut für Medienrecht und Kommunikationsrecht der Universität zu Köln zu Fragen der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

 

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Zitiervorschlag

Hans-Christian Poth, Neue Rundfunkabgabe: GEZ-Ermittler können weiter fahnden . In: Legal Tribune Online, 28.12.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5183/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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