Die juristische Presseschau vom 1. und 2. November 2011: Spähsoftware auf Schulcomputern – Kirchensteuer auf Kapitalerträge – Vattenfall-Klage auf Schadensersatz

02.11.2011

Manche sprechen schon vom "Schultrojaner". Auf den Computern von Schulen soll mit einer speziellen Software geprüft werden, ob Lehrer die Rechte von Verlagen verletzt haben. Außerdem in der heutigen Presseschau: ein neues Gesetz zur Einziehung von Kirchensteuer bei Zinserträgen, der Vattenfall-Vorstoß für Kompensation nach dem Atom-Ausstieg und vieles andere.

Urheberrechtsverletzungen an Schulen: An einem Prozent der deutschen Schulen soll ab 2012 überprüft werden, ob Lehrer rechtswidrig kopiertes Unterrichtsmaterial verwenden. Dazu soll eine Spähsoftware auf Schulcomputern installiert werden, berichten unter anderem die taz (Anna Lehmann) und zeit.de (Patrick Beuth). Dies hätten Schulbuchverlage und Verwertungsgesellschaften zwar schon im letzten Dezember mit den Kultusministern vertraglich vereinbart. Die entsprechende Software sei aber noch gar nicht hergestellt worden. 

Urheberrechtsverletzungen beim Perlentaucher: Auf Klage von FAZ und SZ entschied das Oberlandesgericht Frankfurt/M., dass das Onlineportal Perlentaucher in 13 von 20 umstrittenen alten Fällen bei der Zusammenfassung von Rezensionen aus FAZ und SZ zu sehr abgekupfert hat. Darüber berichten am Mittwoch FAZ, SZ und perlentaucher.de. Der BGH hatte im Dezember das Geschäftsmodell des Perlentauchers grundsätzlich gebilligt und den Fall zur Prüfung von Einzelfällen an das OLG zurückverwiesen. 

Weitere Themen – Rechtspolitik

EU-Kaufrecht: Der Rechtsprofessor Christoph Grigoleit kritisiert in einem Gastbeitrag für die Mittwochs-FAZ den Entwurf der EU-Kommission für ein optionales EU-Kaufrecht. Dem Entwurf fehle - im Gegensatz zum jeweiligen nationalen Kaufrecht -  die Ausdifferenzierung durch Richterrecht. Er sei auch mit der Fachwelt zuwenig diskutiert worden. Außerdem gebe es keinen Bedarf für eine optionale zusätzliche Rechtsordnung. 

Kirchensteuer auf Kapitalerträge: Im Interview mit der Mittwochs-FTD (Andreas Kurz) erläutert der Steuerexperte Sebastian Meinhardt von KPMG eine jüngst beschlossene gesetzliche Neuregelung zum Kirchensteuereinzug bei Kapitalanlegern. Unter anderem solle beim Bundeszentralamt für Steuern gespeichert werden, ob der Anleger Mitglied einer Kirche ist. 

Deutsch-Schweizer Steuerabkommen: Die Rechtsanwälte Karsten Randt und Tobias Schwartz erläutern in der Dienstags-FAZ, dass das Abkommen entgegen dem Wortlaut kein Ermittlungsmoratorium der Steuerbehörden bis Mai 2013 enthält und empfiehlt Steuerhinterziehern mit Schwarzgeld in der Schweiz eine baldige Selbstanzeige. 

Insolvenzverwalter: Im Interview mit der Dienstags-FTD (Mareeke Buttjer) prognostiziert Rechtsprofessor Christoph Paulus, dass das neu beschlossene Insolvenzrecht zur Konzentration auf dem Markt der Insolvenzverwalter führen werde. Viele kleine Kanzleien seien mit der Weiterführung eines Unternehmens überfordert.

Weitere Themen – Justiz

Mellinghoff-Interview:  Der neue Präsident des Bundesfinanzhofs, Rudolf Mellinghoff, gab zu seinem Amtsantritt dem Dienstags-Handelsblatt ein Interview (Zusammenfassung auf Handelsblatt.com). Er geht davon aus, dass sich mit der Erbschaftssteuer und der Brennelementesteuer bald das Bundesverfassungsgericht  befassen muss. Außerdem fordert er eine gesetzliche Regelung des Ankaufs von Steuersünder-CDs durch die Behörden.

Streikverbot bei Diakonie: Im Vorfeld der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen hat die Diakonie einen Kommunikationsberater engagiert. Über dessen Empfehlungen berichtet die Mittwochs-SZ (Massimo Bognanni). So solle die Diakonie darauf verweisen, dass das Streikverbot den Bewohnern von Diakonie-Einrichtungen nütze.

Kündigung bei Caritas: Ein Krankenpfleger, der bei der katholischen Caritas arbeitete und im Internet anonym Witze über den Papst machte, durfte fristlos gekündigt werden. Das entschied laut lto.de das Landessozialgericht Stuttgart implizit im Rahmen einer sozialrechtlichen Auseinandersetzung.

Subjektive Arbeitsgerichte: Eine Studie der FU Berlin legt nahe, dass Arbeitsgerichte bei geringer Arbeitslosigkeit in einer Region eher gegen einen klagenden Arbeitnehmer entscheiden, weil sie ihn für weniger schutzbedürftig halten. Darüber berichten das Mittwochs-Handelsblatt (Barbara Gillmann) und deutlich kürzer die taz

Arbeitsunfall bei Schwarzarbeit: Das Mittwochs-Handelsblatt berichtet über ein Urteil des Landessozialgerichts Hessen. Danach muss die Berufsgenossenschaft auch dann für die Folgen eines Arbeitsunfalls einstehen, wenn es sich um ein illegales Beschäftigungsverhältnis handelte. 

Klage wegen Atomausstieg: Der Energiekonzern Vattenfall klagt beim Schiedsgericht für Investitionsstreitigkeiten in Washington gegen die Bundesrepublik. Vattenfall will Schadensersatz in Milliardenhöhe für die stark verringerten Laufzeiten der deutschen AKW. Der schwedische Konzern beruft sich auf seine Rechte als ausländisches Unternehmen, berichtet das Mittwochs-Handelsblatt (Klaus Stratmann).

Eichel will Zusatzpension: Am 24. November wird das Bundesverwaltungsgericht über die Frage verhandeln, ob der ehemalige Finanzminister Hans Eichel (SPD) mehr Pension bekommt. Das berichtet fr-online.de. Eichel bekommt derzeit 8200 Euro Pension für seine Tätigkeit als Bundesminister und Bundestagsabgeordneter. Er will zusätzlich noch 6350 Euro pro Monat, weil er lange OB von Kassel war. 

Verfahren zur HSH-Nordbank: Seit über zweieinhalb Jahren ermittelt die Hamburger Staatsanwaltschaft gegen sechs ehemalige Vorstände der HSH-Nordbank. Unter anderem geht es um Bilanzfälschung. Es wird bald mit Anklagen gerechnet. Die Mittwochs-SZ (Kristina Läsker) gibt einen Überblick über die Ermittlungen. 

Künstliche Befruchtung: Die Dienstags-taz (Karen Grass) schildert ausführlich die Probleme von lesbischen Paaren, die eine künstliche Befruchtung mit Spendersamen wünschen. So sei unter anderem umstritten, ob Ärzte die hieran mitwirken, gegen die Berufsordnung verstoßen. 

Weitere Themen – Recht in der Welt

Saif al-Islam Gaddafi: Der vom Internationalen Strafgerichtshof (IstGH) gesuchte Gaddafi-Sohn Saif al-Islam hält sich derzeit im libyschen Nachbarland Niger auf und überlegt, ob er dort bleibt, in einem Drittstaat wie Südafrika Asyl beantragt oder sich dem IstGH stellt. Über einen Mittelsmann verhandele er bereits mit dem IStGH. Darüber berichten Dienstags-FTD (Johannes Dieterich) und Mittwochs-SZ (Rudolf Chimelli). 

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/chr

(Hinweis für Journalisten) 

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 1. und 2. November 2011: Spähsoftware auf Schulcomputern – Kirchensteuer auf Kapitalerträge – Vattenfall-Klage auf Schadensersatz . In: Legal Tribune Online, 02.11.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4698/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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