LAG Hamm: Streik in kirch­li­chen Ein­rich­tungen nicht unzu­lässig

14.01.2011

Das LAG Hamm hat am Donnerstag über die Zulässigkeit von Streikmaßnahmen im Bereich der Evangelischen Kirche entschieden. Nach Auffassung der Kammer sind in kirchlichen Einrichtungen gewerkschaftlich organisierte Streikmaßnahmen nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

Die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts (LAG) hat eine Klage der Evangelischen Kirche von Westfalen, der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover und weiterer Einrichtungen gegen Arbeitskampfmaßnahmen im Gegensatz zur Vorinstanz abgewiesen (Urt. v. 13.01.2010, Az. 8 Sa 788/10).

Bei der Abwägung zwischen dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und dem nach Art. 9 Abs. 3 GG garantierten Streikrecht sei zu berücksichtigen, dass in kirchlichen Einrichtungen auch Arbeitnehmer beschäftigt werden, deren Tätigkeit nicht zum in christlicher Überzeugung geleisteten "Dienst am Nächsten" zählen. Äußerlich erkennbar werde dies u. a. daran, dass bestimmte Aufgabenbereiche mit Hilfsfunktionen (z. B. Krankenhausküche, Reinigungsdienst) ausgegliedert und auf nicht kirchliche Einrichtungen übertragen werden können.

Daher sei ein Ausschluss des Streikrechts in kirchlichen Einrichtungen unverhältnismäßig. Schon deswegen sei der umfassende Unterlassungsantrag der Kläger unbegründet.

Weiterhin führten die Richter aus, dass sich der Ausschluss des Streikrechts auch nicht dadurch rechtfertigen lasse, dass in kirchlichen Einrichtungen der "Dritte Weg" beschritten werde. Die Gestaltung der Arbeitsbedingungen durch Beschlüsse der "Arbeitsrechtlichen Kommission" stelle kein gleichwertiges System zur Regelung der Arbeitsbedingungen nach § 9 Abs. 3 GG dar.

Da zwei Drittel der Arbeitnehmervertreter der "Arbeitsrechtlichen Kommission" im kirchlichen Dienst tätig sein müssen, können hauptamtliche Gewerkschaftsvertreter keinen maßgeblichen Einfluss ausüben. Weitere Einschränkungen gewerkschaftlicher Interessenvertretung erfolge dadurch, dass sich die Arbeitnehmervertreter aus sämtlichen in der Einrichtung vertretenen Mitarbeitervereinigung zusammensetzen müssen. Daher könne auch die formale Gleichheit der Anzahl von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberstimmen in der Kommission die im Vergleich zum staatlichen Tarif- und Arbeitskampfrecht erkennbare Beschränkung der kollektiven Interessenvertretung nicht ausgleichen.

Das LAG hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

plö/LTO-Redaktion

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LAG Hamm: Streik in kirchlichen Einrichtungen nicht unzulässig . In: Legal Tribune Online, 14.01.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2340/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

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