Jobprofil Syndikusanwalt

Manager des Rechts

von Melanie HaackLesedauer: 4 Minuten
Das Berufsbild Syndikus ist nicht neu. Dennoch tut sich vor allem die berufsrechtliche Diskussion schwer mit ihm. Denn ein gewisses Unbehagen wegen des Bildes vom freien, unabhängigen Anwalt, der vor Gericht agiert, lässt sich einfach nicht ignorieren. Auch die Kollegen aus den Kanzleien können sich den normalen Arbeitstag eines Syndikus nur schwer vorstellen.

Anzeige

Maik Girke* muss extrem flexibel sein. Er weiß am Morgen nie, welche Aufgaben ihn im Laufe eines Arbeitstages überraschen. Mal muss er offene Ansprüche nach der Insolvenz eines Geschäftspartners bearbeiten, mal begleitet er die Neugründung einer Tochtergesellschaft, mal kontrolliert er den Text für einen IT-Dienstleistungsvertrag, mal hält er für die Sachbearbeiter der Firma eine Schulung zum Kaufrecht. Girke arbeitet bei einer GmbH mit mehr als 800 Mitarbeitern als Syndikusanwalt. Er ist in dieser Rolle Anwalt des Unternehmens. Zu seinen Kernaufgaben gehört die Beratung der Geschäftsführung in strategischen Fragen - aber er muss auch prüfen und empfehlen, wann bestimmte Rechtsfragen an externe Anwälte zu vergeben sind. Dann muss er die regelmäßige Kommunikation mit den externen Kanzleien sicherstellen und dokumentieren. Der Syndikusanwalt heutiger Ausprägung hat sich erst in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts wegen der enormen Ausweitung der wirtschaftlichen, industriellen und dienstleistenden Tätigkeiten, deren Internationalisierung und der im Rechtsstaat selbstverständlichen Durchdringung aller Wirtschaftsbereiche durch das Recht entwickelt. Weil die Unternehmen teure Rechtsberatung auch schon damals ungern von außen einkaufen wollten und man rechtskundige Personen brauchte, die einen tiefen Einblick in die unternehmenseigenen Geschäftsprozesse haben, stellte man zunehmend Unternehmensjuristen an.

Arbeitnehmer und Freiberufler zur gleichen Zeit

Syndikusanwälte stehen in einem ständigen Dienst- oder Beschäftigungsverhältnis und sind gleichzeitig als frei praktizierende Rechtsanwälte bei der Anwaltskammer zugelassen. Sie halten gemäß § 27 BRAO eine eigene Kanzlei, über die sie auch eigene Mandate abwickeln können; bei ihrem Arbeitgeber bekommen sie ein festes Gehalt und sind in die unternehmensinterne Hierarchie eingebunden. Dadurch entsteht ein Spannungsverhältnis zwischen der Arbeitnehmerstellung und dem freien Beruf des Anwalts, welches mit der Unbedenklichkeitsbescheinigung gelöst werden kann. Die Kammer bestätigt bei der Zulassung unter Prüfung des § 7 Nr. 8 BRAO, dass "Bedenken" gegen die Vereinbarkeit der abhängigen Beschäftigung des Syndikus mit seiner freien Anwaltstätigkeit "nicht bestehen". Der angehende Unternehmensanwalt muss seinem Zulassungsantrag eine schriftliche und unwiderrufliche Einverständniserklärung seines Arbeitgebers beifügen, die besagt, dass er neben seiner Tätigkeit als Angestellter seine Anwaltstätigkeit frei, unabhängig und weisungsfrei ausüben kann. Er darf Belegschaftsmitglieder nicht nach der anwaltlichen Gebührenordnung oder sogar unentgeltlich beraten und er kann den Arbeitsplatz zugunsten der Wahrnehmung anwaltlicher Termine jederzeit verlassen. Intern gibt es natürlich meist die mündliche Vorgabe, dass er von dieser „Freiheit“ besser keinen Gebrauch macht. Wegen des Vertretungsverbots aus § 46 I BRAO ist es ihm verwehrt, für seinen Arbeitgeber, dem er aufgrund eines ständigen Dienstverhältnisses seine Arbeitszeit und -kraft schuldet, vor Gericht in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt aufzutreten.

Einstiegsgehalt bis 80.000 Euro

Während ein freier Anwalt ein unternehmerisches Risiko trägt, kann ein Syndikus mit einem festen Gehalt nebst Sonderleistungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie gelegentlichen kleinen Prämien kalkulieren. Außerdem hat der Syndikus keine großen Ausgaben, muss aber zumindest für seine anwaltliche Tätigkeit außerhalb der Firma gemäß § 51 BRAO eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen. Eine spezifische Studie über die Vergütungs- und Jobsituation gibt es derzeit nicht. Laut dem fünften Gehälter- und Einstellungsreport von "Anwaltsblatt Karriere" waren Unternehmen jeder Größe bei der Einstellung von Syndikusanwälten zurückhaltend: Nur 20 Prozent der befragten Unternehmen hatten im Jahre 2009 Pläne. Zurzeit sind aber wieder mehr offene Stellen zu bemerken. Meist zahlen Unternehmen, die sich einen fest angestellten Anwalt leisten, ganz ordentlich. Laut den Zahlen aus dem Jahr 2009 wird in den Anwaltshauptstädten - darunter Berlin, Düsseldorf und München - einem jungen Syndikusanwalt als Einstieg zwischen 30.000 und 65.000 Euro brutto pro Jahr (Köln/Düsseldorf) gezahlt, in Bayern liegt das Maximum sogar bei 80.000 Euro. Das gute Gehalt ist durch die vielfältigen Anforderungen an den Syndikus gerechtfertigt. So ist auch Maik Girke nicht nur ein klassischer Rechtsberater, sondern auch eine Art Manager des Rechts und der Vielzahl von Geschäftsprozessen im Haus. Er ist die juristische Repräsentanz seines Unternehmens - er kommuniziert, organisiert, kontrolliert, dokumentiert, aber hat dabei immer die rechtlichen Aspekte im Hinterkopf. * Name wurde von der Redaktion anonymisiert

Weitere Artikel der Autorin auf LTO.de:

Fachanwaltschaft Insolvenzrecht: Betriebswirtschaftliches Know-how zahlt sich aus Wirtschaftsjuristen vs. Volljuristen: Konkurrenz oder Kooperation

Auf Jobsuche? Besuche jetzt den Stellenmarkt von LTO-Karriere.

Thema:

Branche

Verwandte Themen:
  • Branche
  • Jobprofile

Teilen

Ähnliche Artikel

Newsletter