Erfolgreich Lernen

Nichts vergessen in drei Schritten

von Janina SeyfertLesedauer: 5 Minuten
Ein "Mangelhaft" unter der Klausur kann verschiedene Gründe haben. Zum Beispiel den inneren Schweinehund, der lieber ins Freibad als an den Schreibtisch wollte. Wenn aber trotz wochenlanger Vorbereitung der Erfolg ausbleibt – woran lag es dann? Vielleicht wäre man besser aufgestanden und hätte sich in ein Fast-Food-Restaurant gesetzt, sagt die Autorin des Ratgebers Leichter Lernen.

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Rund 30 Prozent der Kandidaten scheitern bei jedem Durchgang an der ersten juristischen Prüfung. Die meisten von ihnen haben sich gewissenhaft vorbereitet und oft viel Geld in ein kommerzielles Repetitorium investiert. Auch in den Bachelor-Studiengängen sind teilweise hohe Durchfallquoten zu beobachten. Dr. Helga Esselborn, Leiterin des Schreibzentrum des Kölner Studentenwerks und Autorin des Buches Leichter Lernen, hat im Rahmen ihrer Tätigkeit die Erfahrung gemacht, dass viele Studenten nicht wissen, wie sie sich strategisch Wissen aneignen können. In Kursen und Beratungsgesprächen gibt sie Hinweise und Tipps, mit denen sich die Studenten erfolgreicher durch die Prüfungen schlagen sollen.

Wissen: Eins, zwei, drei – gespeichert!

Den Lernprozess teilt Esselborn in drei Schritte auf: 1.    Schritt: Aufnahme Das Wissen muss aufgenommen werden. Dabei ist entscheidend, was man am Ende wissen will und um welche Form des Wissens es sich handelt. Geht es um Fakten? Sind Zusammenhänge gefragt? Was sind die Basics? Erst wenn Lernziele klar formuliert sind, kann man effektiv arbeiten. 2.    Schritt: Aufbereitung

Der abgesteckte Stoff findet seinen Weg nicht ohne vorherige Bearbeitung dauerhaft in das Gedächtnis. Wissen muss strukturiert werden. Am besten geht das durch Visualisierung. Das kann ein Zeitstrahl, eine Mind Map oder jede denkbare Form einer Skizze sein – jeder muss für sich den einprägsamsten Weg finden. An dieser Stelle wird an das Ergebnis des ersten Schritts angeknüpft. Faktenwissen, wie beispielsweise Definitionen paukt der Jurastudent am Besten mit Karteikarten. Wer sich merken will, wann eine analoge Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft ist, oder wie ein Strafverfahren abläuft, bereitet hingegen die entscheidenden Faktoren durch einen Zeitstrahl auf. Auch Gegenüberstellungen in einer Tabelle sind denkbar - in der rechten Spalte die Eigenschaften eines Boten, in der linken Spalte die eines Stellvertreters. Hier ist Kreativität gefragt – für jeden Lernstoff soll man über die optimale Darstellung nachdenken.   Ganz wichtig ist der Kontext. Beim Lernen kann man anfangen, sich Details herauszusuchen und diese ohne Zusammenhang zu verinnerlichen. Unser Gehirn ist aber immer auf der Suche nach Mustern und Regelmäßigkeiten. Informationen brauchen eine Andockstelle, damit sie zu einem dauerhaften Element im Gesamtgefüge werden. Wissen kann man also sichern, indem man die Frage beantwortet "Wozu gehört das?". Zur Veranschaulichung: Es ist schön, sich gemerkt zu haben, was die so genannte "Wechselwirkungslehre" besagt. Dauerhaft gespeichert wird dieses Wissen aber erst dann, wenn man verinnerlicht, dass es sich um eine Form der Verhältnismäßigkeitsprüfung handelt und die Verhältnismäßigkeit Voraussetzung für die Rechtfertigung eines Grundrechtseingriff ist. Das Wissenselement "Wechselwirkungslehre" bekommt damit einen Platz in der Schublade "Grundrechte - Meinungsfreiheit - Rechtfertigung - Verhältnismäßigkeit". Das ist der Unterschied zu "hab ich mal gelesen". 3.    Schritt: Speicherung Wissensspeicherung ist ein zäher Prozess. Es führt kein Weg daran vorbei, den aufbereiteten Stoff zu wiederholen, bis er verinnerlicht ist. Esselborn rät, die Taktung zu planen, innerhalb der ein Komplex wieder abgerufen wird. Sind die Informationen nach zehn Minuten noch vorhanden? Wie ist es einen Tag später? Wenn man schließlich nach einer Woche und nach einem Monat noch auf den Stoff zurückgreifen kann, ist er dauerhaft gespeichert. Soweit die Theorie.

Letzter Ausweg: Ich geh dann mal um den Block

Jeder, der sich schon mal auf eine Prüfung vorbereiten musste, kennt die Krisen, die Fallen und die Motivationslöcher. Jurastudenten, die nicht schon einmal zumindest innerlich in ihren Palandt geweint haben, wird es kaum geben. Um das zu vermeiden, rät die Autorin, sich einen Zeitplan zu machen und nicht zu "überlernen". "Bibliotheksleichen", die morgens um Acht nach einem Espresso-Frühstück zu ihrem Spind schleichen und abends um elf mit dem Reinigungspersonal Feierabend machen, arbeiten vielleicht sogar kontraproduktiv. Ihr Gehirn hat keine Chance, dauerhaft zu speichern, weil es mit zu vielen Informationen überfordert wird. Über eine gewisse Ermüdung kann man nicht einfach hinweglernen. Einen Trick, um länger frisch zu bleiben und der Ermüdung vorzubeugen: Abwechslung. Es ist sinnvoll, die Lerngebiete zu wechseln. Lieber mit Baurecht starten und im Strafprozessrecht enden, als den ganzen Tag mit Abrissverfügungen & Co verbringen. Es gibt allerdings auch Momente, in denen gar nichts mehr geht. In einem solchen Fall heißt es aufstehen, rausgehen, runterkommen. Wer jetzt sitzen bleibt, verschlimmert das Problem. Sobald man sich besser fühlt, kann es weiter gehen.

Stresstests bei Burgern und Pommes

Stress wird für viele Studenten zu einem immer bedeutsameren Problem. Esselborn gibt zu bedenken, dass er nicht durch eine objektive Situation, sondern durch die Bewertung des Betroffenen entsteht. Es liege somit in der Hand der Studenten, ob sie sich verrückt machen lassen. Am besten geht man mit Stress um, indem man ihn analysiert: Was stresst mich gerade? Wovor habe ich Angst? Wer das Problem kennt, kann sich in Ruhe Gedanken machen, ob die Situation tatsächlich so fatal ist, wie sie sich gerade anfühlt. Tipp der Expertin: Überlegen, was man einem Freund in der Situation raten würde. So könne man Objektivität zurückgewinnen. Wichtig sei auch, sich vergangene Erfolge ins Gedächtnis zu rufen. Wer etwas leisten will, sollte zudem Wert auf ein gesundes Maß Ablenkung legen. Wenn die Kommilitonen in der Mensa kein anderes Thema als die Klausuren kennen, kann man vielleicht einen alten Schulfreund auf eine Dose Ravioli einladen. Zu guter Letzt sei geraten, sich selbst zu testen, bevor es andere tun. Indem man sich schriftlich Fragen vorbereitet und diese nach dem Zufallsprinzip beantwortet, kann man einfach feststellen, ob man sein Lernziel erreicht hat. Für diejenigen, die Angst vor einem Blackout im Ernstfall haben, hat Dr. Esselborn einen besonderen Stresstest auf Lager: Man setze sich mit seinen Fragen zur Stoßzeit in ein überfülltes Fast-Food-Restaurant und formuliere die Antworten. Wer hier funktioniert, wird auch im Hörsaal keine Problem haben.

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